Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche

Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche

Titel: Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche
Autoren: Josef Carl Grund
Vom Netzwerk:
unabsichtlich in die Knochengrube hinuntergepurzelt. Es war scheußlich.“
    „Psst!“ warnte Aki, und Hans-Heinrich hielt den Mund.
    Abermals wirbelte der Häuptling sein Krummholz um sich herum, genoß die Bewunderung der Sippe und sprach dann weiter: „Daß die Geister der Gewesenen uns verlassen haben und nie mehr zurückkehren werden, haben sie uns deutlich gezeigt.“
    „Da bin ich aber neugierig“, flüsterte Roswitha ihrem Bruder zu.
    Hans-Heinrich nickte. „Ich auch.“
    „Psst!“ warnte Ika und legte den Finger an die Lippen.
    Die Pollinger-Kinder sagten nichts mehr. „Die Geister der Gewesenen haben das Tier mit der langen Nase gegen einen Baum rennen und einen seiner Zähne verlieren lassen“, fuhr der Häuptling fort. „Das ist das Zeichen, daß sie befreit in ferne Welten verschwinden und uns kein Unheil mehr bringen werden.“
    Die Sippe johlte begeistert.
    „Mensch Meier“, murmelten die Pollinger-Kinder verblüfft.
    Aber es kam noch besser. Der Häuptling strich zunächst Hans-Heinrich, dann Roswitha mit dem Zeigefinger, den er mit Spucke angefeuchtet hatte, über die Nase. Das mußte eine ganz besondere Auszeichnung sein, denn die Sippe stand plötzlich sehr ehrfürchtig da. Sogar Aki und Ika machten feierliche Gesichter.
    „Unser besonderer Dank“, sagte der Häuptling zu den Pollinger-Kindern, „gebührt euch, weil ihr Aki und Ika gerettet habt.“
    „Wi-wie bitte?“ stotterte Hans-Heinrich.
    Der Häuptling nickte ihm zu. „Du hast Aki aus der Höhle der Gewesenen befreit“, erklärte er mit erhobener Stimme. „Ohne deine mächtige Hilfe hätten die Geister ihn zu einem Gewesenen gemacht.“
    „Aber nein“, widersprach Hans-Heinrich. „Es war ganz anders.“
    „Sag nichts dagegen“, flüsterte Aki ihm zu. „Außerdem stimmt es.“
    Hans-Heinrich zuckte die Achseln und schwieg.
    Der Häuptling wandte sich an Roswitha. „Du hast Ika vor dem rasenden Mammut gerettet und das Untier auf den Wächter geleitet. Ika hätte einen Sturz in die Dornen nicht so glimpflich überstanden wie er.“ Roswitha schüttelte den Kopf. „Nicht wir haben Ika und Aki geholfen, sondern sie wollten uns retten — und zwar vor euch.“
    „Aber nein“, behauptete Ika.
    „Nein!“ riefen die anderen.
    Der Häuptling schwenkte seinen Krummprügel und meinte schmunzelnd: „Ich weiß Bescheid. Aki und Ika entfernten sich wieder einmal sehr weit von unserer Höhle. Das ist verboten, weil Kinder sich leicht verlaufen. Und obwohl ihr gefangen wart, habt ihr mit euren Zauberaugen gesehen, wohin Aki und Ika sich verirrten. Da habt ihr den Wächtern geholfen, die Ausreißer aufzuspüren und sicher zurückzubringen. Das haben die Wächter mir berichtet.“
    „Ach so“, murmelten die Pollinger-Kinder, und bei sich dachten sie: Die Wächter sind Schlitzohren. Sie haben die Geschichte umgedreht, damit der Häuptling ihnen wegen unserer Flucht nicht die Ohren langzieht. Diese Schwindler!
    „Wir werden nicht länger versuchen, euch zurückzuhalten“, sagte der Häuptling weiter zu den Pollinger-Kindern. „Ihr habt uns gezeigt, daß wir dazu nicht imstande sind. Aber denkt an uns, wenn ihr in eure große Welt zurückgekehrt seid. Beschützt uns dann mit mächtigem Zauber auch aus der Ferne. Darum bitten wir euch.“
    „Chä“, murmelte die Sippe, „chä, chä.“ Der Häuptling deutete auf den Stoßzahn, den das Mammut verloren hatte. „Wir werden eure Taten einritzen“, versprach er, „damit euer Andenken auch dann noch erhalten bleibt, wenn wir alle Gewesene sein werden.“
    „Chä“, murmelte die Sippe.
    „Da-danke“, stotterten Hans-Heinrich und Roswitha gerührt.
    „Dürfen wir euch einen Wunsch erfüllen, bevor ihr uns verlaßt?“ erkundigte sich der Häuptling.
    „O ja“, antwortete Roswitha. „Bestraft bitte Ika und Aki nicht, weil sie — davongelaufen sind. Sie sind nämlich unsere ganz besonderen Freunde geworden.“
    „Jawohl“, bestätigte Hans-Heinrich.
    „Danke schön“, flüsterten die zwei kleinen Neandertaler.
    „ Eure ganz besonderen Freunde sind auch unsere ganz besonderen Freunde“, sagte der Häuptling feierlich, und wieder stimmten ihm die anderen zu. Aki und Ika strahlten.
    „Jetzt wird’s aber Zeit“, sagte Hans-Heinrich zu Roswitha. „Zum Abendessen gibt’s Mohnkuchen von Tante Kiki.“
    „Mit Sahne“, stöhnte Roswitha und verdrehte genußvoll die Augen.
    Das war der Abschied.
    Die Pollinger-Kinder und die Neandertaler sagten einander Lebewohl und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher