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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel
Autoren: Jules Verne
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Strömungen im Stillen Ocean trennen, daß sie das Glück gehabt hat, den nach Nordwesten laufenden Theil eines solchen Wirbels zu treffen und ihre Aussichten auf Rettung zu verbessern. Doch wahrhaftig, diese darf nicht mehr lange ausbleiben, denn wiederum ist es schon nöthig geworden, die Proviantrationen herabzusetzen. Die Vorräthe verringern sich in einem Grade, der, angesichts der Verpflichtung, zehntausend Menschen zu ernähren, sehr beunruhigend ist.
    Durch die Bekanntgabe der letzten astronomischen Beobachtung an die beiden Häfen und an die Stadt vollzieht sich eine Art Beruhigung der Gemüther. Es ist ja bekannt, wie schnell die große Menge von einer Empfindung zur andern, von der Verzweiflung zur Hoffnung überspringt. Dasselbe war hier der Fall. Die Einwohnerschaft. die sich von der in die Großstädte des Festlands eingepferchten erbärmlichen Menge so sehr unterscheidet, sollte wohl der Bethörung minder unterworfen, sollte überlegender und geduldiger sein… und war das sonst auch wirklich. Bei drohender Hungersnoth ist freilich alles möglich.
     

    Der Thurm stürzte mit Donnerkrachen zusammen. (S. 389.)
     
    Im Laufe des Vormittags zeigt der Wind Neigung, an Stärke noch weiter zuzunehmen. Der Barometer sinkt langsam. Das Meer erhebt sich zu langen, gewaltigen Wogen, ein Beweis, daß im Südosten schwere atmosphärische Störungen geherrscht haben müssen. Das sonst unerschütterliche Standard-Island spürt jetzt die großen Niveauveränderungen des Wassers entschieden mehr. Einige Häuser gerathen in bedrohliches Schwanken und die Gegenstände darin werden von ihrem Platze verschoben, wie das bei Erdbeben vorkommt. Die den Milliardesern ganz neue Erscheinung ruft natürlich wieder große Beunruhigung hervor.
    Der Commodore Simcoë und sein Personal verweilen ununterbrochen auf dem Observatorium, wo jetzt alle Dienstzweige vereinigt sind. Die Stöße, die das Gebäude erschüttern, erfüllen sie nicht minder mit Besorgniß, und sie können sich den Ernst der Lage nicht wohl verhehlen.
    »Ganz zweifellos, sagt der Commodore, hat Standard-Island in seinem Unterbau gelitten. Die Einzelkammern werden sich zum Theil gelockert haben, der ganze Rumpf zeigt nicht mehr die Widerstandsfähigkeit, die ihn früher so vortheilhaft auszeichnete.
    – Und Gott gebe, setzt der König von Malecarlien hinzu, daß unsre Insel keinen heftigen Sturm auszuhalten hat, sie würde ihm wohl nicht mehr widerstehen!«
    Ja, jetzt hat die Einwohnerschaft das Vertrauen zu ihrem künstlichen Erdboden verloren. Sie fühlt, daß ihr der Stützpunkt unter den Füßen schwindet.. Da wäre es freilich hundertmal besser, auf den Felsen der antarktischen Länder zu stranden. Jeden Augenblick zu befürchten, daß Standard-Island sich aufthut und in den Abgründen des Stillen Oceans, deren Tiefe die Sonde noch nicht überall zu messen ausreichte, versinkt… dem können auch die muthigsten Herzen nicht ohne Zagen entgegensehen.
    Es kann nun gar nicht mehr bezweifelt werden, daß einzelne Abtheilungen des Unterbaues neue Havarien erlitten haben. Da haben sich gewiß Zwischenwände von einander gelöst und sind viele Nieten abgesprengt worden.
    Im Parke, längs des Serpentineflusses, wie in den äußersten Straßen der Stadt bemerkt man ein unbestimmtes Auf-und Abschaukeln, das offenbar von dem sich verschiebenden Untergrunde herrührt. Schon senken sich mehrere Gebäude recht bedenklich, und wenn sie zusammenbrechen, zertrümmern sie sicherlich den Untergrund, der sie trug. An das Verstopfen entstandner Lecke ist aber gar nicht zu denken. Daß in verschiedne Abtheilungen des Untergrundes Wasser eingedrungen ist, liegt auf der Hand, denn die Schwimmlinie hat sich jetzt verändert. Fast am ganzen Umkreise, an den beiden Häfen wie an der Rammsporn-und an der Achterbatterie, ist die Propeller-Insel um etwa einen Fuß gesunken, und wenn sich das weiter fortsetzt, werden die Wellen über den Uferrand zu schlagen anfangen. Wenn das Gleichgewicht Standard-Islands aber einmal gestört ist, kann dessen gänzlicher Untergang nur noch eine Frage der Zeit sein.
    Der Commodore Simcoë hätte diese Sachlage gern verheimlicht, denn sie mußte eine Panik, vielleicht noch schlimmeres hervorrufen. Wozu könnten sich die Einwohner gegen die Urheber dieses Unglücks hinreißen lassen! Sie können ja nicht, wie Passagiere eines Schiffes, ihr Heil in der Flucht suchen, sich in vorhandne Boote werfen oder ein Floß herstellen, auf das sich eine Mannschaft in
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