Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche

Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche

Titel: Die Pollinger-Kinder und die Knüppelknilche
Autoren: Josef Carl Grund
Vom Netzwerk:
Der Bumerang
     
    Wie war Onkel Adalbert bloß auf den Gedanken gekommen, den Krause-Zwillingen so seltsame Geschenke mitzubringen: der Nichte Brigitte einen Stickrahmen mit Leinwand und farbigem Garn, dem Neffen Herbert einen Bumerang?
    Ganz einfach: Stickrahmen und Bumerang waren seit langem Ladenhüter im Spielwarengeschäft Leberzammer gewesen und Onkel Adalbert hatte sie um die Hälfte des ursprünglichen Preises gekauft.
    Das sagte er den Zwillingen natürlich nicht. „Zu eurem neuneinhalbten Geburtstag“, scherzte er nur.
    „Danke“, sagten Herbert und Brigitte und schwirrten mit den Geschenken ab. Draußen, vor der Fahrstuhltür im fünfzehnten Stock des Hochhauses, blieben sie stehen und schnitten Grimassen.
    „So was Doofes“, murrte Brigitte und meinte das Stickzeug.
    „So was Blödes“, knurrte Herbert und meinte den Bumerang.
    „Du bist viel besser dran als ich“, sagte Brigitte neidisch. „Du kannst deinen krummen Prügel wenigstens draußen durch die Luft schmeißen. — Aber ich?“ Sie stampfte mit dem Fuß auf. „Ich soll daheim sitzen und langweilige Muster in blödsinnige Leinwand sticken!“
    „Bumerangschmeißen ist genauso Quatsch“, sagte Herbert. „Ein Fußball wär mir lieber. Außerdem kann ich den doofen Bumerang nicht einmal wegwerfen.“
    „Warum nicht?“ fragte Brigitte.
    „Weil er immer wieder zurückkommt“, erklärte Herbert. „Das hab ich im Fernsehen gesehen. Da haben australische Buschmänner mit Bumerangs geschmissen, und die Bumerangs sind fortgeflogen, haben in der Luft Schleifen gemacht und sind zu den Werfern zurückgekommen. Das macht keinen Spaß.“
    „Nee“, gab Brigitte zu, „das ist was für kleine Kinder.“ Sie überlegte kurz, dann meinte sie: „Wir könnten die Geschenke kaputtmachen. Sie gehen bestimmt kaputt, wenn wir ganz fest drauftreten.“
    „Und wenn Vati, Mutti oder Onkel Adalbert danach fragen?“ wandte Herbert ein.
    Brigitte grinste. „Dann sagen wir, daß das Zeug aus schlechtem Material gewesen ist und nicht einmal ein bißchen Druck ausgehalten hat. Da fragen sie bestimmt nicht weiter, weil alle wissen, daß Onkel Adalbert nur die allerbilligsten Sonderangebote kauft. Die taugen nie etwas.“
    „Da hast du recht“, gab Herbert zu. Und schon legte er den Bumerang auf die Steinfliesen des Treppenhauses.
    Brigitte legte den Stickrahmen daneben. „Ich zähle bis drei“, sagte Herbert. „Dann trampeln wir, okay?“
    Brigitte nickte.
    „Eins“, zählte Herbert, „zwei…“
    In diesem Augenblick kamen Hans-Heinrich und Roswitha Pollinger aus dem sechzehnten Stock die Treppe heruntergesaust, „Wir möchten zu euch!“ riefen sie schon von weitem.
    Die Krause-Zwillinge trampelten nicht. Bumerang und Stickrahmen blieben fürs erste heil.
    Da waren die Pollinger-Kinder auch schon da. Sie versteckten die Hände auf dem Rücken, und Roswitha sagte: „Ratet mal, was wir haben.“
    „Einen Elefanten und ein Klavier“, unkte Herbert.
    „Zeigt’s schon her“, sagte Brigitte. „Was Großartiges wird’s ja nicht sein.“
    „Meines schon“, behauptete Hans-Heinrich.
    „Meines auch“, sagte Roswitha.
    Die Pollinger-Kinder machten feierliche Gesichter dazu.
    Die Zwillinge wurden neugierig. Sie reckten die Hälse, beugten sich vor und sprangen dann blitzschnell zur Seite, um zu sehen, was Hans-Heinrich und Roswitha hinter dem Rücken verbargen.
    Ebenso rasch drehten sich die Pollinger-Kinder um, und die Zwillinge guckten ihnen wieder ins Gesicht.
    „Na schön“, sagte Herbert gespielt gleichgültig, „dann warte ich eben, bis ihr’s von alleine zeigt. Ich hab Zeit.“ Er setzte sich auf eine Treppenstufe, schlug ein Bein über das andere und pfiff die Melodie eines Weihnachtsliedes vor sich hin, weil es Ende Juli war und die großen Ferien begonnen hatten.
    „Ich hab auch Zeit“, spöttelte Brigitte. „Meinetwegen könnt ihr die Pfoten auf dem Hintern behalten, bis sie anwachsen.“ Sie setzte sich neben ihren Bruder, steckte einen Kaugummi in den Mund, blickte scheinbar gelangweilt nach oben, blies einen Gummiballon durch die Lippen und ließ ihn gekonnt zerplatzen.
    „Ihr seid Spielverderber“, nörgelte Hans-Heinrich.
    „Und Ekel“, setzte Roswitha hinzu.
    „Warum?“ fragten die Zwillinge unschuldig.
    „Weil ihr nicht ratet“, maulte Hans-Heinrich.
    „Und weil es spannend sein muß, bevor wir tauschen“, sagte Roswitha.
    „Tauschen?!“ riefen die Krause-Zwillinge und sprangen auf.
    „Was denn sonst?“
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher