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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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jeden Handel wert. Viele Schiffe richteten sich darauf ein, die Insel mit Waren zu beliefern, und besonders Dänemark mühte sich in Freundschaft, beim Wiederaufbau zu helfen.
    Sigurd kehrte in dem Gasthaus ein, das ihm und Gelen an ihrem ersten Abend auf dem Festland Speis, Trank und Prügelei geboten hatte, doch auf Rauferei war er nicht aus, ebenso wenig wie die meisten anderen Reisenden an diesem Tag. Sie alle hatten gehört, wie die Reiche sich aufgerieben hatten, wie Heerscharen dunkler Horden gefallen waren, und es verband die Männer des Schwertes in Ehrfurcht.
    Irgendwann, als der Wirt ihm den dritten Krug brachte und das Fleisch eines Ochsen wohlig seinen Magen füllte, fragte Sigurd: »Hier gab es eine Schankmagd, deren Namen ich vergessen habe. Klein und blond war sie, und im letzten Herbst habe ich sie getroffen.«
    Der Wirt nickte. »Liv. Doch sie arbeitet nicht mehr hier. Hat nicht einmal den Winter lang bedient, als es wahrlich genug Arbeit gab. Sie lebt bei einem Bauern am Rande der Stadt, habe ich gehört. Wollt Ihr eine Nachricht für sie hinterlassen?«
    Sigurd winkte ab. »So wichtig ist es nicht. Ich hatte ihr nur einst leichtfertig prophezeit, nie wieder einen Fuß nach Fjällhaven zu setzen, und nun – das Leben ging nicht, wie ich es erwartet hatte.«
    »Bei wem tut es das schon?«, fragte der Wirt, und die freundliche Floskel beschäftigte Sigurd so lange, wie der Krug reichte.
    Zwei Tage blieb er in Fjällhaven, und niemand erkannte in ihm den jungen Mann, der Erbe des Xantener Throns war. Einen Bart trug er nun, und der einstmals geschmeidige junge Körper war von vernarbten Muskeln geprägt. Selbst seine Augen, die einst offen und klar gewesen waren, trugen einen Ausdruck permanenten Misstrauens, die Brauen tief herabgezogen.
    Schließlich hatte Sigurd keinen Grund mehr, die Heimreise weiter hinauszuzögern, als ein Weizenschiff zur Fahrt nach Island sich bereitmachte. Wie es Brauch war, half er mit, die Säcke an Bord zu bringen, und die Mühe ohne Kampf war ihm eine willkommene Abwechslung. Mit den Männern, die von seiner Geschichte nichts wussten, wagte er manchen vorsichtigen Scherz, auch wenn noch lange kein Abend sein Herz anders als gebrochen fand.
    Weil die Wellen ruhig waren und der Vollmond hell am Himmel stand, entschied der Kapitän des Schiffes, zur Nacht hinauszusegeln. Sigurd hatte seinen Beutel schon an Bord geworfen und nur noch einen Fuß auf dänischer Erde, als er hinter sich eine zittrige Stimme hörte. »Ein junger Mann sagte mir vor einem Jahr, dass er nicht wiederkäme.«
    Er drehte sich um, und im Mondlicht stand Liv vor ihm. Sigurd konnte das Erstaunen in ihren Augen sehen, denn er hatte sich wahrlich genug verändert. Er lächelte und war froh, dass der Wirt ihm ihren Namen genannt hatte. »Ein dummer junger Mann, der nicht einmal den nächsten Morgen hätte voraussagen können, Liv.«
    Er konnte sehen, dass ihr Herz einen Sprung machte. »Sig.«
    »Sigurd«, korrigierte er, denn der alte Name barg für ihn Frieden. »Mein Name ist Sigurd.«
    »Ich würde gerne fragen, wie es dir ergangen ist«, sagte Liv, »doch wie ich dich jetzt sehe, macht es mich bang.«
    Er ging einen Schritt auf sie zu – und sie trat einen Schritt zurück in die Dunkelheit.
    »Was ist mit dir? Schreckt dich mein geschundenes Gesicht dermaßen, dass du Abstand halten möchtest?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es ist nur ... ich kam nicht, weil ...«
    Erst jetzt sah Sigurd, dass Liv den linken Arm unter der Brust hielt, als müsse sie etwas an sich pressen. Ein Bündel, nicht größer als ein Weinschlauch.
    »Was hast du da?«
    Er konnte in ihren Augen sehen, dass sie fortlaufen wollte, und er hätte sie auch ziehen lassen – wenn das Bündel in diesem Moment nicht zu strampeln begonnen hätte. Liv hob es ein wenig, und eine Träne glänzte silbrig im Mondlicht auf ihrer Wange. »Ich wollte ... es sollte nicht so sein ...«
    Sigurd ging energisch zu ihr, und seine Hand strich ein Deckchen beiseite, um ein kleines Kind zu finden. Noch nicht lange auf der Welt – nicht lange genug, um der Kälte des Herbstes ausgesetzt zu werden.
    »Ein Kind?«, fragte er verwirrt.
    »Ein Sohn«, sagte Liv, und in dem Wort lag Liebe.
    Sigurd sah die junge Frau an, dann das kleine Leben auf ihrem Arm. Immer wenn er dachte, das Dasein könne ihn nicht mehr überraschen, sprang es ihn von hinten an und goss ihm kaltes Wasser in das Hemd. »Ist der Junge ... bin ich sein ...?«
    »Kein anderer, das will ich
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