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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel
Autoren: Jules Verne
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Dingen die Besonderheiten hervorzuheben pflegt, ruft angesichts dieses Unglücks: »O, es wäre doch schwierig, ein großartigeres Ende zu ersinnen!«
    Sebastian Zorn ist natürlich außer Rand und Band. Daß er der Prophet gewesen war, der das Unglück Standard-Islands, wie Jeremias den Untergang Zions, voraussagte, vermag ihm keinen Trost zu gewähren. Er hat Hunger, leidet an Frost, an Schnupfen und wird von unablässigem Stechen und Zwicken gepeinigt. Da sagt der unverbesserliche Pinchinat noch zu ihm:
    »Du hast Unrecht, alter Zorn; wenn’s in Dir überall rumort, giebt das schließlich auch eine Harmonie!«
    Der Violoncellist würde Seine Hoheit gern erwürgen, wenn er die Kraft dazu hätte, doch die hat er zum Glück nicht mehr.
    Und Calistus Munbar? – Ei, der Oberintendant ist einfach großartig… ja, himmlisch großartig! Er verzweifelt weder an der Rettung der Schiffbrüchigen, noch an der Standard-Islands. Man wird schon wieder nach Hause kommen… die Propeller-Insel wiederherstellen. Die Einzelstücke davon sind ja brauchbar, und es ist nicht ausgemacht, daß die Elemente dieses Meisterwerk maritimer Architektur bezwungen hätten.
    Offenbar liegt eine weitere Gefahr jetzt nicht allzu nahe. Alles, was während des Cyklons untergehen sollte, ist mit Milliard-City, seinen Monumentalbauten, seinen Hôtels, Wohnungen, Maschinenanlagen, Batterien, kurz, mit dem ganzen, schwer lastenden Oberbau versunken. Zur Zeit befinden sich die Reste unter bessern Verhältnissen, ihre Schwimmlinie ist wieder aufgestiegen und die Wellen schlagen nicht mehr über sie hinweg.
    Jetzt trat also eine gewisse Erholungspause, eine fühlbare Verbesserung ein, und da ein sofortiges Versinken nicht länger droht, heitert sich auch das Gemüth der Schiffbrüchigen ein wenig auf. Die Geister beruhigen sich. Nur die Frauen und Kinder können, vernünftiger Einsicht weniger zugänglich, den Schrecken noch immer nicht überwinden.
    Was ist denn aus Athanase Dorémus geworden? Gleich bei Beginn des Zerstörungswerks hat sich der Tanz-und Anstandslehrer mit seiner alten Dienerin auf ein Trümmerstück geflüchtet. Eine Strömung hat dieses aber dem größern Fragmente zugetrieben, auf dem sich seine Landsleute vom Quartett befanden.
    Der Commodore Simcoë ist, unterstützt von seinem treuen Personal, wie der Kapitän eines verunglückten Schiffes, an die seiner harrende Aufgabe sofort herangetreten und hat sich zuerst gefragt, ob es möglich wäre, die einzelnen Bruchstücke irgendwie aneinander zu befestigen. Wenn das nicht angeht, ob eine Verbindung zwischen denselben möglich ist. Die letzte Frage beantwortete sich bald in bejahendem Sinne, denn im Backbordhafen finden sich noch einige unversehrte Boote vor. Schickt der Commodore diese von einem Bruchstück zum andern, so kann er hören, welche Vorräthe an Lebensmitteln und Süßwasser noch vorhanden sind.
    Doch ist man auch im Stande, den Ort zu bestimmen, wo sich diese Flottille von Seetristen – der geographischen Länge und Breite nach – befindet?
    Nein. Wegen Mangels an Instrumenten zur Sonnenhöhemessung kann kein Besteck mehr gemacht werden, und niemand wird sagen können, ob genannte Flottille in der Nähe eines Festlandes oder einer Insel hintreibt. Gegen neun Uhr morgens nimmt der Commodore Simcoë mit zweien seiner Officiere in einem aus dem Backbordhafen ausgelaufnen Boote Platz. Damit werden die verschiednen Bruchstücke angelaufen und eine umfassende Nachfrage ergiebt Folgendes:
    Die Destillierapparate des Backbordhafens sind zerstört, eine Cisterne enthält aber noch trinkbares Wasser für etwa vierzehn Tage, wenn der Verbrauch auf das nothwendigste eingeschränkt wird. Die Vorräthe an festen Nahrungsmitteln reichen für die Schiffbrüchigen ungefähr für den gleichen Zeitraum aus.
    Es ist also unbedingt nothwendig, daß alle binnen höchstens zwei Wochen auf irgendeine Küste im Stillen Ocean treffen.
    Die obigen Ergebnisse sind einigermaßen beruhigend. Leider erkannte der Commodore Simcoë aber auch, daß die Sturmnacht ihnen mehrere hundert Opfer an Menschenleben gekostet hat. Der Schmerz der Familien Tankerdon und Coverley spottet jeder Beschreibung. Weder Walter noch Miß Dy hat sich auf einem der von dem Boote besuchten Bruchstücke wiedergefunden. Im Augenblick der Katastrophe war der junge Mann, mit seiner bewußtlosen Braut auf dem Arme, nach dem Steuerbordhafen geeilt, und von diesem Theile Standard-Islands ist auf der Oberfläche des Oceans nichts
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