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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte
Autoren: Reginald Hill
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herauszustreichen. Aber die von der Polizei hinzugezogenen Experten interpretierten es als einen Versuch, RIP in kyrillischen Buchstaben zu schreiben. Sie hatten zwar insofern recht, als es tatsächlich ein makabrer kleiner Scherz meiner Schwester war, aber eigentlich hat sie nur ihre Initialen eingeritzt, R. P., wie ein Künstler eben sein Werk signiert. Das entsprang ihrem Drang, sich meines Schutzes zu versichern und sich selbst ihre Unantastbarkeit zu bestätigen. Sie sagte der Welt einfach, seht her, ich war das. Und in Ihrem Fall, mein Herr, führte sie die Polizei sogar zur Leiche. Ganz gleich, was sie tat, sie hatte das Gefühl, man könne sie nicht schnappen, und wenn sie noch so viele Hinweise lieferte.
    SAM :
Und damit ist dann alles in Butter oder was? Welche Hinweise hat sie denn in meinem Fall hinterlassen?
    SERGIUS :
Sie hat das Buch bei dem Gedicht über den geliebten und vor langer Zeit verstorbenen Jungen aufgeschlagen. Und außerdem war da noch der Schokoriegel …
    SAM :
Was für ein Schokoriegel denn, um Himmels willen?
    SERGIUS :
Der Yorkie-Riegel. Auf denen steht der Name drauf, auf jedem Segment ein Buchstabe. Sie hat ihn in Stücke zerbrochen und auf das Kaminsims gelegt. Hätte ihn jemand gefunden, bevor die Schokolade geschmolzen war, dann hätte er die Botschaft lesen können.
    SAM :
Botschaft? Was denn für eine Botschaft?
    SERGIUS :
Sie hat die Buchstaben zu I RYE OK arrangiert. Das hätte wahrscheinlich der letzte Trottel verstanden. Oder vielleicht auch nicht. Schließlich hat ja auch niemand gemerkt, daß das illuminierte P am Beginn des ersten Dialogs einen Baum darstellt und in dem Buchstabenhaufen neben den Wurzeln auch Äpfel liegen. Pomona, die Göttin der fruchttragenden Bäume, von der haben Sie doch schon gehört? Von Anfang an hat sie sich zu erkennen gegeben. Später haben Sie dem jungen Constable sogar einen kleinen Vortrag darüber gehalten, warum Mann in Zusammensetzungen wie Obmann nicht männliches Geschlecht bedeuten muß, und niemand hat das auf den Wordman übertragen. Aber warum sollten wir uns darüber wundern? Selbst als die Polizei sie sozusagen in flagranti dabei überraschte, wie sie Sie abgestochen hat, Mr. Dee, kam sie davon. Liebe macht bekanntlich blind, und als der junge Constable in die Hütte stürmte, da sah er natürlich, wie Sie die geliebte Frau attackierten. Als er Sie von ihr wegzog und rückwärts umfiel, da hatte Rye das Glück, daß er ziemlich hart mit dem Kopf aufschlug und fast das Bewußtsein verlor, und dem hat sie noch nachgeholfen, indem sie ihm eine Flasche über den Kopf schlug, so daß er gar nichts mehr sehen konnte. Dann war es nur noch eine Kleinigkeit, ihm das Messer in die Hand zu spielen, das er dann mit wachsender Begeisterung in Sie hineinstieß. Nicht, daß das nötig gewesen wäre. Sie wären ohnehin an Ryes erstem Stich in Ihren Magen gestorben.
    DICK :
Aber warum? Warum hat sie das getan? Wir wollten miteinander schlafen. Sie empfand das gleiche wie ich, da bin ich mir sicher.
    SERGIUS :
Stimmt ja auch. Sie mochte Sie; und Sie hatte große Lust; und da sie eine moderne junge Frau ist, sah sie keinen Grund, sich den Spaß nicht zu gönnen. Aber als sie dann sah, daß der junge Mann kam, den sie wirklich liebte, überlegte sie es sich anders. Aber ich fürchte, es war nicht ihr steil aufragender »loblance«, der ihren Blick auf sich zog, Mr. Dee, es war eher das große rötlich-graue Muttermal auf Ihrem Bauch. Haswed. Das ist ein Zeichen von Serge, dachte sie. Die Zeit blieb für sie stehen. Was natürlich bedeutete, daß auch für Sie die Zeit sehr bald stehenbleiben würde. Nehmen Sie es nicht persönlich. Lassen Sie es sich ein Trost sein, daß Ihr Tod sie mehr berührte als der von allen anderen. Und natürlich hatte er auch den Vorteil, der Polizei einen Schuldigen frei Haus zu liefern – noch dazu einen, der ihr die Mühen und die Kosten eines Prozesses ersparte.
    DICK :
O Gott. So bleibe ich den Menschen in Erinnerung?Als Serienmörder?
    SERGIUS :
Nun, es war doch immer Ihr Ehrgeiz, sich durch Ihre Beschäftigung mit Wörterbüchern einen Namen zu machen. Und Sie haben Anteil an Ihrem eigenen Untergang. Sie wäre nicht zur Hütte rausgefahren, wenn Sie sie nicht gefragt hätten. Und sie hätte Ihr Muttermal nicht gesehen, wenn Sie sie nicht verführt hätten. Und die Polizei hätte Sie nicht unter die Verdächtigen gerechnet, wenn Sie zugegeben hätten, daß Sie am Tag von Miss Ripleys Tod mit ihr geschlafen
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