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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel
Autoren: Jules Verne
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der Hoffnung rettet, auf einem andern Schiffe Aufnahme zu finden. Hier war dieses Floß, nämlich Standard-Island, dem Versinken nahe.
    Von Stunde zu Stunde läßt Commodore Simcoë die Veränderungen der Schwimmlinie aufzeichnen. Das Niveau Standard-Islands sinkt mehr und mehr. In die Kammern des Unterbaues dringt also offenbar langsam, doch unaufhaltsam immer mehr Wasser ein.
    Die Witterungsaussichten sind daneben auch noch schlimmer geworden. Der Himmel färbt sich mit bleichem, röthlichem oder kupferrothem Scheine. Der Barometer sinkt noch immer und alles deutet auf einen nahe bevorstehenden Gewittersturm hin. Hinter den aufgehäuften Dunstmassen erscheint der Horizont so nahe gerückt, als wolle er sich um das Ufer Standard-Islands zusammenziehen.
    Gegen Abend entfesseln sich schon furchtbare Windstöße. Durch die Gewalt des Seeganges, der von unten her anschlägt, krachen die Kammern, brechen die Versteifungen und zerreißen die Platten. Ueberall hört man den Fortgang der Zerstörung. Die Avenuen der Stadt, die Rasenflächen des Parks drohen sich zu öffnen. Mit Anbruch der Nacht haben sich alle Bewohner aus der Stadt nach den Feldmarken geflüchtet, die, von schweren Gebäuden minder belastet, etwas größre Sicherheit bieten. Alle vertheilen sich zwischen den beiden Häfen und zwischen Rammsporn-und Achterbatterie.
    Gegen neun Uhr erschüttert ein besonders starker Stoß Standard-Island bis zum Grunde. Das Elektricitätswerk des Steuerbordhafens versinkt dabei. Es wird so finster, daß man weder Himmel noch Meer mehr sehen kann.
    Neue Bodenerschütterungen bringen die Gebäude gleich Kartenhäusern zum Einstürzen. Binnen wenigen Standen dürfte von den Oberbauten Standard-Islands voraussichtlich gar nichts mehr übrig sein.
    »Meine Herren, beginnt der Commodore Simcoë, wir können auf dem Observatorium, das jeden Augenblick zusammenzubrechen droht, nicht länger bleiben. Wir wollen aufs Feld hinausgehen und dort das Unwetter abwarten….
    – Es ist ein Cyklon, bemerkt der König von Malecarlien, sonst wäre der Barometer nicht bis auf siebenhundertdreizehn Millimeter hinabgegangen.«
    In der That ist die Propeller-Insel von einem jener schrecklichen Luftwirbel gepackt worden, jener Drehstürme, die auf der südlichen Halbkugel um eine verticale Achse von Westen durch Süden nach Osten verlaufen. Ein Cyklon bringt vor allem die schrecklichsten Unfälle mit sich, und um diesen zu entgehen, muß man dessen verhältnißmäßig ruhigen Mitteltheil zu erreichen suchen. Das ist beim Mangel einer Triebkraft hier aber ganz unmöglich. Diesmal ist es nicht die menschliche Thorheit, nicht die gedankentose Starrsinnigkeit seiner Hauptpersonen, sondern ein entsetzliches Meteor, das Standard-Island seiner endlichen Zerstörung entgegenführt.
    Der König von Malecarlien, der Commodore Simcoë, der Colonel Stewart, Sebastian Zorn und seine Kameraden, die Astronomen und die Officiere verlassen das Observatorium, wo sie nicht länger in Sicherheit sind. Es war die höchste Zeit; kaum sind sie zweihundert Schritte weit entfernt, da stürzt der Thurm mit Donnerkrachen zusammen, durchbricht den Boden des Square und versinkt im Abgrunde. Einen Augenblick später bilden auch die zugehörigen Bauten nur noch einen Trümmerhaufen.
    Das Quartett beeilt sich, die Erste Avenue hinauszulaufen, um aus dem Casino seine Instrumente zu retten. Das Casino steht noch aufrecht; sie gelangen ohne Unfall dahin, stürmen nach ihren Zimmern, holen die zwei Geigen, die Bratsche und das Violoncell, und suchen dann im Parke Zuflucht.
    Hier sind mehrere tausend Personen aus beiden Stadthälften versammelt und befinden sich auch die Familien Tankerdon und Coverley, zum Glück für sie in solcher Finsterniß, daß sie einander nicht sehen, wenigstens nicht erkennen können.
    Walter ist jedoch so glücklich gewesen, die Miß Dy Coverley herauszufinden. Er wird sie im Augenblicke der höchsten Noth zu retten versuchen, wird sich bemühen, mit ihr an einer Seetrift Halt zu gewinnen…
    Das junge Mädchen hat es errathen, daß der junge Mann an ihrer Seite ist.
    »Ach, Walter! schreit sie auf.
    – Dy… meine liebste Dy… ich bleibe bei Dir!… Ich verlasse Dich nicht mehr!«
    Unsre Pariser haben sich nicht von einander trennen wollen; sie halten sich dicht beisammen. Frascolin hat sein ruhiges Blut nicht verloren. Yvernes ist sehr nervös, Pinchinat ironisch resigniert Sebastian Zorn aber, neben Athanase Dorémus stehend, der sich seinen
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