Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
Vom Netzwerk:
Ahnung«, sagt Winston. Er fummelt an dem gesplitterten Holz der Bank herum. »Du kaufst mir immer diese Kappen, und ich find sie ja auch gut. Im Ernst. Und ich schwör bei Gott, ich will sie auch nicht verlieren. Es ist bloß, keine Ahnung. Ich weiß nicht, was mit mir los ist.«
    Auf der Flucht von den Hand-Ballfeldern hüpft ein blauer Sky-Bounce-Ball an ihrer Bank vorbei. Alfredo beugt sich vor und hebt ihn auf. Lässt ihn nicht mal springen. Er spürt die Versuchung, ihn sich an die Nase zu halten – er liebt den scharfen, sommerlichen Gummigeruch –, aber das könnte verdammt merkwürdig aussehen, also wirft er ihn unbeschnüffelt zurück zum Spielfeld. Der Ball segelt über die Köpfe der Spieler hinweg, aber die Parketikette verlangt, dass sie trotzdem Danke rufen.
    »Außerdem war die Kappe cool«, sagt Winston.
    »Schon gut«, sagt Alfredo. »Erzähl mir von Vladimir.«
    »Der verkauft nur Ecstasy. Nichts anderes. Kein Gras, kein Koks, kein Heroin. Bloß E. Ein reiner E-Pusher. Als ob wir 1997 hätten oder so.«
    »War’s das schon?«
    »Bist du immer noch sauer wegen der Kappe? Frag mich mal, zu welchem Preis der sein E verkauft.«
    Alfredo fragt.
    »Zehn Dollar«, sagt Winston. Er lehnt sich auf der Bank zurück, streckt die Beine aus. »Zehn Dollar für die ganze Pille. Das, mein Freund, ist sein Preis.«
    »Grausam«, sagt Alfredo. »Für zehn Dollar kriegt man nicht mal mehr Crack. Wenn ich mit Isabel ins Kino will, kostet es uns das Doppelte. Kino .«
    »Und frag mich mal, wer sein Verbindungsmann ist. Sein Bruder. Das ist sein Verbindungsmann. Wie er heißt, weiß ich nicht, nennen wir ihn einfach mal Boris.« Winstons Füße tapsen einen fröhlichen Rhythmus, während er spricht. »Dieser so genannte Boris? Der ist Chemiker. Boris, der Chemiker. Solchen Scheiß kann man sich gar nicht ausdenken. Die beiden sind frisch runter vom Schiff, Boris und Vladimir. Seit drei Wochen hier oder so. Vielleicht länger, keine Ahnung. Boris, soweit ich das sehe, stellt das X in seiner Wohnung her. In der Küche vermutlich. Fakt ist das aber nicht. Das nehmen wir bloß an. Das Gerücht geht so, dass er sich seinen Laborkittel überzieht, mit seinen Messbechern jongliert und was weiß ich wie viele Stunden später das X zusammengeköchelt hat. Er weiß noch nicht mal, dass man da eine Prägung draufmacht, also gehen die Pillen ohne Logo raus.«
    Alfredo schüttelt den Kopf. »Die geben ihrem Produkt keinen Namen.«
    »Die haben keinen Schimmer, was sie da eigentlich machen. Boris gibt die Pillen also Vladimir, und Keule steht jeden Tag ab Punkt drei Uhr vor dem Schultor. Und unterbietet das ganze beschissene Viertel. Weil, was kratzt es die?« Winstons Hintern schwebt nun über der Bank. »Es gibt keinen Zwischenhändler. Von der Küche auf die Straße. Zehn-Dollar-Ecstasy.«
    »Hast du’s probiert? Ist der Scheiß gut?«
    Winston verzieht das Gesicht. »E hab ich schon superlange nicht mehr genommen. Hast du von diesen Laboraffen gehört? Denen die Sicherungen durchgeglüht sind?« Er knibbelt an der Nagelhaut am Daumen. »Außerdem – nicht, dass ich damit auf dicke Hose machen will oder so – hör ich mit allen Drogen auf. Einschließlich Gras. Ab morgen.«
    »Ab morgen«, sagt Alfredo. Er beobachtet zwei kleine indische Mädchen, die an der Bank vorbeimarschieren. Sie haben die Schultern hochgezogen und halten Dollarscheine in ihren kleinen braunen Fäusten.
    »Aber die Schnösel«, sagt Winston und stößt Alfredo mit dem Ellbogen an, »von der katholischen Schule da? Kaufen Vladimirs komplette Bestände auf. Sind fünf, sechs, sieben Tage die Woche auf X unterwegs.«
    »Die armen Nonnen«, sagt Alfredo. Hinter der Ecke erklingt eine vertraute Melodie: das patentgeschützte, nervende Du-du-die-du von Mister Softee, dem Eismann. Kinder rennen ineinander, grapschen nach den Portemonnaies ihrer Eltern, lassen die Köpfe im Laktosekoller vor- und zurückschnellen. Der Eiswagen kommt vor dem Parkeingang zum Stehen. Das Gebimmel ist nun lauter, die Kinder fiebern. Alfredo nimmt die Brille ab und haucht auf die Gläser. Als er sie wieder aufsetzt, grinst er – freut sich, dass die beiden indischen Mädchen ganz vorne in der Eisschlange stehen.
    »Hast du was von dem Geld dabei, das du mir noch schuldest?«, sagt Winston. »Ich könnte ein Hörnchen vertragen.«
    »Wie viel davon ist Fakt?«, sagt Alfredo. »Du weißt, was ich meine. Was diesen Vladimir angeht. Die Küche. Das Zehn-Dollar-E. Boris. Wie viel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher