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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Licht. Ihr werdet’s brauchen. Und ich verkauf’s hier. Bleibt nicht im Dunkeln. Jeder braucht Licht. Fünf Dollar das Stück. Licht, Leute. Hier gibt’s Licht zu kaufen. Licht!«
    E in paar Stunden später, die Sonne hinter ihrem Kopf färbt sich orange, spürt Isabel schließlich ihren Mann auf. Sie lagert das Baby auf ihrem Arm um, überprüft seine Windel nach etwas Weichem. Als Alfredo sie auf sich zukommen sieht, verschränkt er die Hände hinter dem Kopf, vielleicht weil er glaubt, das sehe lässig aus, wie ein derbe cooler Typ auf einem Strandtuch, in Wirklichkeit aber sieht er aus wie einer, der sich für seine Verhaftung bereit macht.
    »Wie viel für alle?«, sagt Isabel.
    »Das sind ne ganze Menge Kerzen«, sagt er.
    »Ich dachte, vielleicht bekomm ich ja einen Familienrabatt.« Christian Louis zieht ihr am Pferdeschwanz, als würde er eine Klingel betätigen. »Ich dachte vielleicht, da das ja schließlich meine Scheißkerzen sind …«
    »Hey!«, sagt Alfredo und weist mit dem Kopf in Richtung Baby.
    »Ist nicht dein Ernst«, sagt sie. »Du willst mir allen Ernstes erklären, was ich sagen und nicht sagen kann?«
    Alfredo schaut zu, wie eine dünne Kerze von ihm wegrollt, ganz von allein und zwischen den Gehwegplatten steckenbleibt.
    »Warst du bei meinen Eltern?«
    War sie. Sie hatte versucht, zu Hause zu warten, und es auch anderthalb Stunden ausgehalten, sich aber, als die Schatten in der Wohnung immer kräftiger wurden, Christian Louis geschnappt und war aus der Tür gestürzt. Als sie bei »Babysitters R Us« ankamen, klatschte Lizette in die Hände und quiekte vor abuela -Freude. Sie hatte Geburtstagsgeschenke da und Krachmacher und Partyhütchen, sie hatte ein paar schöne reife Kochbananen zum Braten … aber was sie nicht hatte und heute auch noch nicht einmal zu Gesicht bekommen hat, war ein einssiebzig großer puerto-ricanischer pendejo mit Flacharsch. Um aus der Wohnung zu kommen, hatte Isabel Lizettes Finger buchstäblich von Christian Louis abpellen müssen. Ihre Schwiegermutter hatte sie angefleht, nicht zu gehen. Vom Blackout ’77 erzählt. Gesagt, es sei für eine Mutter und ihr kleines Kind nach Sonnenuntergang auf der Straße nicht sicher. Aber Isabel – wie bescheuert von ihr – hatte gedacht, Alfredo stecke möglicherweise in irgendwelchen Schwierigkeiten.
    »Ich würd so gerne sagen, dass ich überrascht bin«, sagt sie. »Ich wär so gerne überrascht. Aber weißt du was?«
    »Ich wollte alle Kerzen ersetzen, die ich verkauft habe«, sagt er. Er klingt begeistert. »Aber das ist längst nicht alles. Ich wollte Christian Louis einen Stuhl zu seinem neuen Tisch besorgen. Den abgefahrensten, den sie haben. Und ich wollte dich zu einem romantischen Abendessen einladen, nur wir beide. Es wiedergutmachen. Uns wieder auf die Spur bringen. Und ich wollte bisschen was von der Visakarte abstottern.«
    »Und wie viele Kerzen hast du bis jetzt verkauft?«
    Er zuckt mit den Schultern, ernüchtert. »Ist nicht gerade der lebhafteste Block.«
    »Vielleicht bist du einfach nicht der beste Verkäufer«.
    Christian Louis läuft rot an. Sein Geburtsmal leuchtet. Er ist schon viel zu lange auf, überreizt, hat Mamas Wut praktisch mit der Milch aufgesogen, und jetzt windet er sich in ihren Armen und steht unmittelbar vor Ausbruch eines Monstergebrülls. Sie hat den Kinderwagen nicht dabei, weil sie Christian Louis an ihrer Brust haben, durch die Haut hindurch das bomm-bomm seines Herzschlags spüren wollte. Jetzt bereut sie ihre Sentimentalität. Sie gibt ihm ihren Schlüsselbund, den er sich direkt in den Mund steckt. Happy Birthday! Mit angesäuertem Gesicht schmeißt er die Schlüssel auf die Straße und dann folgt, unvermeidlich: der blanke Zorn.
    »Schhh«, macht Alfredo. Er kommt näher, um Christian Louis den Rücken zu streicheln. »Hast du gesehen, wie er die Schlüssel geworfen hat?«, fragt er leise. »Der kleine Mann wird mal ein Strikeout-König.«
    »Du darfst uns nicht mehr alleine lassen«, sagt sie. Das Baby heult noch immer zwischen ihnen, den Mund geöffnet, das wütende Gesicht den roten Dächern entgegengestreckt. Vögel wippen in den Ästen eines Baums. Sie sitzen auf Laternen und Telefonmasten, unter Klimaanlagen und Markisen, die blanken Vogelaugen auf die Straße gerichtet. »Hast du verstanden?«, sagt Isabel.
    »Ich bin für uns hier«, sagt Alfredo.
    »Wenn du uns einen Gefallen tun willst, lass uns nicht mehr allein.«
    »Da kam ein Typ auf mich zu«, sagt Alfredo,
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