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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden
Autoren: William R. Forstchen
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selbst ein Kind.
    Zu Tode geprügelt, weil sie fermentierte Milch auf ihre Herrin, Jubadis erste Frau, geschüttet hatte; danach zerlegte man sie für die Schlachtgruben. Olga, mein einziges Kind. Es war besser, dass ich dich mit eigenen Händen erstickt habe, statt dass sie dich in die Gruben warfen.
    »Wie lange?«, flüsterte er.
    Nach Barkth Nom an jenem Ort, wo die drei Flüsse in das Salzmeer fließen. Vierzehn Jahre.
    Jahr für Jahr nährte er diese Erinnerung, seinen Hass, den Abscheu vor sich selbst, weil er nichts getan hatte. Weil er sich über die Knochen gehockt hatte, die für die Schoßtiere aus der Jurte geworfen wurden.
    Die endlosen Jahre des Ritts – zumindest dabei hatte er richtig gelebt. Er sah die ganze Welt. Berge, die den Himmel durchstießen, Meere so voller Salz, dass man mühelos auf ihrer Oberfläche schaukelte. Er erblickte die wirbelnden Stürme und loderndes Feuer am Himmel, und er lachte insgeheim, als sich seine Herren furchtsam duckten. Er erlebte Schlachten, während er jeweils auf einer Höhe stand – sah die Schönheit der Umen, der Zehntausenderblöcke, die durch das Meer aus hohem Gras zogen wie von einer zentralen Hand gelenkt, während der Donner der Hufe zum Himmel aufstieg.
    Er hatte zwanzig verschiedene Viehvölker kennen gelernt – die Chin, denen seine Geliebte angehörte, die dunklen Ubi, die Tolteken, die Constans und noch mehr Rus auf der anderen Seite der Welt. Er bestaunte all ihre glänzenden Städte, in denen sich die Menschen vor den Horden verneigten. Er hörte die Klageschreie, und angesichts all dieses Grauens erstarrte seine Seele, sodass er schließlich so gefühllos wurde wie die Erde selbst.
    Zumindest hatte er geglaubt, es wäre so.
    Und dann war da Sophie. Ein Schoßtier, aus Constan mitgeführt.
    Wo war sie jetzt?
    Höchstwahrscheinlich immer noch in Hulagars Jurte, und mit ihr ein weiteres Kind. Wärme breitete sich in seinem Herzen aus, von dem er geglaubt hatte, es wäre über jedes Mitgefühl hinaus.
    Das war also Tamukas Versprechen: Töte Keane, und sie sind frei; versage, und sie wandern in die Schmausgrube -sogar das Kind, das zuerst den Tod der Mutter miterleben muss.
    »Denke nicht daran!«, flüsterte er sich zu.
    Es wäre so leicht gewesen, wurde ihm bewusst, und er blickte auf den Ring an seinem Finger. Er drückte mit dem Daumennagel seitlich daran auf den kleinen Knopf. Die Giftnadel zuckte heraus, unsichtbar in der Dunkelheit.
    Warum eigentlich nicht?
    Weil ich feige bin?, fragte er sich. Er schüttelte den Kopf. Jede Furcht war ihm schon vor langer Zeit ausgebrannt worden – einem Schoßtier ging es in einer Welt ohne Hoffnung letztlich so. Ein freier Mensch fürchtete den Tod, weil er dadurch der Freude des Lebens verlustig ging, aber für den Sklaven bedeutete der Tod eine Erlösung.
    Warum also nicht?
    An dem Abend, als er Keane begegnete, war er bereit gewesen. Lag es am kurzen Anblick des Kindes?
    Es war die schlichte Menschlichkeit, die Keane umgab. Die schlichte anständige Menschlichkeit einer Familie, die ohne Furcht lebte, eine Menschlichkeit, die bei den Horden schon für ein so unschuldiges Vergehen wie das Verschütten von Milch vernichtet werden konnte.
    Sie dachten, er hätte es vergessen.
    Schließlich war er nur Vieh, ein seelenloses Stück Vieh.
    Bald würden sie es besser wissen. Er konnte nur beten, dass Sophie es letztlich verstand und das Kind zumindest nie das Grauen des Lebens in einer Welt kennen lernte, die von den Merki beherrscht wurde. Denn hätte er Keane umgebracht, dann wäre der Sieg wahrhaftig ihrer gewesen.
    Und so wendete Keane ihn gegen sie. Juri wusste, dass er benutzt wurde, dass sich Keane nichts aus dem machte, was jetzt mit ihm geschah, dass ihn nur der Erfolg interessierte.
    Juri lächelte traurig und gestattete sich zum ersten Mal seit Jahren das Gefühl des Selbstmitleids.
    Er warf erneut einen forschenden Blick hinaus und verfolgte, wie die Zungenlosen den Hang erstiegen. Licht blitzte auf. Vier Herzschläge, fünf … Der Donnerschlag peitschte über ihn hinweg.
    Keane hatte gesagt, dass die Entfernung knappe tausend Meter betrug. Diese Maßangabe war für Juri bedeutungslos.
    Juri erblickte ihn erneut, wie er sich auf den Weg hangaufwärts machte.
    Juri hob das Whitworth-Scharfschützengewehr auf. Er zog den Pfropfen aus der Mündung und nahm die sechsseitige Bohrung sorgfältig in Augenschein, um sicherzugehen, dass kein Fragment Holz oder Schmutzfleck darin steckte.
    Er hatte mit
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