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Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Titel: Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
Autoren: Sophie Berg
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I
    Ich hatte einen Beschluss gefasst und brannte darauf, ihn meinen beiden Freundinnen zu verkünden. Doch ich musste mich noch etwas gedulden. Der Kellner servierte Carla eben mit gekonntem Schwung den bestellten Campari, als die Eingangstür zum »Roberto« aufgestoßen wurde und Bea hereinwallte. Sie trug einen wadenlangen, weit geschnittenen Mantel, wie immer in Schwarz gehalten. Eine Fülle von bunten (selbst gefärbten!) Seidenschals wehte um ihren Hals. Alle in Rottönen diesmal, die ihre karottenroten Haare, die kurz geschnitten und mit viel Gel zum Stehen gebracht worden waren, erst wirklich zum Leuchten brachten. Ein eilig herbeigeeilter Kellner nahm den Mantel in Empfang. Nun hatte sie uns entdeckt und winkte mit einem lauten »Hallo, ihr Lieben!« zu uns herüber.
    Ich brauchte Carla nicht anzusehen, um zu wissen, dass diese indigniert eine ihrer wohlgezupften Augenbrauen gehoben hatte. Carla waren laute Auftritte peinlich. Beas laute Auftritte im Besonderen. Erst als unsere Freundin direkt vor unserem Tisch stand, wurde die unscheinbare Gestalt sichtbar, die sich hinter ihrem breiten Rücken verborgen hatte.
    »Hier sind wir!« Bea machte sich daran, uns ihre kameradschaftlichen Küsse auf beide Wangen zu schmatzen. »Entschuldigt bitte die Verspätung, aber wir konnten wieder einmal kein Taxi finden. Das ist also meine Cousine Claudia. Man sieht doch gleich, dass wir verwandt sind, nicht wahr? Nein, sagt nichts.« Sie hob abwehrend die Hand. »Ich weiß, dass wir uns nicht ähnlich sehen. Claudia ist höchstens die Hälfte von mir.«
    Sie lachte schallend, als würde ihr dieser Umstand nichts ausmachen. Wir kannten sie viel zu gut, um uns täuschen zu lassen. Ihre üppige Figur war Beas Schwachstelle.
    »Wollt ihr euch nicht setzen?« Carla zündete sich eine Zigarette an.
    »Hallo zusammen«, sagte nun das unscheinbare Wesen. Sie schob sich den letzten freien Stuhl zurecht, hängte ihre geräumige rotbraune Umhängetasche über die Lehne, nahm Platz und sah erwartungsvoll in die Runde. Der Kellner kam, um die Bestellungen aufzunehmen.
    »Darf ich …?«, fragte Bea, als er wieder in Richtung Küche davongeeilt war. Ohne eine Antwort abzuwarten, zog sie eine Zigarette aus Carlas Päckchen. »Meine erste heute.« Carla gab ihr kommentarlos Feuer.
    »Wir haben einen stressigen Tag hinter uns, nicht wahr, Claudia? Wir grasten die gesamte Umgebung ab, um diese dämlichen Brunnenfiguren zu finden. Habt ihr gewusst, wie viele Brunnenfiguren es in unserem Landkreis gibt?«
    »Ich erstelle einen Bildband über weibliche Brunnenfiguren«, erklärte ihre Cousine, um gleich darauf einzuschränken: »Erstellen ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich mache nur die Fotos, sozusagen.«
    »Sag nicht ›nur‹!«, unterbrach sie Bea streng. »Bei einem Bildband sind doch Fotos das, worauf es ankommt. Claudia ist seit Wochen in ganz Deutschland unterwegs. Erzähl doch mal!«
    »Na ja, es ist gar nicht so einfach, Brunnenfiguren aufzuspüren. Die richtigen, sozusagen. In Reiseführern werden Brunnen selten erwähnt. Ich bin auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen und auf den Zufall, sozusagen. Sie glauben gar nicht, welch interessante Meisterwerke man zu Gesicht bekommt.«
    »Und davon kann man leben?« Nicht umsonst kam Carla aus dem Wirtschaftsbereich.
    »Aber natürlich«, erklärte Claudia unerwartet heftig. »Das ist ein von der EU gefördertes Projekt. Die unterschiedlichen Darstellungsformen der Frau im deutschsprachigen Raum.«
    »Claudia hat vor drei Jahren einen Bildband über spanische Landhäuser gemacht.« Bea hatte das Gefühl, ihre Cousine gegen Carlas Skepsis verteidigen zu müssen.
    »Über Fincas auf den Balearen, um genau zu sein. Also Landhäuser und alte Bauernhöfe auf Menorca, Ibiza und vor allem Mallorca, sozusagen«, stellte Claudia richtig. »Natürlich nur solche Häuser, die von Frauen renoviert oder neu eingerichtet worden waren.«
    »Natürlich«, bestätigte Carla, und es klang eine kleine Spur sarkastisch.
    »Und sie hat damit jede Menge Kunstpreise eingeheimst«, trumpfte Bea auf.
    »Einen, um genau zu sein«, korrigierte sie ihre Cousine ehrlich. Sie errötete und strich mit verlegener Geste ihre mausbraunen Haare aus dem schmalen Gesicht.
    »Tatsächlich?«, murmelte Carla.
    »Wenn Sie an weiblichen Brunnenfiguren interessiert sind«, meldete ich mich zu Wort, da ich mich plötzlich an eine Brunnenfigur erinnerte, »da müssen Sie unbedingt nach Großgmain, einen Ort direkt
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