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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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faulen Wind. War es nicht seine Pflicht ...?
    Nur langsam ging ihm auf, dass weder Goin noch Moin Anstalten machten, ihn anzugreifen. Gut, die Schlangen waren groß und grässlich im Anblick – doch was genau zwang ihn, sich einzulassen auf einen Kampf? Sicher würden beide Bestien nach ihm schnappen, wenn er Nothung gegen sie führte. Schließlich hatten sie sich auch erst aufgebäumt, als dessen Spitze sie stach.
    Langsam, sehr langsam senkte Siegfried die Klinge. Er atmete tief ein, um sich Gehör zu verschaffen. »Mein Kampf ist nicht mit euch!«
    Goin und Moin reagierten so wenig, wie sie zuvor auf seinen Namen reagiert hatten.
    Das Blut in Siegfrieds Adern beruhigte sich, und sein Herzschlag war nun so, dass er ihn nicht mehr in den Ohren hörte. »Wenn es euch nicht nach Blut giert, wird auch meine Klinge keines suchen!«
    Er steckte Nothung vorsichtig in die Scheide auf seinem Rücken und hob beide Hände. Es war eine krude Geste, als wollte er den Schlangen huldigen.
    Weitere zehn, zwanzig Sekunden vergingen, bis Goin und Moin sich erneut aufbäumten und die gewaltigen Leiber in den Boden rammten. Die Wucht ihres Aufpralls warf Siegfried gute drei Schritte nach oben, und er landete hart, was die Luft aus seinen Lungen trieb. Wie ein Donnerschlag grollte es durch Utgard, und in rhythmischen Bewegungen gruben sich die Schlangen zurück in die Erde, wo sie vor Minuten erst geweckt worden waren.
    Siegfried blieb noch ein wenig liegen.
    Immer wenn er glaubte, dass ihm nichts mehr Furcht einjagen konnte, fand Utgard einen Weg, genau das zu tun. Jeder klare Gedanke sagte ihm, dass auch sein Schwert Nothung gegen Moin und Goin zwecklos gewesen wäre. Fast hätte ihn die Eitelkeit des Kriegers in einen Kampf geführt, der nicht zu gewinnen war.
    Ein kluger Anführer wählt seine Kämpfe mit Bedacht
.
    »Danke, Brunhilde«, keuchte er leise. »Das war guter Rat.«

    Siegfried hatte das Gefühl, Utgard langsam zu verstehen. Es war ein Ort, der nicht nur aus Dämonen bestand, aus Ungeheuern, die heulend nach Menschenfleisch gierten. Utgard war ein Ort der Versuchung. Hier galt die Bestie im Herzen eines Mannes, und sie zu bezwingen war nicht weniger gefährlich. Die Kunst, das Schwert zu führen, hatte kaum Bedeutung. Utgard suchte jeden Krieger nach seinen Schwächen ab, wälzte seine Seele um, als sei sie ein Stein, unter dem sich eine fette Assel versteckte. Der Schild aus Rechtschaffenheit und Dünkel, den jeder mit sich trug, galt hier nichts, und keine Rüstung wehrte die bösen Gedanken ab, mit denen Utgard sich in die Köpfe schlich. Genauso gut konnte Siegfried nackt durch die Unterwelt marschieren.
    Eine Weile lang blieb es verdächtig ruhig, und der Prinz mutmaßte, die Wesen von Utgard würden schlafen wie die Menschen auf der Erdenscheibe, doch dann machte er sich klar, dass dort, wo keine Nacht war, auch kein Schlaf war. Er merkte es an sich selbst – weder Hunger noch Durst zehrten ihn aus, und keine Müdigkeit lockte ihn, sich auf weichem Gras auszuruhen.
    Manchmal blickte er zurück zu Yggdrasil, um abzuschätzen, wie gut er vorankam, doch das war hoffnungslos – der Weltenbaum schien nicht kleiner zu werden, und Siegfried wurde das Gefühl nicht los, auf der Stelle zu treten. Nur die wechselnden Büsche und Krüppelbäume versicherten ihm, dass dem nicht so war.
    Er sah die Kreatur nicht, die von einem Felsen auf ihn gelauert hatte, listig in seinen Rücken sprang und sich dort mit scharfen Klauen festkrallte. Siegfried torkelte im Kreis, versuchte das kehlig kichernde Vieh abzuschütteln, aber er konnte nicht einmal Nothung ziehen. Scharfe Zähne in einem speichelnden Maul schnappten nach seinem Hals, wollten die Muskeln seines Genicks durchbeißen, um ihn schnell zu töten.
    In Ermangelung einer anderen Idee ließ sich Siegfried auf den Rücken fallen, sodass sein ganzes Gewicht die Bestie erwischte. Dann langte er über seine Schultern hinweg, fand strähnige Haare zwischen seinen Fingern und zog den Horden-Dämon ruckartig hervor.
    Der Übeltäter war klein, schwarz von oben bis unten, mit brennenden Augen und einem widerlich breiten Maul. Er zappelte und kreischte, doch an Kraft konnte er es mit Siegfried nicht aufnehmen. Der Prinz rappelte sich auf, schlug den stinkenden Körper gegen einen Felsen und trennte ihm mit Nothung den Kopf vom Rumpf, bevor die Kreatur zu einer Reaktion fähig war.
    Siegfried musste nicht lange überlegen. Das war ein Wesen jener Horde, die Xanten überfallen hatte!
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