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Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Max Bentow
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Kopfhörer ab, legte sie auf den Tisch, nickte Breier noch einmal zu und verließ den Schießkorridor.
    Er ging die Treppen zu seinem Büro hinauf, reinigte seine Waffe und verschloss sie im Stahlschrank.
    Als er wieder auf dem Weg nach unten war, kam ihm ein Angestellter aus dem Archiv entgegen. Er balancierte einen Karton auf den Unterarmen, am Treppenabsatz stolperte er, und der Inhalt fiel heraus, unzähliges Aktenmaterial und ein paar alte Polaroids von einem Tatort. Er fluchte.
    Trojan bückte sich und half ihm beim Aufsammeln. Er kannte den anderen nur vom Sehen.
    »Die wickeln in der dritten Mordkommission gerade einen alten Fall auf, und wer muss das Zeug aus dem Archiv schleppen? Natürlich ich.«
    Trojan blickte auf die Bilder, Fehlfarben aus ferner Vergangenheit. Er sah einen blutbefleckten Teppich, eine altmodische Wohnungseinrichtung.
    »Polaroids«, murmelte er, und mit einem Mal schlug sein Herz heftiger. Da war die Nahaufnahme von einer Toten. Ihr Haar war mit Hirnmasse verklebt. Man hatte ihr den Schädel eingeschlagen.
    Der Archivar grinste. »Aus der unschuldigen Zeit, als es noch keine Digitalkameras gab.«
    Trojan wollte sich wieder aufrichten, doch dann spürte er das Stechen in der Brust. Gleichzeitig hatte er das Gefühl, nicht mehr genug Luft zu bekommen. Er wollte etwas sagen, aber er brachte keinen Ton heraus.
    »Alles in Ordnung? Du bist ja kreidebleich.«
    Er verzog das Gesicht.
    Endlich stand er wieder, aber er musste sich an die Wand im Treppenhaus lehnen.
    »Der Anblick sollte dir doch eigentlich vertraut sein, Kollege. Bloß eine Tote, mehr nicht.« Sein Grinsen wurde breiter.
    Trojan mochte diesen Sarkasmus nicht.
    Woher aber plötzlich diese Panik?
    Erinnerungsbilder flackerten vor ihm auf, mit einer Wucht, die ihm den Atem nahm. Da war die Neubausiedlung, in der er groß geworden war, die hässlichen Waschbetonbauten. Eine Tür stand sperrangelweit offen, es war das Haus in der Nachbarschaft. Etwas Schreckliches war geschehen, wie ein Lauffeuer sprach es sich herum. Die Frau aus Nummer 87, eine junge Frau, sie war tot. Man flüsterte sich zu, sie sei ermordet worden. Da waren die Absperrbänder und die Männer in den weißen Overalls. Und dann wurde die Trage herausgebracht, darauf befand sich der Leichensack.
    Er war noch ein kleiner Junge, und er wusste etwas über die Tote, aber das durfte er niemandem verraten.
    Trojan erhaschte einen letzten Blick auf das Polaroid in der Hand des Archivars. All das Blut, die Hirnmasse.
    War das die Frau? Nein, das konnte nicht sein. Sie hatte nur wenig Ähnlichkeit mit ihr, und überhaupt lag das doch alles schon eine Ewigkeit zurück.
    Warum aber diese Angst?
    Der Archivar verstaute die Bilder in dem Karton.
    »Alles Schnee von gestern, Kollege, mach’s gut.«
    Er entfernte sich durch den Gang. Trojan blickte ihm nach.
    Nur ein einfacher Angestellter, dachte er, keiner seiner Kollegen aus der Fünften Mordkommission. Wenn ihn einer von ihnen in diesem Zustand erleben würde, was dann? Als Bulle durfte er keine Schwäche zeigen und schon gar keine Angst.
    Er massierte sich die Herzgegend.
    Ruhig, nur ruhig, dachte er.
    Langsam, Stufe für Stufe, stieg er die Treppe hinab. Der Wachpolizist im Erdgeschoss warf ihm einen fragenden Blick zu. Trojan antwortete mit einer schiefen Grimasse.
    Dann stieß er das Eingangstor auf und trat hinaus.
    Die Karthagostraße war in tiefes Abendlicht getaucht. Vögel lärmten in den Bäumen. Die Augusthitze hatte noch immer nicht nachgelassen. Es roch nach Sommer und Staub und ganz schwach aus den Gehegen im nahe gelegenen Zoo. Trojan löste das Schloss von seinem Fahrrad und schob es zur Kurfürstenstraße. Er bog nach links ein und ging so lange weiter, bis er sich halbwegs beruhigt hatte. Erst an der Urania schwang er sich auf den Sattel und fuhr in Richtung Kreuzberg.
    Das alte Polaroid, dachte er unterwegs.
    Er musste es wiederfinden.
    Irgendwo hatte er es versteckt.
     
    Wieder wurde es dunkel im Saal, gleich würde der zwanzigste Kurzfilm an diesem Abend folgen. Josephin Maurer war bereits ziemlich erschöpft.
    Sie mochte es nicht, wenn das Licht ausging, Dunkelheit machte sie nervös. Sie versuchte sich zu konzentrieren, um den letzten Film an diesem Abend wenigstens auch ein bisschen genießen zu können, immerhin hatte sie an ihm mitgewirkt. Die Hauptfigur war gewissermaßen sie selbst, wenn auch nur mit einem Puppengesicht.
    Sie hatte sie in einer einzigen Nacht angefertigt, ein Amigurumi, das war
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