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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten
Autoren: Magdalen Nabb
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Warum sollte jemand Clementina ermorden wollen, jene liebenswerte Verrückte, die jeder kennt im Florentiner Stadtviertel San Frediano? Wie sie in ihrem abgetragenen Kleid vor sich hin schimpfend immer vor der Bar mit dem Besen herumfuhrwerkte – das war ein allen vertrautes Bild. Erst als Clementina tot ist, wird klar, wie wenig man eigentlich von ihr weiß. Guarnaccia steht ohne einen Hinweis auf ein Tatmotiv da, in der brütenden Augusthitze. Bis er beginnt, Clementinas Vergangenheit zu erkunden, und zu den traumatischen Ereignissen vordringt, die das Leben der alten Frau so nachhaltig beeinflußten ...
     
    1
    Unwillkürlich blieben sie am Randstein stehen. Kein Auto war in Sicht, und man hörte nicht einmal fernes Motorengeräusch, aber sie hatten dieses Verhalten so verinnerlicht, daß sie zögerten, bevor sie auf die leere, schmale Straße hinaustraten, verwirrt, weil sie gegen nichts anzukämpfen hatten. Wenn ihnen danach zumute gewesen wäre, hätten sie sogar mitten auf der Straße gehen können, doch die überwältigende Florentiner Augusthitze bewog sie, sich dicht an der Häuserfront in dem schmalen Streifen Schatten zu halten, den die Dachsimse warfen .
    »Alles in allem«, sagte Maresciallo Guarnaccia, sobald sie die Straße überquert hatten, »spricht vieles dafür. Ich bin froh, daß wir uns so entschieden haben. «
    Der Maresciallo und seine Frau hatten im Juli Urlaub gemacht. Sie waren mit ihren zwei kleinen Jungen nach Sizilien in ihre Heimatstadt in der Provinz Syracus gefahren und hatten die Kinder anschließend bei der Schwester des Maresciallo gelassen, wo sie den ganzen August bleiben sollten, während er wieder auf sein Revier im Palazzo Pitti zurückmußte. Jetzt war früher Nachmittag, Siesta-Zeit, so daß sie mehr noch als sonst das Gefühl hatten, die einzigen zwei Menschen zu sein, die sich noch in der Stadt aufhielten .
    »Wenn wir diese Abkürzung nehmen, ist es kühler. «
    Sie bogen in eine düstere Gasse, die so schmal war, daß nie ein Sonnenstrahl hineinfiel. Ihre Schritte hallten .
    »Wenn wenigstens ein paar mehr Geschäfte offen hätten …«, murmelte die Frau des Maresciallo .
    »Bis jetzt sind wir doch ganz gut zurechtgekommen. «
    »Du willst sagen, ich bin zurechtgekommen. Gestern mußte ich quer durch die ganze Stadt laufen, um einen Metzger zu finden, und bestimmt wird es nach dem Fünfzehnten noch schlimmer, wenn die wenigen Leute, die ihre Läden bis jetzt geöffnet haben, auch noch zumachen. «
    »Dann gehen wir eben öfter essen, so wie heute. Mir hat es gefallen. «
    »Heute ist dein freier Tag. Aber wenn du Dienst hast, können wir nicht durch die Gegend rennen, um ein Restaurant zu suchen, das geöffnet hat. «
    »Stimmt. «
    »Ganz abgesehen davon, daß das zu kostspielig wird. Denk an meine Worte, die einzigen Lokale, die offenbleiben, haben es nur auf Touristen abgesehen. Schlechtes Essen zu horrenden Preisen. Nein, nein. Wir kommen schon zurecht. Angeblich soll in der Zeitung stehen, welche Geschäfte in den einzelnen Stadtvierteln geöffnet haben. Außerdem habe ich noch ein paar Konserven. Schließlich müssen wir ja nicht jeden Tag Fleisch essen. Im Krieg sind die Leute auch zurechtgekommen. «
    »Übertreibst du nicht ein bißchen? «
    »Es macht wahrhaftig keinen Spaß, bei fünfunddreißig Grad im Schatten in der Gegend herumzulaufen und nach einem offenen Geschäft zu suchen – und das Zeug dann noch kilometerweit nach Hause zu schleppen. «
    »Wenn du Auto fahren könntest … «
    »Das haben wir alles schon durchgekaut. Der Verkehr in dieser Stadt ist ein einziger Alptraum aus Einbahnstraßen, und erst die Ringstraßen! Da würde mich in meinem Alter vor Angst der Schlag treffen. «
    »Aber jetzt nicht. «
    »Was meinst du mit ›jetzt nicht‹? «
    »Den Verkehr. Es gibt keinen. «
    »Da hast du recht … «
    Blinzelnd traten sie auf die Hauptstraße hinaus, wo sie ein Schwall Hitze einhüllte und ihrer Unterhaltung ein Ende bereitete. Sie hatten die höchste Stelle des abschüssigen Hofs vor dem Palazzo Pitti erreicht und bogen nach links durch das große Eisentor, als sie noch einmal sagte: »Da hast du recht. Daran hatte ich nicht gedacht … «
    Ihr kleiner Fiat stand neben dem Streifenwagen und dem Mannschaftswagen .
    »Trotzdem, in meinem Alter … Und wer sollte es mir beibringen? Diese Fahrschulen kosten ein Vermögen. «
    »Salva! «
    »Mm. «
    »Sag doch was – oder tu was! «
    Der Maresciallo blinzelte hinter seiner Sonnenbrille und
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