Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens
Autoren: Jay Lake
Vom Netzwerk:
Wortes. Wenn er nicht Chinese wäre, würde ich ihn fast für einen Gentleman halten.«
    Childress verkniff sich eine scharfe Antwort. »Kapitän Leung ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Gentleman. Sie tun gut daran, das nicht zu vergessen, Bootsmann.«
    Die Luftschiffe überflogen den Dschungel und näherten sich ihnen. Ein einheimisches Kanu glitt an den Rumpf heran, um die beiden Krieger aufzunehmen. Einer von ihnen drehte sich um und sah al-Wazir lange und ernst an.
    Ihr fiel auf, dass die Wachen des Bootsmanns verschwunden waren.
    »Möchten Sie Ihr Glück auf dieser Insel versuchen?«, fragte al-Wazir Childress. »Es scheint mir fast, als ob der Kapitän alle seine größten Probleme von Bord gehen lassen will.«
    »Nein.« Sie musste nicht einmal darüber nachdenken. »Ich werde an Bord bleiben. Ich bin die Maske Childress. Das Himmlische Kaiserreich macht mir keine Angst. Aber bitte, wenn Sie es möchten, dann gehen Sie an Land.«
    »Das Himmlische Kaiserreich jagt mir eine Höllenangst ein, Madam, bitte um Vergebung.« Er seufzte und hob seinen bandagierten Armstumpf hoch. »Ich bin zu weit gerannt, und ohne die zweite Pranke bin ich nicht mehr der Kämpfer, der ich früher vielleicht mal war. Außerdem werde ich eine englische Dame nicht in den Händen irgendwelcher Heiden alleinlassen.«
    Childress ergriff seine Hand. »Sie sind ein besserer Mensch, als Sie glauben, Bootsmann al-Wazir.«
    Al-Wazir hielt ihre Hand für einen Augenblick fest. Er nickte dem Einheimischen zu, der grinste und das Kanu vom Rumpf abstieß. Childress betrachtete das umliegende Gewässer, während Paolinas Barkasse sich immer weiter entfernte. Sie konnte mittlerweile die Motoren der sich nähernden Luftschiffe hören, die drohend über ihnen schwebten.
    Binnen weniger Minuten hatte die Besatzung der Five Lucky Winds auf Deck Haltung angenommen. Der Großteil trug blaue Uniformen aus besserem Stoff als der sonst üblichen Baumwolle. Drei Flaggen flatterten an einem Stab am Turm, während mehrere kleine Wimpel von der Vorschiffsleine wehten.
    Das strahlend helle Licht eines Morgens am Äquator ließ die Szene nicht nur förmlich, sondern auch sehr schön wirken. Allerdings hatte sie das Gefühl, einer Hinrichtung beizuwohnen. Alles, was noch fehlte, war die Trommel, die die letzten Herzschläge des Verurteilten begleitete.
    Zwei der Luftschiffe flogen nun über ihren Köpfen vorbei. Das dritte änderte seinen Kurs Richtung Osten, wo Paolina in der Barkasse mit Ming und dem dicken Cheung auf den Wellen tanzte. Sie sah Richtung Norden und Westen. Die auf sie zudampfenden Schiffe waren jetzt mit dem bloßen Auge zu erkennen. Als sie sie betrachtete, war eine Rauchfahne auf dem nächsten Deck zu erkennen, von dem eine einzelne Kanone einen Schuss abfeuerte, dessen pfeifender Krach von der ohnehin unruhigen Wasseroberfläche aufgenommen wurde.
    Die beiden Luftschiffe, die gerade über sie hinwegflogen, ließen Rauchgranaten ins Wasser neben der Five Lucky Winds fallen. Die auf der Steuerbordseite brannte rot, die auf der Backbordseite weiß.
    Al-Wazir beugte sich zu ihr hinüber und knurrte: »Richten die Schusslinie aus. Zeigen dem Kapitän, wo der Hammer hängt. Mit Luftschiffen kann man diese verdammten Unterseeboote am besten bekämpfen.«
    »Ich bin davon ausgegangen, dass sie ihre eigenen Leute in der Regel nicht angreifen.«
    »Nein.« Einen Moment später fügte er nachdenklich hinzu: »Davon sollte man zumindest nicht ausgehen.«
    Die Luftschiffe kreisten mit aufheulenden Motoren um das U-Boot. Sie sah, wie beide Seile an den Seiten hinabließen. Offensichtlich wollten sie Männer herablassen, um die Five Lucky Winds zu übernehmen. Allerdings war selbst Childress klar, dass die wirkliche Gefahr von den herannahenden Überwasserschiffen drohte.
    Die Luftschiffe konnten das Unterseeboot zwar zerstören, aber sie konnten Leung nicht zu einer Kapitulation zwingen. Welcher wütende Admiral auch immer an Bord der sich nähernden, schwer gepanzerten Flotte befand, hatte nun alle Macht über sie. Sie fragte sich, ob Admiral Shang einen Einfluss darauf hatte, was als Nächstes geschehen würde.
    Ein Kanonenboot näherte sich bald der Five Lucky Winds . An der Reling standen schwer bewaffnete Matrosen. Leung ließ vier seiner Männer Seile entgegennehmen, die vom Überwasserschiff herabgeworfen wurden, und ließ sie festmachen. Die Rümpfe der Schiffe schwammen nah beieinander und wurden nur durch schmale, zylindrische Stoßfänger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher