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Für Sloane ging sie durchs Feuer

Für Sloane ging sie durchs Feuer

Titel: Für Sloane ging sie durchs Feuer
Autoren: Jack Slade
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Chip Balfour hörte das Poltern nebenan. Er horchte auf.
    Draußen, vor dem Haus, rumpelte gerade eine Droschke vorüber. Ein Peitschenknall zerriss die Luft und die raue Stimme des Fahrers spornte die Zugpferde zu schnellerer Gangart an.
    Als das Getöse verebbt war, herrschte Totenstille.
    Balfour, ein blasser Mann mit Nickelbrille, widmete sich wieder seinem Schriftkram. Bis Mittag musste er das Für und Wider des Gesetzesentwurfs ausgearbeitet haben, den McDermott dem Senat in Washington vorlegen wollte. Bis dahin waren es nur noch knapp zwei Stunden.
    Ich muss mich sputen , dachte der Sekretär und tauchte die Feder in die Tinte.
    Unvermittelt hielt er inne. Narrte ihn ein Spuk oder hatte der Senator eben um Hilfe gerufen?
    Balfour spitzte die Ohren. Da! Eben hatte er es genau gehört. McDermott rief um Hilfe, und zwar merkwürdig leise. Das war für diesen Mann, der über eine kräftige, eindringliche Stimme verfügte, mehr als ungewöhnlich.
    Von jäher Unruhe erfüllt, schoss Balfour in die Höhe. So schnell er konnte, umrundete er den mit Dokumenten übersäten Tisch. Er klopfte an die Zwischentür.
    »Balfour …«
    Der Sekretär riss die Tür auf und sah, dass sein Chef wie ein schwer angeschlagener Boxer in seinem Sessel hing. McDermott hatte sich den Kragen aufgerissen. Er keuchte, als hätte er einen Strick um den Hals. Seine Rechte krampfte sich in seine linke Hemdbrust. »Mein Herz«, stieß er hervor.
    »Gütiger Gott!« Nach der Schrecksekunde stürzte Balfour auf ihn zu. Er wuchtete den Mann, der fast doppelt so schwer war wie er selbst, auf den Perserläufer vor den Schreibtisch, bettete ihn auf den Rücken und schob ihm aus Ermangelung eines Kissens den dicken Weltatlas unter den Kopf.
    Der Senator hatte einen Herzanfall. Balfour kannte die Symptome. Er wusste, dass Krämpfe dieser Art nicht selten zum Tode führten. Es war kaum ein Jahr her, dass sein eigener Vater auf diese Weise gestorben war. Er war beim Schärfen des Sensenblatts plötzlich umgefallen, mitten auf der Wiese vor dem Haus. Er hatte nur noch ein lakonisches »So long!« gemurmelt, dann hatte er sich zu seinem Schöpfer aufgemacht.
    »Ich hole den Doc«, keuchte Balfour.
    »Bleib!« McDermott war schon ganz blass um die Nase herum.
    »Sir … Sie brauchen einen Arzt …«
    »Zu spät«, sagte der Senator gequält. »Der Sensenmann … er steht schon neben mir.«
    Balfour rasselte ein Gebet herunter.
    »Halt die Klappe, Chip«, raunte der Senator. Er richtete seine trüben Augen auf den angstschlotternden Schreiber. »Es gibt da etwas, was du für mich tun kannst.«
    »Ja, natürlich, Sir.«
    »Ich habe eine Tochter …«
    »Ja, ich weiß. Miss Angela …«
    »Halt’s Maul und hör zu!« McDermott verzog das Gesicht. »Ich meine nicht Angela, du Narr! Ich habe eine zweite Tochter …«
    Jetzt hat er den Verstand verloren, sagte sich Balfour. Jedermann in Kalifornien wusste, dass der Senator nur eine einzige Tochter hatte: Miss Angela McDermott, die an der Harvard-Universität in Cambridge studierte.
    »Soviel ich weiß, wurde sie auf den Namen Martha getauft«, fuhr McDermott unbeirrt fort. »Ihr Nachname ist Coffins, wie der ihrer Mutter. Ich will, dass sie erfährt, wer ihr wirklicher Vater ist – war.«
    Balfour riss sich die Brille von der Nase. »Aber …«
    McDermott schnitt ihm das Wort ab. »Im Tresor findest du ein paar Papiere, aus denen Näheres hervorgeht. Auch ein Testament ist dabei.« Er richtete sich auf. »Chip, sorge dafür, dass Martha das bekommt, was ihr zusteht! Schwöre es mir!«
    Balfour hob drei Finger und murmelte einen Eid. In seinem Schädel ging es zu wie bei einem Blizzard in den Rockies. Der alte Lustmolch hatte eine heimliche Tochter. Wenn seine Frau das erfuhr, würde sie ihn bis in alle Ewigkeit verfluchen.
    »Was … was soll ich tun, Sir?«, schnappte er. »Mit den Papieren, meine ich!«
    »Nimm das Zeug und bring es zu Rod Starkey in die Kanzlei.« McDermott war kaum noch zu verstehen. Balfour beugte sich ganz nah zu dem Todgeweihten hinunter, damit ihm keine Silbe entging. Immerhin war es der letzte Wunsch eines Sterbenden.
    »Wiederhole es, Chip!«
    »Ich nehme das Zeug und bringe es zu Rod Starkey in die Kanzlei«, plapperte Balfour, dem es schon davor grauste, gleich in Gesellschaft einer Leiche zu sein.
    »Meine Frau und Angela dürfen vorläufig nichts davon erfahren …«
    »… dürfen vorläufig nichts davon erfahren.« Balfour ertappte sich dabei, dass er erneut zu beten
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