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Die Rache. Thriller.

Die Rache. Thriller.

Titel: Die Rache. Thriller.
Autoren: John Katzenbach
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wiederholt hörte man die Klospülung rauschen.
    Jemand stieß eine halbvolle Bierflasche um, deren Inhalt sich von Flüchen begleitet auf den Boden ergoß. Aus dem hinteren Teil des Hauses drang rauhes Lachen. In der stickigen Luft hingen noch Reste von Zigarettenrauch.
    Olivia Barrow, die sich mit Kriegsnamen Tanya nannte, ging zu einem der vorderen Fenster und zog vorsichtig die Vorhänge zurück. Sie blickte aufmerksam hinaus auf die staubige Straße, um festzustellen, ob irgend etwas Auffälliges zu sehen wäre. Jede Person, jedes vorbeikommende Fahrzeug unterzog sie einer gründlichen Inspektion. Sie beobachtete den haltenden Zeitungswagen, den Penner in einem Hauseingang, der einen eher munteren als teilnahmslosen Eindruck machte. Dann forschte sie nach etwas, das vielleicht zu normal erschien - der Straßenrei-nigungswagen, die Schlange an der Bushaltestelle. Ihre Blicke verweilten auf jedem Detail, wachsam suchte sie nach irgendeinem Alarmzeichen. Schließlich stellte sie zufrieden fest, daß man sie nicht beobachtete, schloß die Vorhänge und trat vom Fenster zurück.
    Sie stieß einen Stapel alter Zeitungen und Abfälle beiseite. Ihr Blick fiel einen Moment in die Ecke, die sie Bibliothek nannten. Dort waren politische Zeitschriften, Handbücher und Militärwaffen und Sprengstoffe gestapelt.
    Die gammeligen Wände waren mit politischen Parolen und Rock ’n’ Roll Plakaten bedeckt.
    Olivia übersah das Durcheinander und den Schmutz. So etwas war unvermeidlich, wenn zu viele Menschen zusammen in einer engen und baufälligen Hütte hausten.
    Die begrenzten Verhältnisse im Hause waren ihr jedoch recht. Kein Platz, um Geheimnisse zu wahren, dachte sie.
    Geheimnisse sind Schwachstellen. Wir sollten uns nackt gegenüberstehen. Das stärkt die Disziplin der Truppe, und Disziplin macht stark.
    Sie lud ihre 45er Halbautomatik durch und drückte die ungeladene Pistole mehrmals ab. Das scharfe Klicken durchdrang die verschwommene Müdigkeit des Raumes und zog die Aufmerksamkeit der anderen Personen sofort auf sich. Sie liebte das Geräusch, das das Durchladen der Waffe vor dem Schuß verursacht.
    »Zeit für unser Morgengebet!« rief sie laut.
    Das Tappen schneller Schritte und das metallische Klicken von Waffen, die überprüft werden, ertönte, als sich die übrigen Mitglieder der Truppe in einem Kreis um Olivia versammelten. Es waren zwei weitere Frauen und vier Männer. Zwei der Männer hatten Bärte und schulter-lange Haare, die anderen beiden waren Schwarze und trugen wilde Afro-Frisuren. Sie waren mit Jeans und alten Militärklamotten bekleidet. Einer der Schwarzen trug ein helles Stirnband und zeigte beim Lachen einen Goldzahn.
    Einer der weißen Männer hatte eine rote Narbe an der Kehle. Beide Frauen waren blaß und dunkelhaarig. Alle legten ihre Waffen in der Mitte des Kreises ab, verschiedene Pistolen, zwei Schrotflinten und ein halbautomatisches Browning-Gewehr. Dann gaben sie sich die Hände, und Olivia begann feierlich: »Wir sind das neue Amerika.« Sie betonte immer die letzte Silbe und genoß sichtlich ihren Redefluß. »Ob schwarz, braun, rot, weiß, gelb, Frauen, Männer, Kinder, wir sind alle gleich.
    Wir haben uns aus der Asche der Alten erhoben. Wir sind die Phönix-Brigade, die Fackelträger der neuen Gesellschaft. Wir kämpfen gegen die faschistischen, rassistischen, kriegsgewinnlerischen Werte unserer Väter und zeigen der Menschheit einen neuen Horizont. Heute ist der erste Tag der neuen Welt. Die Welt, die wir mit Waffen aus dem Kadaver dieser korrupten Gesellschaft erschaffen wollen. Uns gehört die Zukunft, wir glauben an die Gerechtigkeit. Wir sind das neue Amerika.«
    Die Truppe wiederholte: »Wir sind das neue Amerika!«
    »Die Zukunft?«
    »Sind wir!«
    »Heute ist?«
    »Der erste Tag!«
    »Wir sind?«
    »Die Phönix-Brigade!«
    »Womit kämpfen wir?«
    »Mit Waffen!«
    »Die Zukunft gehört …?«
    »Uns!«
    »Tod den Ausbeutern!«
    »Tod den Ausbeutern!«
    Olivia hob ihre Pistole hoch und schwenkte sie über dem Kopf. »Gut so«, rief sie. »Gut so.«
    Einen Moment herrschte Stille, und die Gruppe blickte reglos auf die waffenschwenkende Olivia. Eine der Frauen preßte sich die Hände an den Leib und flüsterte: »Entschuldigt bitte.«
    Sie stieg eilig über den Waffenstapel und hastete aus dem Kreis. Ihre Turnschuhe quietschten auf dem Linoleum, als sie durch den Flur in das Badezimmer lief und die Tür hinter sich zuschlug. Schweigend starrten die anderen hinter ihr
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