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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin
Autoren: Helena Marten
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fett. So etwas wie das Schwanenservice sollen die Franzosen uns erst mal nachmachen! Die Formen sind wichtig! Und natürlich die Kunst der Malerei.«
    »Und was machen wir, wenn unsere Kunden irgendwann andere Formen wünschen?«, fragte Helbig missmutig zurück. »Die Mode wird sich ändern, das spüren wir ja jetzt schon, aber das ist erst der Anfang. Von den Schnörkeln und Verzierungen wird man früher oder später völlig ablassen. Eine ganz neue Mode hält Einzug, das ist bereits abzusehen. Damit muss Kaendler erst mal zurechtkommen! Außerdem liegen erhebliche Nachteile darin, dass unsere beiden besten Leute sich nicht ausstehen können: Sie arbeiten gegeneinander, verstehen Sie, nicht miteinander!«
    Friederike hörte mit einem Ohr, wie der Professor am anderen Tischende mal wieder von seiner Korrespondenz mit der Marquise du Châtelet erzählte, der im vergangenen Jahr verstorbenen Geliebten Voltaires. Bis auf den Wasserbauingenieur kannten alle Anwesenden die Geschichten bereits. Immer, wenn Professor Mehler einen Brief der Marquise erhalten hatte, war er im Salon von Constanze Simons verlesen worden, damit an den intelligenten Ausführungen Madame du Châtelets auch seine sämtlichen Bekannten hatten teilhaben können.
    »Den ganzen Tag saß sie an ihrem Schreibtisch und übersetzte Newton ins Französische. Ein hochinteressantes Werk, diese ›Principia Mathematica‹« - der Professor sandte einen bedeutungsschweren Blick zum Wasserbauingenieur hinüber -, »und abends führten sie für Monsieur Voltaire ein Theaterstück auf, damit ihm nicht langweilig wurde. Er ist ja immer irgendwo im Exil und kann nicht an den Hof, da wird ihm leicht fad ums Gemüt.«
    »Zur Zeit weilt er in Potsdam bei König Friedrich - dort wird er sich bestimmt nicht langweilen«, seufzte Constanze Simons sehnsüchtig.

    Friederike seufzte ebenfalls, allerdings nur innerlich. Sie fühlte sich ganz und gar nicht in Bestform an diesem Abend. Die Auseinandersetzung mit Georg hatte sie doch stärker in Bedrängnis gebracht, als sie zunächst hatte wahrhaben wollen. Sie mochte ihren Bruder, egal wie sehr sie sich immer wieder mit ihm zankte, und konnte es gar nicht gut haben, im Unfrieden mit ihm zu sein. Abgesehen davon gaben ihr Helbigs düstere Ausführungen sehr zu denken; sie wusste nicht, was sie von seiner Lagebeschreibung halten sollte, da sie zu wenig Einblick in die Meißener Porzellanmanufaktur hatte und nicht einschätzen konnte, ob die Zustände wirklich so dramatisch waren, wie ihr aufgebrachter Direktor sie eben erst geschildert hatte. Ein wenig hatte sie Helbig im Verdacht, dass er sich nur interessant machen wollte. Andererseits war die Tatsache, dass in allen möglichen kleinen Fürstentümern und auch im benachbarten Ausland ständig neue Fabriken gegründet wurden, wohl wirklich nicht auf die leichte Schulter zu nehmen …
    Gerade wollte sie sich pflichtbewusst ihrem Tischnachbarn Per Hansen zuwenden, als Wilhelm Schadt neben ihr unversehens das Wort an den Hamburger richtete. Er war viel gereist und schien sich sehr für Politik zu interessieren.
    »Was denken Sie, Herr Hansen«, fragte der Weinbauer, »wann werden wir endlich diese Vielstaaterei hinter uns lassen und eine vereinte deutsche Nation gründen können?«
    Er verlieh seinen Worten erstaunlich viel Leidenschaft und Pathos, und für jedermann wurde erkennbar, dass er sich schon länger mit dem Sachverhalt beschäftigt hatte. Ihm konnte es mit der Abschaffung der vielen kleinen Fürstentümer offensichtlich gar nicht schnell genug gehen.
    »Uns Kaufleuten ist es nur recht, wenn es keine Zollschranken mehr gibt. Das kostet uns nur Geld und verzögert die Lieferungen«, war die prompte Reaktion von Per Hansen.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Friederike, wie Caspar, Georg und Charlotte sich miteinander unterhielten, während die
kleine Sophie andächtig von einem zum anderen blickte. Sie sprachen so leise, dass Friederike kein Wort verstand. Nur ihr ständiges Lachen verriet, dass sie sich blendend amüsierten. Obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, Caspar gar nicht zu beachten, bewirkte irgendetwas in ihrem Inneren, dass sie ihn ansehen musste. Einen Moment lang trafen sich ihre Blicke. Schnell sah sie wieder weg und tat erneut, als hörte sie Per Hansen und Wilhelm Schadt bei ihrer immer angeregter werdenden Diskussion zu.
    Später beim Mokka im Grünen Salon, als sie von einer Gruppe zur anderen schlenderte, bemüht, ihre töchterlichen
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