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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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Rippen hervor, die Wangenknochen, und die Haut spannte sich, wo kein Fleisch mehr darunter war. Die Fingernägel waren Xandria herausgerissen worden, um ihre Möglichkeit zur Gegenwehr zu mindern. In den eigenen Ausscheidungen, in denen sie saß, tummelten sich Würmer, balgten sich förmlich um das freie Mahl.
    Sie zitterte, nicht aus Kälte oder Angst, sondern aus teilnahmsloser Gewohnheit, und ihr Oberkörper, dessen kleine Brüste eiterten, schwang sanft hin und her, als folge er einem Lied, das ihr Geist leise sang, um sie zu beruhigen.
    Siegfried wusste nicht, was er tun sollte. Was Liebe gewesen war, wurde nun Mitleid, und im Hass auf die Horde fand er kein geeignetes Wort, die Königin anzusprechen. Das Schwert Nothung in seiner Hand wurde heiß, und es teilte seine Wut, die keinen Weg fand, keinen Gegner. Hatte er vor Minuten noch nur daran gedacht, mit Xandria aus Utgard zu entfliehen, so spielte sein Verstand nun mit dem Gedanken, in der Unterwelt zu bleiben, bis jede Kreatur geschlachtet war, bis er im Blut waten konnte als Rache für das, was man seiner Liebe angetan hatte.
    Brunhilde hatte ihm gesagt, dass das, was er zu retten trachtete, vielleicht nicht mehr zu retten sein würde. In aller Grausamkeit begriff er nun.
    Noch einmal kroch ein Horden-Dämon heran, ein letzter Versuch, den Auftrag Odins zu erfüllen. Siegfried trieb Nothung durch seinen Mund ins Gehirn und hinten aus dem Schädel. Dann nahm er sich die Zeit, so lange auf die Bestie einzustechen, bis sie in Stücken lag.
    Es gab ihm keinen Frieden.
    Von Xandrias schmalen Lippen tropfte Speichel, und gedankenlos kratzte sie mit weichen Fingerkuppen an offenem Fleisch, das kürzlich erst geschändet wurde. Wie oft, mochte er sich nicht vorstellen. Siegfried nahm das Schwert und presste es in die Ketten seiner Geliebten, die knirschend die Königin freigaben. Er zog sein Hemd aus, um ihr das kleinste bisschen Würde zu geben, das er für sie noch hatte.
    Er sah den Stein mit der Spitze nicht, nach dem Xandria griff, ohne hinzusehen. Aus dem Augenwinkel nahm er die Bewegung ihres Armes wahr, doch er maß ihr keine Gefahr bei. Erst als der Stein hart an seine Schläfe schlug und ihn hintüber warf, kam es ihm in den Sinn, dass Xandria im Wahn ihn nicht erkannte.
    Und so war es. Die Königin, erstmals frei seit ihrer Entführung, stürzte sich mit dem Letzten, was ihr Körper an Leben hatte, auf ihn, den Stein als Waffe in der knochigen Hand. Mehr als ein Grunzen kam nicht aus ihrer Kehle, und Siegfried wollte nicht wissen, was die Horde mit ihrer Zunge getan hatte.
    Körperlich fiel es dem Prinzen leicht, Xandria zu packen und den Stein aus ihrer Faust zu drehen, doch im Herzen war es ein Kampf, den er nicht gewinnen konnte. Sie zappelte in seinen Armen, zu keinem zielgerichteten Angriff mehr fähig, und er presste sie an sich, als gäbe die Nähe seines Körpers ihr Geborgenheit. Und fast war es so, auch wenn Xandria sich in der Attacke verausgabt haben mochte – sie erschlaffte, und umschlungen lagen sie am Boden, im grotesken Zerrbild einer liebenden Umarmung.
    Zu bekommen, was man will – alles zu verlieren, was man hat.
    Der Rückweg zu Yggdrasil, wo Hjordan auf ihn wartete, war für Siegfried so ereignislos wie beschwerlich. Wog Xandrias Leib auch kaum mehr als ein Sack Mehl, so war die Last ihres Wahnsinns nicht zu ertragen. Manchmal kicherte sie, dann zuckte ihr Unterleib, und immer wieder weinte die Königin ohne Tränen.
    Siegfried bestieg das Walkürenpferd, hielt Xandria behutsam vor sich fest, und als sie in die Luft aufstiegen, warf er keinen Blick mehr auf die Unterwelt, deren Prüfungen er allesamt bestanden hatte, nur um dann doch von ihr verhöhnt zu werden.
    Es gab nun nicht mehr viel zu tun.

Epilog
Es wird aus kommenden Zeiten viel zu erzählen sein

    A n derselben Stelle, an der sie ins Erdreich getaucht waren, brachte der treue Hengst Hjordan den Prinzen wieder nach Midgard – in den Hof der Burg von Xanten. Es war Nacht, und Siegfried konnte nicht sicher sein, ob hier in der Welt der Menschen überhaupt Zeit vergangen war. Der Ausspruch Nazrehs, dass Zeit bedeutungslos sei, fand immer neue Wahrheiten.
    Brunhilde trat zu ihrem Pferd, und ein Blick auf Xandria bestätigte, was sie befürchtet hatte – der Zorn Odins kannte keine Grenzen, und wahrlich hatte er den Prinzen von Island mit aller Sorgfalt gequält, die er aufbringen konnte.
    Siegfried stieg von Hjordan, die angebotene Hand ausschlagend. Er setzte den Rest
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