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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel
Autoren: Jules Verne
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welches Land man vor sich hat.
    Es ist das Vorgebirge von Ika-Na-Mawi, der großen Nordinsel von Neuseeland.
    Noch verstreichen ein Tag und eine Nacht, am Morgen des 10. April aber läuft der Steuerbordhafen eine Kabellänge vom Ufer der Ravarakibucht auf dem Grunde auf.
    Wie glücklich, wie sicher fühlte sich da die ganze Einwohnerschaft, den Fuß wieder auf wirkliche Erde und nicht mehr auf den künstlichen Boden Standard-Islands setzen zu können! Und dennoch: wie lange hätte dieses solide, schwimmende Bauwerk bestehen können, wenn ihm nicht menschliche Leidenschaften, die sich mächtiger als die Winde und das Meer erwiesen, ein vorzeitiges Ende bereiteten!
    Die Schiffbrüchigen werden von den Neuseeländern sehr gastlich aufgenommen und eiligst mit allem Nothwendigen versorgt.
    Nach der Ankunft in Auckland, der Hauptstadt von Ika-Na-Mawi, erfolgt endlich die Trauung Walter Tankerdon’s und der Miß Dy Coverley mit allem unter den gegebnen Verhältnissen möglichen Prunke. Wir bemerken hier, daß sich das Concert-Ouartett bei dieser Feierlichkeit, zu der alle Milliardeser herbeiströmen, zum letztenmale hören läßt. Das muß eine glückliche Ehe werden, nur schade, daß sie im Interesse der Allgemeinheit nicht schon früher geschlossen wurde! Freilich besitzen die Neuvermählten jedes nur noch eine lumpige Million Renten…
    »Na, bemerkt Pinchinat, sie werden sich ja wohl auch unter so beschränkten Vermögensverhältnissen glücklich fühlen!«
    Die Tankerdon’s, die Coverley’s und andre Notabeln wollen schleunigst nach Amerika zurückkehren, wo sie sich um den Gouvernementsposten einer Propeller-Insel nicht mehr zu streiten brauchen.
    Denselben Entschluß fassen der Commodore Simcoë, der Colonel Stewart und deren Officiere, das Personal des Observatoriums und selbst der Oberintendant Calistus Munbar, der übrigens, was ihn betrifft, auf den Gedanken, eine neue künstliche Insel herzustellen, nicht verzichtet.
    Der König und die Königin von Malecarlien machen kein Hehl daraus, daß sie es bedauern, nicht, wie sie gehofft hatten, ihre Tage auf Standard-Island in Frieden beschließen zu können. Hoffen wir, daß die Ex-Souveräne ein Fleckchen Erde finden werden, wo ihr Lebensabend ohne politische Streitigkeiten verläuft.
    Und das Concert-Quartett?
    Nun, das Concert-Quartet hat, was Sebastian Zorn auch sagen möge, kein übles Geschäft gemacht, und wenn die Künstler Calistus Munbar zürnen wollten, von ihm gegen ihren Willen hierher gebracht worden zu sein, so wäre das die reine Undankbarkeit.
    Seit dem 25. Mai des vergangnen bis zum 10. April des jetzigen Jahres sind nicht ganz elf Monate verstrichen, während unsre Künstler das sorgenloseste, herrlichste Leben geführt haben. Das Honorar für die vier Vierteljahre ihres Engagements haben sie in der Tasche; drei Viertel davon liegen sicher in der Bank von San Francisco und der von New-York, die das Geld gegen Quittung jederzeit herausgeben werden…
    Nach der Hochzeitsfeier in Auckland nehmen Sebastian Zorn, Yvernes, Frascolin und Pinchinat von ihren Freunden – Athanase Dorémus nicht zu vergessen – Abschied und schiffen sich bald darauf auf einem nach San Diego bestimmten Dampfer ein.
    Am 3. Mai in der Hauptstadt Nieder-Californiens angelangt, ist es ihre erste Sorge, sich durch eine Mittheilung an die dortigen Journale zu entschuldigen, daß sie ihre Zusage elf Monate vorher nicht eingehalten haben, und ihr lebhaftes Bedauern auszudrücken, daß sie so lange hätten auf sich warten lassen.
    »Meine Herren, wir hätten noch zwanzig Jahre auf Sie gewartet!«
    So lautet die Antwort, die ihnen von dem liebenswürdigen Director der musikalischen Soiréen in San Diego zu Theil wird.
    Kann einer wohl nachsichtiger und entgegenkommender sein? Die einzige Art und Weise dankender Anerkennung für solche Höflichkeit ist die, das so lange angekündigte Concert nun wirklich zu geben.
    Von einem ebenso zahlreichen, wie begeisterten Publicum ernten die dem Schiffbruche Standard-Islands entronnenen Künstler für den meisterhaften Vortrag des Quartetts in F-dur, Op. 9, von Mozart, einen der größten Erfolge ihrer bisherigen Laufbahn.
    So endet die Geschichte jenes neunten Wunders der Welt, des unvergleichlichen Juwels des Stillen Oceans. Ende gut, alles gut, pflegt man ja zu sagen, doch sollte es bezüglich Standard-Islands nicht richtiger: »Ende schlecht, alles schlecht!« lauten?
    Das wäre dessen Ende?… O nein, über kurz oder lang wird ein neues
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