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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller.
Autoren: John Katzenbach
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weißt doch, daß das nicht das gleiche ist. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung liegt doch darin, daß jeder seine besonderen Bedürfnisse hat. Tommy braucht eben mehr Zuwendung als ihr zwei. Wir haben doch schon so oft darüber gesprochen.«
    »Ich weiß.«
    »Machst du dir Sorgen, daß irgendwas passiert ist?«
    fragte Karen.
    »Nein, ich würde mir nur genauso den Kopf zerbrechen, wenn ihr beide nicht rechtzeitig aus der Schule nach Hause kämt. Seht mal, in diesem Fall behandle ich euch alle gleich.«
    Das hielt sie jedoch selbst für eine Lüge. Sie fragte sich, warum sie sich wegen ihres Sohnes verwundbarer fühlte als wegen ihrer Töchter. Eigentlich sollte es umgekehrt sein. Alles war verkehrt.
    »Willst du, daß wir ins Zentrum gehen und versuchen, sie zu finden? Ich wette, daß ich weiß, wo sie sind.«
    »Sicher«, antwortete Karen. »Die spielen in der Passage dieses Weltraum-Videospiel. Sollen wir nicht gehen, Mama, wir kommen auch gleich zurück.«
    Megan schüttelte den Kopf. »Nein, nein, sie werden schon kommen. Macht erst mal eure Hausaufgaben fertig. Bis dahin kein Fernsehen.«
    Die Zwillinge murrten, als sie die Tür hinter sich schloß.
    Sie ging in das Schlafzimmer, zog Rock und Strümpfe aus und schlüpfte in abgetragene Jeans. Sie hängte ihre Bluse in den Schrank und zog einen Pulli über, dann fuhr sie in ein Paar abgetragene Joggingschuhe und ging zum Fenster.
    Von hier oben konnte sie auch in der Dunkelheit weiter die Straße hinuntersehen. Draußen war es erschreckend ruhig. Von ihrem Standort aus konnte sie in Wakefields Wohnzimmer auf der anderen Straßenseite hineinsehen.
    Schatten bewegten sich darin. Nebenan waren die beiden Autos von Mayers in der Einfahrt geparkt. Wieder sah sie die Straße hinunter und dann auf die Uhr.
    Spät, dachte sie, sehr spät.
    Ihr wurde plötzlich sehr heiß. Spät, spät, spät war alles, was sie denken konnte. Sie setzte sich auf die äußerste Bettkante.
    Wo sind sie nur?
    Der Drang, etwas zu tun, ließ sie zum Telefon greifen.
    Sie wählte 911.
    »Polizei und Feuerwehr Greenfield.«
    »Hallo, hier ist Megan Richards, Queensbury Road. Es ist kein Notfall oder so was, ich hoffe jedenfalls nicht, aber ich mache mir Sorgen … Wissen Sie, mein Sohn und mein Vater kommen sehr spät aus der Schule. Er hat ihn heute abgeholt, normalerweise kommen sie gleich nach Hause über die South Street und dann die 116. Straße, und ich mache mir Sorgen und dachte …«
    Eine routinierte Stimme unterbrach sie. »Wir haben heute abend keinen Unfall gehabt, auch keinen Verkehrsstau in diesem Bereich. Es wurde kein Krankenwagen bestellt, auch kein Streifenwagen. Mir liegen auch keine Informationen über Einsätze der State Police vor bis auf einen Unfall auf der Interstate, Nähe Deerfield.«
    »Nein, nein, das können sie nicht sein, das ist die falsche Richtung. Vielen Dank.«
    »Keine Ursache.« Das Telefon wurde aufgelegt. Sie kam sich einerseits blöd vor, andererseits fühlte sie sich erleichtert. Dann verwandelte sich ihr Kummer in Zorn.
    »Diesmal wird er von mir etwas zu hören kriegen«, sagte sie laut, »auch wenn er einundsiebzig Jahre alt und Richter ist!«
    Sie stand auf, glättete den Bettüberwurf, auf dem sie gesessen hatte, und ging zurück zum Fenster.
    Wo sind sie? dachte sie wieder. Dieser Gedanke brachte ihren Kummer zurück. Sie wählte auf dem Telefon im Schlafzimmer die Nummer ihres Mannes. Niemand meldete sich. Dann ist er jedenfalls bald zu Hause, sagte sie sich und war erleichtert. Ziellos ging sie im Zimmer herum und überlegte, was sie als nächstes tun sollte. Geh nach unten, sieh nach dem Abendessen.
    Als sie aus dem Schlafzimmer trat, erblickte sie aus den Augenwinkeln etwas Rotes hinter der Tür von Tommys Zimmer. Sie ging hinein und fand einen formlosen Haufen Kleidung, einen roten Pullover, Jeans, gebrauchte Socken und Unterwäsche, alles zu einem Bündel gerollt und achtlos in die Ecke geworfen. Er wird es nie lernen, einen Wäschekorb zu benutzen. Das geht über seinen Horizont.
    Einen Moment lang zögerte sie und erinnerte sich: Anfangs haben wir gedacht, alles ginge über seinen Horizont. Sie versuchte, die Erinnerung an all die Nächte voller Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit zu unterdrücken. Und jetzt sind wir auf einem erfolgreichen Weg, dachte sie. Endlich haben wir doch gewonnen. Nichts scheint ihn jetzt mehr zu überfordern. Ihr wurde klar, daß sie sich das erste Mal erlaubte, einem sehr gewöhnlichen
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