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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
Autoren: Nancy Bilyeau
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Aufgaben erfüllen können. Ich musste mich aus der noch immer anhaltenden friedlichen Ruhe reißen und handeln.
    »Ich muss Wasser lassen«, sagte ich. »Bitte, ich möchte mich nicht beschmutzen.«
    »Meinetwegen.« Sie zog mich auf die Knie. »Da hinten ist ein Eimer«, sagte sie.
    Halb zog, halb stieß sie mich zum hinteren Ende des Wagens. Kurz bevor wir es erreichten, ließ ich mich fallen und drehte mich dabei so, dass ich mit dem Rücken vor dem Kasten mit dem Messer zu liegen kam. »Verzeiht«, sagte ich und tastete mit den gefesselten Händen, bis ich die Klinge spürte. Flugs drehte ich das Messer, um es am Griff packen zu können.
    »Ich muss Euch den Mund wieder verbinden, bevor Ihr den Eimer benutzt«, sagte sie mit argwöhnischem Blick.
    »Ja, natürlich.« Ich hatte das Messer .
    Sie zog mich hoch. Als sie mir das Tuch um den Mund legen wollte, riss ich mich los und drehte mich blitzschnell, um ihr den Rücken zuzuwenden.
    Dann stach ich sie ins Bein.
    Sie schrie auf vor Schmerz, während ich wie gejagt zum hintersten Ende des Wagens kroch und dabei mit dem Messer fuchtelte, um irgendwie die Stricke an meinen Handgelenken zu durchtrennen.
    Sie wollte mir nach, doch der Schmerz zwang sie in die Knie. Keuchend brach sie zusammen.
    Dann begann sie zu schreien. »Hilfe«, kreischte sie. »Hilfe. Sie läuft weg.« Mir blieben nur noch Sekunden
    Ich riss mir das letzte Stück Strick von den Handgelenken und stieß die Tür hinten im Wagen mit der linken Schulter auf. In der rechten Hand hielt ich immer noch das Messer.
    Einige Fuß von mir entfernt stand schwer atmend ein Mann; wahrscheinlich war er dem Wagen nachgerannt, als er den Schrei gehört hatte. Es dauerte einen Moment bis ich ihn erkannte – es war der rothaarige Spitzel, der Jacquard unmittelbar vor unserer Abreise aus Gravesend aufgesucht hatte.
    Mit einem Satz wollte er sich auf mich stürzen. Doch ich wich aus und ging zum Gegenangriff über.
    Drehung, Ausfallschritt, Stoß .
    Hals über Kopf suchte der Rothaarige, meinem Messer zu entkommen, zu meinem Vorteil so überrascht wie erschrocken darüber, sich einer Frau gegenüberzusehen, die im Kampf mit dem Messer geübt war. Wenn er gewusst hätte, dass Jacquard mein Lehrmeister gewesen war – ich begann zu lachen.
    Drehung, Ausfallschritt, Stoß.
    Wieder sprang er hastig weg, doch jetzt glomm Entschlossenheit in seinem Blick. Er überlegte, wie er mich außer Gefecht setzen könnte.
    Als er zum nächsten Angriff ansetzen wollte, wurde es plötzlich laut in der bis dahin stillen Straße. »Was ist da los?«, rief ein Mann.
    Ich hörte eilende Schritte. Mindestens zwei Männer kamen in schnellem Lauf auf uns zu.
    Der Rothaarige flüchtete und war zwischen den Häusern verschwunden, bevor die beiden Männer mich erreichten. Ich hatte das Messer schon hinter einen Abfallhaufen geworfen. Ein blutiges Messer in meiner Hand wäre etwas schwer zu erklären gewesen.
    »Was war denn das?«, fragte mich einer der Männer. »Seid Ihr verletzt?«
    Beide musterten mich mit unsicheren Blicken. Ich hatte drei Tage gefesselt und zeitweise bewusstlos in diesem Wagen gelegen, kein Wunder, dass ich einen zweifelhaften Anblick bot.
    »Sind wir hier in Rochester?«, fragte ich.
    Sie tauschten einen Blick. »Ja, natürlich sind wir hier in Rochester«, sagte der andere. »Braucht Ihr einen Constable? Einen Friedensrichter?«
    »Kennt Ihr den hiesigen Constable?«, fragte ich. Es war vielleicht gar keine so dumme Idee, Hilfe zu suchen. Hantaras und der Rothaarige würden zweifellos versuchen, mich doch noch zu töten, schon gar wenn Hantaras’ Geliebte in dem stillen Wagen keine zehn Fuß entfernt von mir verblutete. Doch wie sollte ich einem Fremden diesen Zwischenfall erklären?
    »Ich kenne alle Constables von West-Kent«, antwortete mir der Mann, der mich zuerst angesprochen hatte.
    »Ist Euch Geoffrey Scovill bekannt? Er ist der Constable von Dartford«, sagte ich. »Könntet Ihr ihn vielleicht holen lassen? Wäre das möglich?«
    Wieder sahen die beiden einander an, bekümmert diesmal.
    Dann sagte der zweite Mann: »Wir sind gut bekannt mit Geoffrey. Er war eine Zeitlang hier in Rochester Constable. Seine Frau ist vor zwei Wochen im Kindbett gestorben. Das Kind wurde tot geboren. Ihn können wir jetzt nicht behelligen.«
    Und damit verpuffte die Wirkung der berauschenden Tinktur, und echter Schmerz ergriff mich.
    »Miss, was ist Euch? Wie können wir Euch helfen?«
    Ich schluckte. »Ist Anna von Kleve in
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