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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel
Autoren: Javier Sierra
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Welt gerade eine Veränderung stattfindet…«
    » Vielleicht hat sich nur die Schwere oder die Molekularstruktur der Materie am Ararat verändert. Was weiß denn ich! Und das auch nur ein paar wenige Sekunden lang. Ich weiß, dass sich Martins Auffahrt während eines starken Solarsturms ereignet hat und dass der Berg in diesen Minuten eine unglaubliche Menge Energie absorbiert hat.«
    » Haben Sie denn immer noch nicht verstanden, was ich mit den Symbolen gemeint habe?«, fragte Don Benigno wiederum lächelnd. » Das, was ich als Verklärung definiere, als die Erhebung in das Haus des himmlischen Vaters, das beschreiben Sie als einen wissenschaftlichen Vorgang.«
    » Ja und? Tatsache ist doch, dass er stattgefunden hat. Martin hat erreicht, wovon er geträumt hat. Ich weiß, dass es ihm gut gehen wird.«
    » Ach, Julia«, seufzte Don Benigno, während er nach meinen Händen griff und sie zärtlich tätschelte, » wissen Sie, warum Sie mich zuvor zu Tränen gerührt haben?«
    Ich bedachte den alten Mann mit einem liebevollen Blick, wagte aber nicht, ihn zu unterbrechen.
    » Weil ich vor fünfzig Jahren nicht verstand, was mir mein Vorgänger über die Bedeutung dieser Stätte erklärte. Natürlich bediente er sich der Beschreibung von Symbolen, die als solche offen für unterschiedliche Interpretationen waren. Der ehemalige Dekan von Santiago erzählte mir von diesem Gilgamesch hier, von der Bedeutung der Sintflut, von den verlorenen Türmen. Er berichtete von dieser Technik der Anrufung und den Erfolgen des sumerischen Helden, des Propheten Henoch oder des Jesus von Nazareth. Dieser Mann erklärte mir, dass wir in Santiago, unter unseren Füßen, eine dieser Antennen aus der Zeit vor der Sintflut bewahren. Ich hielt das damals für reine mystische Poesie. Aber nachdem ich gehört habe, was Ihnen widerfahren ist, Julia, habe ich den vollständigen Sinn erfasst. Ich habe endlich die Metapher verstanden.«
    » Zu was für einem Schluss sind Sie denn nun gelangt, Padre Benigno?«
    » Zu einem ganz simplen Schluss, liebe Julia. Nur Engel können Gott anrufen.«
    » Engel?«
    Ich verzog resigniert das Gesicht. Das war nicht gerade die große Enthüllung, die ich erwartet hatte. Doch sogleich wurde Don Benigno genauer:
    » Aber meine Liebe, seien Sie nicht enttäuscht. Schließlich und endlich sind Sie und ich das doch auch! Oder hat man Ihnen denn nicht beigebracht, dass wir alle das Ergebnis der Vermischung der Gottessöhne mit den Menschentöchtern sind?«
    » Sie und ich sollen Engel sein?«, fragte ich belustigt zurück.
    » Das ist schon ein großes Geheimnis, finden Sie nicht?«

Ultilog
    Ich muss zugeben, ich bin kein Schriftsteller mit einer allzu orthodoxen Arbeitsmethode. Seit Jahren versuche ich, meine Werke in historischen Szenarien und realen Hintergründen zu verorten und sie auf nachprüfbaren Tatsachen beruhen zu lassen. Dabei teile ich mit meinen Lesern die Faszination für die Entdeckungen, die ich bei diesem Prozess mache. Im Fall von diesem Buch hat mich meine Obsession für exakte Daten und authentische Beschreibungen wiederholte Male fast das Leben gekostet. Aber ich denke, dass sich die Mühe gelohnt hat.
    So war es mir nicht möglich, vor dem Oktober 2010 einen Schlussstrich unter diesen Roman zu ziehen: Erst dann erhielt ich von den türkischen Behörden die erforderlichen Genehmigungen, um den Ararat besteigen zu können. Dieser Berg, dessen Gipfel 5 165 Meter über dem Meeresspiegel liegt, leistete mir drei eiskalte und intensive Tage lang reichlich Widerstand. So als wollte mich der » Riese des Schmerzes« jeden Morgen aufs Neue provozieren, zeigte er mir immer wieder seinen vereisten Gipfel und lud mich ein, ihn zu erobern. Die Provokation war jedes Mal nur von kurzer Dauer. Und dennoch lange genug, damit ich mich in seine Silhouette verliebte, just bevor die Wolken sie wieder verhüllten. Und die Anziehung wurde jedenfalls irgendwann so stark, dass ich entschied, ihn zu besteigen, selbst auf die Gefahr hin, bei dem Versuch, diese Seiten entsprechend zu dokumentieren, meine körperliche Unversehrtheit einzubüßen.
    In Gipfelnähe, auf fast 5000 Höhenmetern, noch dazu an dem Tag mit dem magischen Datum 10 . 10 . 10 , verstand ich schließlich den Grund für die Jahrtausende währende Faszination, die dieser ruhende Vulkan auf die Menschheit ausübt. Vor allem in Krisenzeiten. Seine Größe, seine erhabene Erscheinung und seine tausendundeine Klüfte haben dazu beigetragen, wesentlichen
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