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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind
Autoren: Faye Kellerman
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den Bericht noch nicht gelesen, und ich bin kein Psychiater. Ich behaupte nicht, den ganzen Hokuspokus zu beherrschen. Aber eines weiß ich. Tandy ist eine kranke Frau. Wir haben ’ne Menge Gutachter, die das bestätigen werden. Sie fragen warum, Marie?«
    »Ich habe nicht gefragt.«
    »Ich sag’s Ihnen trotzdem. Weil jeder möchte, daß Tandy in Behandlung kommt. Weil alle sich wirklich kümmern. Mit Ausnahme von Ihnen.«
    »Ich kümmere mich.«
    »Wenn das der Fall wäre, würden Sie dasselbe wollen.«
    »Ich habe Lily umgebracht«, wiederholte Marie lakonisch. »Ich habe das Baby entführt. Ich war alt und kinderlos. Ich wollte das Baby.«
    »Sie wollen mir also weismachen, daß Sie Lily Booker mit einem Hammer getötet haben, um an ein Baby zu kommen?«
    Marie schwieg.
    »Tandy war diejenige, die mit einem Hammer in der Säuglingsstation auftauchte, Marie. Sie wissen es. Ich weiß es. Vermutlich wollte sie Sie umbringen. Sie hat Ihnen nie verziehen, daß Sie mit ihrem Vater geschlafen, die Ehe ihrer Eltern zerstört haben.«
    Marie schwieg beharrlich.
    »Sie traf auf Lily, und das genügte ihr. Sie hat Lily erschlagen, das Baby genommen …«
    »Ich habe das Baby genommen.«
    »Blödsinn!« sagte Decker. »Tandy hat das Baby entführt. Dann wurde ihr klar, was sie gemacht hatte, und sie hat es zu ihren Eltern gebracht. Nie im Leben werde ich verstehen, weshalb Sie zugelassen haben, daß sie sich das Baby nimmt. Ihr bei Lily Booker zu helfen, war eine Sache. Die arme Lily war schon tot, als Sie Tandy mit dem Hammer in der Hand entdeckt haben. Aber warum haben Sie zugelassen, daß sie Caitlin Rodriguez entführt?«
    Marie sagte kein Wort.
    »Warum?« drängte Decker verzweifelt.
    »Ich habe Caitlin entführt, weil ich durch meine Hormonstörungen unter der Wahnvorstellung gelitten habe, sie sei im Krankenhaus in Gefahr.«
    »Gefahr?«
    »Ich kam dazu, als Lily eine Nadel in Caitlins Ferse gestochen hat. Das Baby brüllte wie am Spieß! Lily tat ihr weh.«
    Decker dachte nach. »Was? Tandy dachte, Lily tue dem Baby weh, weil sie ihm Blut abgenommen hat?«
    »Nicht Tandy! Ich! Ich habe gesehen, wie Caitlin geweint hat. Babys schreien, wenn man ihnen die Nadel in die Ferse sticht. Ich habe versucht, Caitlin Lily zu entreißen, aber sie ließ nicht los. Deswegen habe ich zugeschlagen, zu hart zugeschlagen.«
    »Marie, Sie haben Babys tausendmal Blut abgenommen. Niemand wird Ihnen glauben …«
    »Zum letzten Mal! Ich hatte Wahnvorstellungen! Und alle werden mir glauben, Sergeant. Weil ich, wie Sie, das Gutachten eines renommierten Psychiaters habe.«
    Decker fühlte, daß er mit seiner Geduld am Ende war. »Gut, Marie. Nageln Sie sich für Tandys Sünden ans Kreuz, und verrotten Sie im Gefängnis. Währenddessen wird Ihre Nichte weiter von Stimmen gequält und irgendwann noch jemandem weh tun. Falls sie sich nicht selbst etwas antut. Verdammt, wollen Sie ihr denn nicht helfen?«
    Ein Lächeln glitt langsam über Maries Gesicht. »Sie hat jetzt alle Hilfe, die sie braucht, Sergeant. Sie hat Jesus gefunden.«
    Zuerst war es Sex, dann Drogen, dann zahllose andere Götzen gewesen, bis sie Jesus gefunden hatte.
    Ersatzhandlungen.
    Loyal bis zur Selbstaufgabe.
    Decker sagte kein Wort.
    Es gab nichts mehr zu sagen.
     
    Kurz vor Mitternacht betrat Decker sein Schlafzimmer. Rina stillte Hannah, während sie gleichzeitig versuchte, etwas auf einen Notizblock zu schreiben.
    »Kann ich dir helfen?« fragte Decker.
    »Leider nein. Du kannst weder das Baby stillen noch meine Einkaufsliste überprüfen.«
    »Warum kann ich deine Einkaufsliste nicht prüfen?«
    »Weil du nicht weißt, was ich habe und was ich nicht habe.«
    Das wiederum stimmte.
    »Alles fertig für morgen?«
    »Denke schon.« Rina lächelte glücklich. »Peter, ich bin so aufgeregt. Ich finde, du solltest eine Rede halten.«
    »Eine Rede?«
    »Ja, eine Rede.«
    Decker setzte sich aufs Bett. »Warum machst du das nicht?«
    »Ich?«
    »Ja, du. Die Leute sehen dich lieber an als mich.«
    »Peter …«
    »Das ist mein Ernst. Tu’s, Rina. Mach Mike Hollander und alle anderen Männer kirre!«
    Sie lachte. »Also gut.« Sie blickte auf Hannah. »Sie ist bezaubernd, stimmt’s?«
    »Ja.« Decker kuschelte sich an Frau und Kind und legte den Arm um Rinas Schulter. Es war Zeit, innezuhalten und den Blütenduft der Rosen einzuatmen. Möglicherweise bekam Tandy die Hilfe nicht, die sie brauchte. Vielleicht glaubten die Geschworenen Marie, so sehr Pomerantz sich auch
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