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Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)

Titel: Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Max Bentow
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wenig unscharf, aufgenommen aus sicherer Entfernung, aber deutlich genug, dass er seinen Vater darauf erkennen konnte. Seinen Vater in jungen Jahren.
    Neben ihm stand eine Frau. Sie lächelte ihn an. Trojan meinte, dieses verschwommene Lächeln deuten zu können. Es war scheu und bewundernd, leicht unterwürfig, ergeben.
    Er versuchte sich die unsichtbare Fotografin vorzustellen, die das Bild aufgenommen hatte, heimlich, vermutlich versteckt hinter der nächsten Häuserecke. Doch wie sehr er sich auch bemühte, es wollte ihm einfach nicht gelingen, sich das Gesicht seiner Mutter in Erinnerung zu rufen.
    Lange Zeit starrte er auf die Frau neben seinem Vater. Sie lächelte. Doch nur einige Zeit später fand man sie tot in ihrer Wohnung vor.
    Jemand hatte ihr den Schädel eingeschlagen.
     
    Das Ende der Veranstaltung erlebte sie wie durch einen Schleier hindurch. Sie wurde aufs Podium gerufen, man überreichte ihr einen Blumenstrauß und eine Urkunde, und das Publikum applaudierte freundlich. Sie konnte es einfach nicht fassen. Ihr war soeben der Preis für die beste Ausstattung beim siebenten Berliner Animationskurzfilmfestival verliehen worden. Er war immerhin mit dreitausend Euro dotiert, was in ihrer eingeschränkten Finanzlage erfreulich viel Geld war.
    Milan wurde mit keinem Preis bedacht, aber er fotografierte artig, als die Gratulanten auf sie zukamen. Allen voran Karen. Sie umarmte und küsste sie.
    »Du bist toll, Josie, wirklich. Ich freu mich riesig für dich. Und das nach all dieser Zeit, als es dir so schlecht ging. Das ist einfach der Wahnsinn!«
    Josie schwitzte unter ihrer Strickmütze im Scheinwerferlicht. Ihr war, als würde sie sich selbst dabei zusehen, wie sie ihre Freundin fest an sich drückte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Danke, Karen, danke für alles.«
    Karen hatte ihr nach Kräften geholfen, war vorbeigekommen, wenn sie in den Nächten keinen Schlaf fand, hatte ihr Taschentücher gereicht, wenn sie wieder von Weinkrämpfen geschüttelt wurde, ihr zugehört und beruhigend auf sie eingeflüstert.
    Plötzlich stand Frau Dr. Hagemuth, ihre Ärztin, vor ihr, sie war also doch noch gekommen.
    Auch von ihr wurde sie umarmt.
    »Ich hätte gar nicht gedacht, dass Ihre Puppen so eine, wie soll ich sagen, so eine Intensität besitzen. Wie heißt noch mal diese japanische Häkelkunst?«
    »Amigurumi.«
    »Ja, also, wirklich, da haben Sie etwas für sich gefunden, nicht wahr?«
    Frau Dr. Hagemuths Blick verriet, dass sie ihr damit noch sehr viel mehr sagen wollte. Und dann flüsterte sie ihr zu: »Weiter so, Frau Maurer. Und immer den Kopf oben halten.«
    Kurzzeitig war sie vom Blitzlicht geblendet. Milan hatte ein Foto von ihnen beiden geschossen. Dann war ihre Ärztin plötzlich weg, und er stand vor ihr, verloren, etwas linkisch, das lange Haar im Gesicht. Er ließ seine Lumix in die Hosentasche gleiten und zog sie zu sich heran. Seine Umarmung war für ihren Geschmack zu heftig, fast aggressiv, aber vielleicht war sie auch einfach zu dünnhäutig an diesem Abend. Letztlich tat er ihr sogar leid, weil er so viel Geduld mit ihr aufbringen musste. Trotzdem war sie noch immer wütend auf ihn, weil er sie im Toilettenraum so erschreckt hatte.
    Er küsste sie.
    »Bravo, Josie, herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke«, murmelte sie.
    Sie wusste ja, wie enttäuscht er war, seine Arbeit war überhaupt nicht honoriert worden. Dabei hatte er in den letzten Tagen immerzu von dem Hauptpreis gesprochen und beteuert, dass sie sich durchaus Chancen ausrechnen könnten, sie hingegen hatte sich insgeheim gefragt, ob er damit sie beide als Team meinte oder eigentlich nur sich selbst.
    Irgendwann später hatte sie ein Sektglas in der Hand, sie trank es leer, bekam das nächste, dann noch eines, und bald darauf schwankte sie ein wenig, ihr Medikament vertrug sich nicht mit Alkohol.
    Eine Frau trat auf sie zu und umarmte sie überschwänglich, Josie wich verlegen zurück.
    »Kennen wir uns?«
    »Oh, entschuldige, nein, ich bin die Frida, und weißt du was: Ich bin ein Fan von deinen Puppen.«
    »Ehrlich?«
    »Ja, mein Freund hat mir eine zum Geburtstag geschenkt, seitdem liegt sie immer auf meinem Bett. Auch so eine mit Strickmütze. Ich muss unbedingt mal in deinen Laden kommen. Wo war der noch gleich?«
    Josie nestelte eine ihrer Visitenkarten aus ihrer Handtasche hervor und reichte sie ihr.
    »Toll! Wirklich! Und diese Strickmütze, weißt du, die ist, na ja, irgendwie stilbildend, oder?« Sie lachte in einem
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