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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Papis miesen kleinen Spielchen macht er nämlich nicht mit –, und Isabel versucht ihn wegzunehmen, ihn hochzuheben, aber Alfredo hält ihn am Fuß fest.
    »Wo ist der Schraubenzieher?«, sagt er. »Ich mach die Riegel aus einem der Fenster raus und pack da die Klima rein.«
    »Wird nicht passen.«
    »Wird passen.«
    S ie passt. Als Alfredo sie in den Fensterrahmen wuchtet, befürchtet Isabel, dass ihm der fette Arsch des Geräts aus den Händen rutschen und irgendeine arme Sau auf der Straße zu Mus zerquetschen wird. Aber zum ersten Mal hat er eine Montageanleitung gelesen. Als er die Tragbügel montiert, sieht er beinahe so aus, als wüsste er, was er tut. Er fixiert das Gerät am Fenster, und auch wenn das nicht wirklich robust aussieht, ist Isabel bereits über den Punkt hinaus, seine Kompetenz anzuzweifeln. Tatsächlich ist sie sogar ganz offiziell beeindruckt. Alfredo zieht die Akkordeonflügel ein paar Zentimeter in jede Richtung – buchstäblich ganz schön knappe Kiste – und befestigt sie am Fensterrahmen. Er geht einen Schritt zurück und gibt der Klimaanlage einen Klaps. Sie sitzt bombenfest.
    »Nicht schlecht, oder?«
    »Nicht schlecht«, sagt sie.
    »Nun raste mal nicht gleich komplett aus«, sagt er, und seine schmalen Lippen formen sich zu einem Lächeln. Weil sie schon länger nicht mehr gefragt hat, weil es sie offenbar nicht länger interessiert, sagt er: »Hab ich von der Visa abbuchen lassen.«
    »Okay«, sagt sie. Als die monatlichen Ausgaben mehr und mehr gestiegen waren, hatten sie und Alfredo sich eigentlich darauf geeinigt, das Bezahlen mit Kreditkarte erst mal sein zu lassen, jetzt aber entscheidet sie sich dafür, ihn nicht zu maßregeln, weil 1. die Tatsache, dass er mit Karte bezahlt hat, bedeutet, dass er nicht mit Bargeld bezahlt hat, was wiederum bedeutet, dass er nicht losmarschiert ist und irgendwelche Dummheiten gemacht hat, um es aufzutreiben, 2. Isabel selbst vor Kurzem ein paar Einkäufe per Kreditkarte getätigt hat, einschließlich, allerdings nicht ausschließlich, der Geburtstagsballons, die sich derzeit unten im Mülleimer versteckt halten, der Geburtstagstorte, der Geburtstagskerze und des Musiktisch-Geburtstagsgeschenks, 3. er vor seiner erfolgreich installierten Klimaanlage auf und ab läuft, glücklicher aussieht als seit Wochen, vielleicht sogar Monaten, und Isabel will, dass seine gute Laune anwächst wie eine Lawine.
    »Worauf wartest du noch?«, fragt Isabel. »Stöpsel sie ein.«
    Grummelnd erwacht die Maschine zum Leben. Isabel und Alfredo beugen sich vor, als würden sie einen willkommenen Besucher in ihre Wohnung bitten. Christian Louis zappelt auf Mamas Armen, will sich diesem eigenartigen neuen Ungeheuer nähern, seine Knöpfe und blinkenden grünen Lämpchen anfassen und die Finger in die aufgestellten Lüftungsklappen stecken.
    »Sollte die Luft nicht kühler sein?«, sagt sie.
    »Sie muss erst mal warm werden.«
    »Sie muss warm werden, um kalt zu werden?«
    Alfredo spannt den Saum seines Hemds über die Klappen. Die Luft schwängert ihn, plustert das Hemd derart auf, dass fast die Knöpfe abplatzen. Er gluckst ein tiefes Ho ho ho , als würde das von alten Männern erwartet, die ganz plötzlich eine sagenhafte Wampe haben.
    »Geh aus dem Weg«, sagt Isabel. »Du blockierst die Luft.«
    »Dachte, dir wär sie nicht kalt genug.«
    »Weg da.«
    Alfredo geht zu ihr, um Christian Louis in die Nase zu kneifen. »Kannst du schon ›keine Mücken mehr‹ sagen?«, fragt er. »›Keine Schwitze-Eier‹?«
    Das ist der perfekte Moment, denkt sie. Die Klimaanlage summt. Christian Louis dreht und windet sich zwischen ihnen, sitzt auf Mamas Arm, schnappt aber gleichzeitig nach Papas Daumen. Das ist der Moment, um ihm alles zu sagen. Eine bessere Gelegenheit kommt womöglich den ganzen Abend nicht mehr.
    »Besonders kalt ist es nicht, oder?«, sagt er.
    »Ist doch total ok«, sagt sie. Wie jedes Paar, das schon lange zusammen ist, lassen sie von Zeit zu Zeit die Standpunkte aufeinanderprallen, einfach um mental im Training zu bleiben. »Dauert eben.«
    »Vielleicht stimmt was mit dem Filter nicht.«
    »Wird schon«, sagt sie. »Lass sie doch erst mal.«
    Über das Klimagerät gebeugt, drückt er skeptisch ein paar blinkende Knöpfe auf dem Bedienfeld.
    »Ist doch ok«, sagt sie.
    Er fummelt am Temperaturregler. Schaltet sich durch die Voreinstellungen, von Kühlen auf Ventilator auf Geldsparmodus, dann wieder zurück auf Kühlen. Das Klimagerät brummt vor Ungeduld.
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