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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin
Autoren: Helena Marten
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so viel wusste sie. Kein Wunder, dass die Mutter beträchtliche Schwierigkeiten hatte, bei so wenig Auswahl einen einigermaßen interessanten Salon zu führen. Sie selbst fuhren oft genug zum Einkaufen nach Dresden, oder um die Familie von Constanze Simons, Ballettabende und Opernaufführungen zu besuchen. Dresden gefiel ihr eigentlich besser als Meißen, dafür war ihr Heimatort ruhiger und behaglicher. In Dresden käme ich sicher gar nicht zum Arbeiten, bei all den Ablenkungen, dachte sie. Auch nach Leipzig zur Messe hatte sie ihren Vater mehrmals begleitet. Die Stadt war dann immer voller Buden und Stände, überall sah man Gaukler, Feuerschlucker und Wahrsager. Interessant, durchaus, aber zugleich hatten ihr diese Menschenmengen immer ein wenig Angst eingejagt.
    »Die Reise hierher war sehr beschwerlich«, ergriff jetzt Henriette Hansen das Wort. »Zweimal ist unsere Kutsche umgekippt, weil die Wege so schlecht waren. Ein schreckliches Geholpere! Noch dazu hat der Kutscher ständig aus seiner Schnapsflasche getrunken. Morgen fahren wir nach Dresden weiter. Wenn wir wieder zu Hause sind, setze ich erst mal keinen Fuß mehr vor die Tür. Ich hätte nie gedacht, dass Reisen so beschwerlich ist!«, nörgelte sie. Ihre Stimme klang gepresst.
    »So schlimm war es nun auch wieder nicht, Henriette! Wir haben unterwegs viele interessante Dinge entdeckt und eine ganze Reihe neuer Geschäftsideen entwickelt, vergiss das nicht! Es ist immer schön zu sehen, wie es in der Fremde ist«, wandte
sich Per Hansen nun begeistert an Friederike. »Ich bin nach der Lehre im Kontor meines Vaters fünf Jahre lang herumgereist. Ich habe in Amsterdam, London, Danzig, Basel, Frankfurt, Mailand und Turin mit unseren Geschäftspartnern gearbeitet. Reisen bildet ungemein. In dieser Zeit habe ich äußerst viel gelernt.«
    »Das glaube ich gern.« Friederike war aufrichtig beeindruckt, auch wenn sie noch immer fand, dass ihr Gegenüber in seiner schlaffen Haltung an eine freundliche Made erinnerte.
    Inzwischen waren die Musiker eingetroffen. Ein Streichquartett und ein Flötist spielten heitere Stücke von Telemann und Vivaldi. Am liebsten hätte Constanze Simons ihren Gästen auch einmal die Flötenkonzerte von Friedrich dem Großen geboten, die man in Potsdam jetzt immer aufführte, aber leider ließ der preußische König nicht zu, dass seine Kompositionen veröffentlicht wurden.
    Friederike ließ sich auf das Gespräch mit Per Hansen ein, der eine Geschichte nach der anderen zu erzählen wusste, sich allerdings mit keinem Wort nach ihren Interessen erkundigte. Sie war nicht unglücklich, als die Mutter ihre Gäste schließlich zum Souper rief. Das Esszimmer war ganz in Weiß und Gold gehalten. Cremefarbene Damasttischtücher bedeckten bis zum Boden die in einer Reihe aufgestellten langen Tische, die mit edlem Porzellan, böhmischen Gläsern und silbernem Besteck eingedeckt waren. Der schmückende Tischaufsatz stellte die Götter des Olymps dar. Zum Essen sollte es ein Flusskrebssüppchen, Wachteleier mit Salat und französisches Weißbrot geben. Wahlweise wurden Rehrücken oder Rebhuhn an Petersilienwurzelpüree und Pilzragout angeboten. Den krönenden Abschluss würde ein Dessert aus verschiedenen hausgemachten Eissorten mit Waldbeerenkompott bilden. Dazu wurden leichte ungarische Weine gereicht.
    Friederike saß zwischen Per Hansen und Wilhelm Schadt, einem Weinbauern mittleren Alters, der eine beträchtliche Leibesfülle aufwies. Er kam aus dem Rheingau, fuhr regelmäßig
zur Messe nach Leipzig und traf in Meißen befreundete Kollegen. Vis-à-vis von ihnen hatten Charlotte, Georg und Caspar Ebersberg Platz genommen. Seiner Miene zufolge lauschte Georg Charlottes Geplapper mit höchster Aufmerksamkeit. Caspar versuchte vergeblich, sich in das Gespräch der beiden einzumischen.
    Am unteren Ende des Tisches residierte Constanze Simons. Zu ihrer Rechten war Apotheker Schmiedebauer platziert, der in seinem Labor zusammen mit seiner Frau alchemistische Experimente durchzuführen pflegte. Die beiden waren ruhige, ernsthafte Menschen, deren ehrgeiziges Ziel in der Herstellung von Gold bestand, wie sie Friederike in einer schwachen Stunde anvertraut hatten. Nach außen hin wurden in ihrem Labor jedoch vor allem Arzneien und Drogerieartikel hergestellt. Besonders hervorgetan hatten sich die Schmiedebauers mit neuartigen Mitteln gegen Gicht und Warzen. Am besten verkaufte sich allerdings ein Fleckentferner.
    Lisbeth Schmiedebauer saß ihrem Mann
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