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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel
Autoren: Jules Verne
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zurückgeblieben…
    Am Nachmittage nimmt der Wind von Stunde zu Stunde ab, der Wellengang legt sich und die Bruchstücke empfinden fast gar nichts mehr von der sanfteren Bewegung des Wassers. Dank dem ermöglichten Verkehr der Boote aus dem Backbordhafen kann der Commodore Simcoë die Schiffbrüchigen mit Speise und Trank soweit versorgen, daß sie wenigstens nicht vor Hunger und Durst umkommen.
    Die gegenseitige Verbindung wird übrigens immer leichter und schneller. Den Gesetzen der Anziehungskraft folgend, streben die verschiednen Fragmente, wie in einer Wasserschüssel schwimmende Korkscheiben, sich einander zu nähern. Das mußte doch dem vertrauensseligen Calistus Munbar, der darin schon eine Wiederherstellung des Juwels des Stillen Oceans sehen wollte, von guter Vorbedeutung sein.
    Die Nacht verläuft in tiefster Finsterniß. Die Zeit ist weit, wo die Avenuen von Milliard-City, die Straßen seiner Handelsviertel, die Rasenflächen des Parks, die Felder und die Wiesen in elektrischem Lichtglanze strahlten, wo die Aluminiummonde über ganz Standard-Island eine blendende Helligkeit verbreiteten.
    Während der Dunkelheit ist es zu einigen Zusammenstößen zwischen mehreren Bruchstücken gekommen. Solche waren ja nicht zu verhüten, zum Glück sind sie aber nicht stark genug gewesen, um noch weitern Schaden anzurichten.
    Bis Tagesanbruch zeigt sich, daß die Bruchstücke einander sehr nahe gerückt sind und gleichmäßig weiter treiben, ohne auf dem ruhigen Meere zu collidieren. Mit wenigen Ruderschlägen gelangt man von dem einen zum andern. Dem Commodore Simcoë fällt es deshalb leicht, den zulässigen Verbrauch an Nahrungsmitteln und Trinkwasser zu regeln. Das bleibt immer die Hauptsache, und die Schiffbrüchigen, die das einsehen, fügen sich ohne Widerspruch.
    Die Boote werden auch von verschiednen Familien benützt, um Angehörige zu suchen, die sie noch nicht wiedergesehen haben. Welche Freude bei denen, die sich wiederfinden, wie verblaßt dagegen die Sorge wegen noch drohender Gefahren! Und welcher Schmerz bei denen, deren Mühen und Rufen nach den Anwesenden vergeblich bleibt!
    Es ist offenbar ein sehr glücklicher Umstand, daß das Meer ganz ruhig geworden ist. Höchstens könnte man bedauern, daß auch der Südostwind nicht mehr weht. Er hätte die Strömung unterstützt, die in diesem Theile des Oceans nach der australischen Landmasse hin verläuft.
    Auf Anordnung des Commodore Simcoë werden die Wachposten so vertheilt, daß sie den Horizont im ganzen Umkreise beobachten können. Wenn ein Schiff auftaucht, sollen ihm Signale gegeben werden. Solche kommen aber nur selten durch diese weitab liegende Gegend, und am wenigsten in jetziger Jahreszeit, wo die Aequinoctialstürme auftreten.
    Die Aussicht, eine Rauchsäule zwischen Himmel und Wasser zu entdecken, oder ein Segel, das am Horizonte hinzöge, ist also recht schwach. Und doch erhält der Commodore Simcoë am Nachmittage gegen zwei Uhr von einem der Wachposten folgende Meldung:
    »Im Nordosten ist ein sich bewegender Punkt aufgetaucht, und wenn auch ein Rumpf nicht zu erkennen ist, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß ein Schiff seewärts von Standard-Island vorüberzieht.«
    Diese Nachricht bringt eine gewaltige Aufregung hervor. Der König von Malecarlien, der Commodore Simcoë, die Officiere, die Ingenieure – alle begeben sich nach der Seite, von der aus das Fahrzeug beobachtet worden ist. Hier wird befohlen, seine Aufmerksamkeit durch Hissung von Fahnen an beliebigen Stangen zu erwecken, vielleicht auch durch gleichzeitige Schüsse aus den noch vorhandnen Feuerwaffen. Käme die Nacht heran, ohne daß diese Signale bemerkt würden, so soll auf dem vordersten Bruchstücke ein Feuer angezündet werden, und da ein solches in der Dunkelheit weithin sichtbar sein muß, ist es fast unmöglich, daß es übersehen würde.
    Bis zum Abend zu warten, erwies sich als unnöthig. Die unerkennbare Masse näherte sich augenscheinlich. Darüber schwebt eine dichte Rauchwolke, und es liegt auf der Hand, daß sie auf die Ueberbleibsel von Standard-Island zusteuert.
    Die Fernrohre verlieren sie nicht mehr aus dem Gesichtsfelde, obgleich ihr Rumpf die Meeresfläche nur wenig überragt und weder Maste noch Segelwerk führt.
    »Liebe Freunde, rief bald darauf der Commodore Simcoë, ich täusche mich nicht!… Das ist ein Stück unsrer Insel und kann nur der Steuerbordhafen sein, der durch Strömungen verschlagen worden war. Gewiß hat M. Somwah seine Maschine
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