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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind
Autoren: Faye Kellerman
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Zuverlässigkeit in Person … wie mein erster Mann Henry.
    Die Zuverlässige.
    Decker biß sich auf die Unterlippe.
    Dabei war sie gar nicht seine Tochter!
    Decker fühlte, wie das Adrenalin in seine Adern schoß. »Ich wette, das ist es.«
    Er sah auf die Uhr. Es war noch genügend Zeit, bevor der Sabbat begann.
     
    Lita Bellson saß im Glashaus, den Blick in die Ferne gerichtet. Decker ging auf leisen Sohlen zu ihr und legte die Hand auf ihre Schulter.
    »Schöner sonniger Nachmittag«, bemerkte er.
    »Immer nur Sonne«, sagte Lita. »Ich hasse das. Ich hasse Los Angeles. Das Wetter ändert sich nie. Wie das Heim hier, wie mein Leben jetzt. Ein Fluch, so lange zu leben. Ohne Marie und Leek bin ich ganz allein, beschissen. Ich wünschte, ich wär tot. Nicht mal Spumoni-Eis kann mich trösten.«
    »Der Kreis schließt sich, was, Lita?«
    »Vermutlich. Leben und Tod, Tod und Leben. Ein einziger, beschissener Kreislauf.«
    »Man könnte glauben, es sei so was wie göttliche Gerechtigkeit, wenn man die letzten Jahre allein verbringen muß«, sagte Decker. »Der, der verläßt, wird am Ende verlassen werden. Manche Leute könnten das interessant finden.«
    Lita sagte lange kein Wort. »Ich habe nie jemanden verlassen«, erwiderte sie schließlich kaum hörbar. »Er hat sie mir weggenommen. Ich hatte keine Lust, Streit anzufangen, hatte das Gefühl, ihm das schuldig zu sein, nach all dem Unglück, das ich ihm gebracht hatte.«
    »Viele Affären, Lita?«
    »Ich hab nie behauptet, ein Engel zu sein. Nie, und schon gar nicht Henry gegenüber.«
    »Henry war Ihr erster Mann?«
    »Mein einziger Mann. Maries Vater habe ich nicht geheiratet.«
    »Wie hieß Ihr Mann?« fragte Decker.
    »Henry Tollan. Netter Bursche. Er konnte nicht mit mir und nicht ohne mich leben. Schließlich hat er mich geheiratet, dachte, ein Kind würde mich verändern. War nicht der Fall. So funktioniert das nie.«
    »Warum haben Sie sich nicht gewehrt, als er sie Ihnen weggenommen hatte? Immerhin war Henrietta auch Ihre Tochter.«
    »Vielleicht habe ich gedacht, ich sei’s ihm schuldig. Vielleicht dachte ich, Henrietta sei ohne mich besser dran.« Sie zuckte die Schultern. »Alles längst vergangen und vergessen.«
    Sie irrte. Es war nicht vergessen, und es war nicht vergangen. Die Sünden der Vergangenheit waren verantwortlich für die Sünden der Gegenwart. »Haben Sie versucht, Kontakt zu Hetty zu halten?« wollte Decker wissen.
    Lita schüttelte den Kopf. »Kein Ehemann, kein Kind. Es war so, wie ich es wollte, war ein sauberer Schnitt.«
    »Wie alt war Hetty, als Sie aus ihrem Leben verschwunden sind?«
    »Als er sie mir genommen hat, meinen Sie? Da war sie fünf. Ich habe darauf bestanden, daß er bis nach ihrem fünften Geburtstag wartet und habe ihr ein hübsches Kleid genäht. In dem wollte ich sie noch einmal sehen. Ich hab sie in dem Kleid fotografiert, wollte eine Erinnerung an sie haben.«
    »Hat Marie auf diese Weise erfahren, daß sie eine Halbschwester hat? Durch ein Foto?«
    »Sie nennen sich nicht von ungefähr ›Detective‹.«
    »Wie alt war Marie, als sie draufkam?«
    »Sechzehn. Sie hat behauptet, ich hätte sie mit meinem Egoismus zu dem gemacht, was sie sei. Sie war wild, weil sie die Jungs mochte. Aber Sie kennen die Kinder. Ihnen ist jeder Vorwand recht, um ihre Eltern ans Kreuz zu schlagen.«
    »Ist sie nach Berkeley gegangen, um in Hettys Nähe zu sein?«
    »Um in Hettys Nähe zu sein, um bei den Hippies zu sein, bei den Drogen, beim Sex und den Kommunen. Natürlich hat sie mir gesagt, sie wolle die Mutter finden, die sie nie gehabt habe.«
    Lita lachte leise.
    »Und dann hat sie gleich wieder alles vermasselt … hat mit dem Mann ihrer Halbschwester eine Affäre angefangen.« Sie schloß die Augen. »Hat mir verdammt leid getan, für Hetty. Ehrlich. Zuerst mache ich alles kaputt, dann kommt ihre Schwester und macht noch mal alles kaputt. Sie war immer ein zartes Kind gewesen. Später habe ich erfahren, daß sie und das Kind einen Nervenzusammenbruch hatten. Hetty hatte ein Kind, eine Tochter. Die war noch klein, als es passierte. Das hat Marie fertiggemacht, mehr als alles andere. Daß das Kind leiden mußte. Das war der Punkt, an dem sie sich Jesus zugewandt hat. Ich hab ihr gesagt, gib mir dafür nicht die Schuld. Nicht dafür. Ich mag in meinem Leben viel falsch gemacht haben. Aber ich habe nie die Männer meiner Schwestern angerührt.«
    Es folgte eine ausgedehnte, nachdenkliche Stille. Lita war wieder in einer anderen
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