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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens
Autoren: Jay Lake
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ihre Situation aber nicht zu begreifen. Sie machten sich auch nicht auf den Weg zur Küste.
    Sie warteten darauf, dass jemand oder etwas ihnen sagte, was sie zu tun hatten. Einige von ihnen waren bereits dabei zu ertrinken.
    Habe ich sie in hirnlose Idioten verwandelt?
    Glockenalarm war zu hören, gefolgt von einem grauenhaften, krachenden Geräusch, als zwei der Schiffe ineinanderkrachten.
    Der dicke Cheung sagte leise etwas zu Ming.
    Vor ihnen wurde das Deck der Five Lucky Winds bereits hektisch geräumt. Die Verwundeten und Toten wurden unter Deck gebracht und die Flaggen eingeholt. Eine größere Waffe war auf dem Turm aufgetaucht, die ein Matrose nun auf sie richtete.
    Al-Wazir und Childress standen nebeneinander und sahen ihr zu, wie sie näherkam.
    Paolina wusste, dass das, was gerade geschehen war, nicht rückgängig gemacht werden konnte. Sie hielt den Schimmer fest in einer Hand. Die Macht des Vergessens trat immer deutlich zutage, als die Männer in ihrer Nähe ihren Pflichten immer weniger nachkommen konnten.
    »Position halten«, bellte al-Wazir, als sie sich dem Unterseeboot auf zwanzig oder dreißig Meter genähert hatten. Leung rief vom Turm etwas auf Chinesisch herab; er verschaffte sich einen Überblick über die Schäden und bereitete die Abfahrt des U-Boots vor.
    Nachdem sie kurz rückwärts gerudert hatten, um langsamer zu werden, nahmen Ming und der dicke Cheung die Ruder aus dem Wasser. Ming rief etwas auf Chinesisch. Die Barkasse trieb langsam weiter auf das Unterseeboot zu.
    »Du kannst nicht an Bord kommen«, rief Leung hinab. »Du bist zu gefährlich.«
    Al-Wazir sah Leung lange und eindringlich an, und Paolina konnte seinen Blick selbst aus ihrer Position deuten. Die Kanone auf dem Turm war weiterhin auf sie gerichtet.
    »Ich habe euch alle gerettet«, sagte sie, machte sich aber nicht die Mühe, es zu brüllen.
    Das Boot hatte sich bis auf zehn Meter genähert. Eine Strecke, die man mit wenigen Schwimmzügen überwinden konnte. Eine Strecke, die die Geschosse dieser Kanone schneller überwinden konnten, als ein Mann dafür brachte, den Abzug zu betätigen.
    »Wir danken dir, Kleine«, brüllte al-Wazir, »und wir meinen es auch so. Aber was wirst du als Nächstes tun, hm?«
    Paolina stand in dem Boot auf, und obwohl sie ihr Gleichgewicht nur unter Schwierigkeiten halten konnte, wollte sie diesen Augenblick nicht verstreichen lassen. Sie hob den Schimmer über den Kopf und wählte ihre Worte sorgsam. »Ich bin zu viel für diese Nördliche Welt. Selbst wenn ich meine gesamte Erinnerung auslöschen würde, so würden diejenigen, die nach dieser Macht streben, mir niemals glauben, dass ich es getan hätte.«
    »Ich werde stattdessen zur Mauer fahren und meine eigene Goldene Brücke finden, um sie zu überqueren. Es gibt Zauberer in der Südlichen Welt und Große Reliquien und Menschen, die an London oder Peking kein Interesse haben. Sagt mir Lebewohl, denn ich werde dieses Leben hinter mir lassen und den Schimmer mit mir nehmen.«
    Al-Wazir sah Leung erneut wütend und lange an. Leung begegnete seinem Blick, sah dann die Maske Childress an und schließlich Paolina. In dem Augenblick, als sich ihre Blicke trafen, hatte die Barkasse das U-Boot erreicht.
    »Geht«, sagte er. Leung rief dann Ming etwas auf Chinesisch zu.
    Ihr Boot prallte nun mit den Wellen gegen den Rumpf des Unterseeboots. Paolina setzte sich wieder hin, während Ming offensichtlich eine Diskussion führte. Der dicke Cheung verließ nun ihre Barkasse und schenkte ihr zum Abschied ein schiefes Lächeln. Er rannte zur Luke am Fuß der Turms, während Ming bei ihr blieb.
    Leung rief ihm etwas zu, aber Ming stieß sie mit einem Ruder ab. »Wir gehen«, sagte er zu Paolina und deutete auf den Sitz neben der Backborddolle, den der dicke Cheung verlassen hatte.
    Sie rutschte auf den warmen Platz hinüber, legte den Schimmer zwischen ihre Füße und begann zu rudern. Sie ruderten mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, wie es auch die Fischer machten, und so sahen sie die Five Lucky Winds noch eine Zeit lang, bis ein Horn an Bord des U-Boots ertönte, sie sich in Bewegung setzte und gleichzeitig unter die Wellen glitt. Sie wünschte sich mehr als alles andere, dass Boas in diesem Augenblick bei ihr wäre.
    Es war nichts mehr übrig, außer den umhertanzenden Köpfen der Luftschiffmatrosen, die einer nach dem anderen untergingen. Einige schwiegen dabei, doch andere schrien laut auf, als die Haie in diesen Gewässern sich ihrer
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