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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Sprinklerwasser so gefallen. Alfredo versteht das. Er ist auch gerne hier. Ganz besonders fühlt er sich mit dem Vater verbunden, der seine Tochter knipst. Alles in allem wäre Alfredo jetzt aber doch lieber zu Hause, im Tiefschlaf, das Gesicht in ein Kissen gedrückt.
    »Vladimir ist also ein Drogendealer«, sagt er. »Toll. Schön für ihn. Und, äh, sorry, warum geb ich da einen Furz in Stereo drauf?«
    »Hohoho«, sagt Winston. Er rutscht auf der Bank zur Seite, geht extra weit auf Abstand. »Ich nehme an, du gibst einen Furz in Stereo drauf, weil du mir gesagt hast, ich soll einen Drogendealer auftreiben, der …«
    »Eigentlich hatte ich gesagt, du sollst einen Hund auftreiben.« Na ja, um ehrlich zu sein, hatte Alfredo Winston gesagt, er solle beides auftreiben, einen Hund und einen neuen Dealer, möglicherweise sogar beides in einem, einen neuen Dealer, der einen Hund spazierenführt. Aber Alfredo wird hier ohnehin noch einigen Scheiß zum Besten geben, weil er müde ist, weil er Blasen an den Füßen hat, weil – das vor allem – Winston diese rot-blaue Spiderman-Kappe aufhat. Alfredo starrt sie unverwandt an, und seine Augen werden immer schmaler. »Aber statt von einem Hund erzählst du mir von …«
    »Vladimir.«
    »Erzählst du mir von Vladimir. Er ist nicht zufällig ein dealender Hund?«
    »Er ist ein dealender Fünfzehnjähriger. Dealt vor der katholischen Schule an der 31st Ave …«
    »Der McClancy?«
    »Sachte, sachte, nun mal nicht so neugierig. Er dealt vor der McClancy. Er geht auf die McClancy. Ist ja gerade mal fünfzehn und so. Und vielleicht hat er ja genau den Stoff auf Lager, den wir für Jose besorgen müssen.«
    »Tariq«, verbessert Alfredo.
    »Sorry. Vielleicht hat er ja genau den Stoff auf Lager, den wir für Tariq besorgen müssen. Ups. Entschuldige. Vielleicht hat er ja genau den Stoff auf Lager, den du für Tariq besorgen musst.«
    »Und?«
    »Meine Fresse, hast du eine Scheißlaune. Vielleicht sollte ich einfach mal zu Gianni’s gehen.« Aber Winston haut genauso wenig ab, wie die Steinschildkröte über den Zaun springt. »Hast du auch nur die leiseste Ahnung, wie unverschämt du gerade bist?«, fragt er. »Ich erzähl hier ne Geschichte, und du versuchst nicht mal zuzuhören. Du glotzt im Park rum. Gott weiß wohin. So komm ich in keinen guten Erzählrhythmus, verstehst du, was ich meine?«
    »Wo ist die Mets-Kappe?«, sagt Alfredo.
    Winston blickt zur Seite. »Oh.«
    Entweder wegen Stress oder Drogenmissbrauch leidet Winston an Alopezie, ein Leiden, von dem ihm die Haare büschelweise ausfallen. Kringel auf dem Kopfkissen. Ein Nest im Abfluss. Alfredo bedauert ihn, hat richtig Mitleid und gibt auch die erforderlichen schnalzenden Geräusche mitfühlender Freundschaft von sich, spielt jedoch das Problem nicht herunter, sagt Winston nicht, es sei gar nicht so schlimm oder man müsse sich deswegen keine Sorgen machen. Geschäft ist Geschäft, und Alfredo betrachtet Winstons quilt-artige Kopfhaut als geschäftsschädigend. Der arme Kerl – übergewichtig, Glupschaugen, aschfahle Haut – ist auch so schon ein ziemliches Opfer, und die Alopezie macht es nur noch schlimmer. Rasier dir die Birne , rät ihm Alfredo. Du bist ein fetter schwarzer Haitianer. Wir leben im Nach-Jordan-Zeitalter. Aber Winston sagt Och nö. Er glaubt, er habe Dellen im Schädel. Er glaubt, er sei als Baby zu oft fallen gelassen worden und sähe jetzt mit einem vollständig kahlen Schädel lächerlich aus. Er glaubt, möglicherweise habe er gar keine Alopezie und die Flecken würden wieder nachwachsen, ab morgen oder vielleicht übermorgen. In der Zwischenzeit trägt er seine rot-blaue Spiderman-Kappe mit dem Netz. Das Problem ist bloß, dass die Unterstützung durch den Superhelden Winston kein bisschen weniger angreifbar macht. Das Rot reizt die Crips, das Blau die Bloods. (Winstons Haut – schwarz – tut ihm bei den Latin Kings, Vice Lords, Netas oder der MS-13 keinen Gefallen.) Also kauft ihm Alfredo neue, repräsentativere und gleichzeitig farbneutralere Kappen. Strickmützen im Winter. Baseballkappen, wenn es warm ist. Aber binnen Tagen werden diese verschlampt, auf irgendeinem Dach oder bei einem Kunden unterm Sofakissen vergessen. Am Montag hatte ihm Alfredo eine der neuen schwarzen Mets-Kappen mitgebracht, und nun, Freitag, ist Spidey wieder da.
    »Ich glaub, die hab ich gestern Abend in der Subway liegen lassen.«
    »In der Subway«, sagt Alfredo. »Kann ich dich mal was fragen …«
    »Keine
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