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1136 - Das Blut der Bernadette

1136 - Das Blut der Bernadette

Titel: 1136 - Das Blut der Bernadette
Autoren: Jason Dark
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An der Scheune hatten wir uns getroffen. Der Bauer, dem die Scheune gehörte, hatte sich nicht um uns gekümmert. Die Gründe wußte ich nicht. Jane würde mich irgendwann aufklären. Jetzt war sie darauf erpicht, mir etwas zu zeigen.
    Ihr Ziel war eine Leiter, die zum Boden der Scheune hochführte.
    Ich schaute nach oben. Dort zeichnete sich das Gebälk ab. Breite Holzbalken gaben der Decke Halt.
    Wir gingen dorthin, wo das Lichts schwächer war und die Balken nur als Schatten zu sehen waren.
    Jane Collins blieb ohne Vorwarnung stehen, so daß ich leicht gegen sie prallte. Sie faßte mich an der Hand und zog mich zur Seite, damit ich eine andere Sichtperspektive bekam. Mit der freien Hand deutete sie nach vorn und zugleich auch in die Höhe.
    »Schau dorthin.«
    Meine Augen mußten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen, aber ich sah schon, was sie damit meinte. Von der Decke herab hing eine Gestalt oder ein Gegenstand. Er sah für mich aus wie ein Sandsack, aber das konnte es nicht sein. Wegen eines solchen Gegenstands holte Jane mich nicht.
    Ich merkte, daß eine kalte Flut über meinen Rücken rieselte und fühlte wieder Janes Händedruck.
    »Komm mit«, flüsterte sie rauh.
    Sehr langsam gingen wir weiter. Bei jedem Schritt kamen wir näher an das Ziel heran, und ich konnte es besser erkennen.
    Nein, ein Sandsack war es nicht. Auch kein Tier oder etwas anderes. Ich hörte ihr heftiges Atmen.
    Ich spürte wieder den Druck ihrer Hand. Dann sagte sie: »Nimm die Lampe, John!«
    »Okay.«
    Der Druck in meinem Magen blieb, als ich die kleine Leuchte hervorholte.
    Der Strahl war nicht besonders breit, aber er reichte aus, um das Ziel aus dem grauen Dunkel hervorreißen zu können.
    Das Gebälk war zu einem Galgen umfunktioniert worden. Jemand hatte ein Seil daran befestigt und eine Schlinge geknüpft. Und sie umschloß den Hals eines jungen Mädchens…
    ***
    Gut, ich war in den letzten Sekunden auf einen schlimmen Anblick gefaßt gewesen. Nun aber, als ich direkt damit konfrontiert wurde, erwischte mich der Schock schon. Mir war, als hätte ich einen harten Faustschlag in den Magen bekommen, denn auch ich bin nur ein Mensch, und es ist für mich schwer, einen derartigen Anblick zu ertragen.
    Etwa kniehoch baumelten die Füße über dem Boden. Sie steckten in schwarzen Turnschuhen. Darunter sah ich eine grauen Jeanshose und aufgenähte Taschen an den Hosenbeinen. Die Tote trug einen Pullover, der in die Höhe gerutscht war, so daß ein Teil ihres Bauchs frei lag und ich auch den Nabel erkennen konnte.
    Der Kopf hing schräg in der Schlinge. Das Gesicht war schrecklich verzerrt, wie eingefroren. Als wollte sie den zuletzt empfundenen Schrecken für alle Ewigkeiten behalten und sie auch denjenigen Personen zeigen, die sie irgendwann fanden.
    Blondes Haar. Ein rundes Gesicht. Nett, mädchenhaft. Sie hatte sicherlich in ihrem Leben viel gelacht, und nun passierte so etwas. Verdammt noch mal.
    Ich spürte Kälte und Wärme zugleich und einen wahnsinnigen Zorn auf denjenigen, der für diese Szene gesorgt hatte, denn einen Selbstmord konnte ich mir nicht vorstellen.
    »Sie heißt Rita«, sagte Jane.
    Ich nickte.
    »Sie war erst achtzehn.«
    »Und weiter?«
    Jane zuckte mit den Schultern. »Ich weiß einfach zu wenig. Ich weiß nicht einmal, ob sie erhängt wurde oder es selbst getan hat. Da steht zwar eine Kiste in der Nähe, aber wer weiß…«
    Ich schwieg. Es war nicht still. Irgendwo hinter uns im Stroh raschelte es. Wahrscheinlich huschten Mäuse durch ihre kleine warme Welt. Sie bestand auch hier oben aus Licht und Schatten. Weniger Licht. Da hatte sich Rita eine düstere Ecke ausgesucht.
    »Woher kennst du sie?« fragte ich Jane.
    »Ich kenne sie eigentlich gar nicht«, sagte die Detektivin. »Ich habe sie nur finden sollen, das ist alles. Ein fast stinknormaler Auftrag, und ich habe sie gefunden, doch das habe ich nicht gewollt. Nicht so, John.«
    »Weißt du mehr über sie?«
    »Nein.«
    »Wie hast du sie gefunden?«
    Jane winkte ab. Ihre Stimme klang müde. »Recherchen, John. Du kennst das Spiel ja.« Sie schüttelte den Kopf. »Daß es so enden würde, hätte ich nicht gedacht.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Geh näher ran, John!«
    Ich schaute sie etwas verwundert an. »Wieso sollte ich?«
    »Bitte, John.«
    Ich tat ihr den Gefallen. Die Beine der Toten bewegten sich leicht. Es war Wind oder eine leichte Luftströmung, die dafür sorgte. Ich blieb sehr dicht vor dem starren Körper stehen und schaute an ihm
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