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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden
Autoren: William R. Forstchen
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sich wieder, hielt das Auge ans Visier und bewegte das Whitworthgewehr besorgt hin und her.
    Da!
    Ruhig!, mahnte er sich. Du hast nur diese eine Chance.
    Denke an nichts anderes als an diese Aufgabe. Nicht an die Frau, nicht an das erstickte Baby schlaff in den eigenen Armen, nicht an Sophie, nicht an die Gruben, das Blut an den eigenen Händen. Nichts, denke an nichts als diesen Schuss. Denke an zwanzig Jahre des Wartens auf Wiedergutmachung. An die Wiedergutmachung, indem er jetzt nur kurz den Finger bewegte.
    Er holte Luft und drückte den ersten Abzug.
    Er sah, wie sich Hulagar dem Ziel näherte, gefolgt von Tamuka. Tamuka. Begreifen schien aufzublitzen, als der Schildträger des Zan Qarth direkt in Juris Richtung blickte. War es möglich, dass letztlich doch …?
    Juri verbannte den Gedanken.
    Er drückte den zweiten Abzug.
    »Mein Qarth, verlasse diese Stelle sofort!«, zischte Hulagar.
    Jubadi blickte ihn an, und das Banner zuckte und rollte sich zusammen, als die Flammen seine seidenen Falten entlangstürmten.
    »Dieser Ort strahlt etwas Schreckliches aus«, sagte Jubadi leise. »Ich vermisse die heimatlichen Steppen.«
    Hulagar wandte den Blick von ihm ab, und im Augenwinkel sah er etwas.
    Was?
    Eine dünne Rauchwolke. Ein Gewehrschuss? Warum? Es war so weit entfernt.
    Hulagar spürte, wie ihm das Herz eng wurde, als wäre es erstarrt. Und dann klopfte es heftig. Einmal, zweimal.
    »Jubadi!«
    Hulagar drehte sich um. Alles Geschehen lief unmöglich langsam ab. En trat vor, an Jubadis Rücken heran. Beeilte sich, den Schild hinter seinem Qar Qarth zu heben.
    Er glaubte schon, das Herz würde ihm zerspringen, als es erneut und ein weiteres Mal heftig klopfte.
    Jubadi blickte ihm geradeheraus in die Augen, bedachte ihn mit einem seltsamen Blick, der Andeutung eines fragenden Lächelns … und die Augen weiteten sich plötzlich vor Staunen.
    »Nein!«
    Schon während Hulagar den Schild hob, um Jubadis Rücken zu decken, sah er das Loch, dieses ach so kleine Loch mitten im Rücken des Freundes auftauchen. Eine gespenstische Blutfontäne spritzte aus Jubadis Brust und sprühte auf das noch brennende Banner.
    »Nein!«
    Jubadi traf Anstalten, sich zu drehen. Sein Gesicht wirkte seltsam, als ginge es schon in Staub und Dunkelheit hinüber. Der Blick blieb auf Hulagar ruhen.
    »Hulagar?« Es war ein gedehntes Flüstern.
    Der Schild fiel zu Boden, wie vom Erdboden angesaugt. Er prallte auf und rollte langsam den Hang hinunter. Hulagar streckte die Hände aus und packte den Freund, der sich weigerte zu stürzen.
    Hulagar spürte, wie das Blut ausjubadi hervorpulsierte, wie jede Kontraktion des Herzens den ersterbenden Strom verspritzte.
    Hulagar zog ihn fest an sich, schlang die Arme um ihn.
    »Ich habe gerade das Banner meines eigenen Begräbnisses verbrannt«, flüsterte Jubadi, als wäre er einem Paradox zum Opfer gefallen, das über seine Begriffe ging.
    »Mein Qarth.«
    »Der Traum!«, seufzte Jubadi.
    »Warte auf mich, mein Qarth.«
    Ein schmales Lächeln lief über dessen Gesicht.
    »Dieses Vieh, es ist …«
    Ein Beben lief durch ihn. Seufzend legte er den Kopf an Hulagars Schulter. Der Schildträger hob das Gesicht zum immer währenden Himmel und stand wortlos da.
    Jubadi va Griska, Qar Qarth der Merkihorde, war tot.
    Hulagar stand allein da und hielt ihn fest, und er spürte, wie der letzte Herzschlag verklang, die Beine erschlafften, ihm der letzte Atemzug über die Wange strich.
    Einen Augenblick lang blieb alles still, als hätte die Welt ihr Ende gefunden, als hätte Bugglaah den Vorhang über alle gezogen, die hier waren.
    Ein einzelner Schrei ertönte, ein hohes klagendes Heulen, in das rasch immer mehr Stimmen einfielen, bis die Schreie von Tausenden über die Landschaft hinwegdonnerten.
    Vuka trat hinzu, gefolgt von Tamuka mit erhobenem Schild, die Zungenlosen dicht gedrängt um sie.
    Hulagar blickte Vuka in die Augen und entdeckte darin das Grauen, die Sorge, ob nicht ein weiterer Blitzschlag auch ihn niederstreckte.
    »Vuka va Jubadi, wisse, dass Bugglaah deinen Vater geholt hat«, sagte Hulagar mit erstickter Stimme. »Sobald der Mond der Trauer vergangen ist, wirst du zum Qar Qarth der Merkihorde ernannt werden.«
    Vuka nickte, sagte aber nichts.
    »Tamuka Schildträger, erfülle deine Pflicht. Bringe ihn in Sicherheit, bis wir den Mörder gefunden haben.«
    Tamuka gab den Zungenlosen mit einem Wink zu verstehen, die Reihen um den Erben zu schließen und ihn wegzuführen. Vuka blickte nicht
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