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1815 - Die Wiege des Teufels

1815 - Die Wiege des Teufels

Titel: 1815 - Die Wiege des Teufels
Autoren: Jason Dark
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Der Kunde nickte und stellte trotzdem eine Frage. »Und was meinen Sie damit?«
    »Kann ich Ihnen sagen. Oder wir machen daraus ein kleines Ratespiel. Wofür gibt es Wiegen?«
    »Ganz einfach. Für Kinder.«
    »Sehr richtig, für Kinder. Und auch in dieser Wiege hat schon ein Kind gelegen. Oder haben Kinder gelegen. Es waren besondere Kinder. Und zwar die des Satans.«
    Der Kunde war nicht überrascht. Er lächelte sogar, als er fragte: »Und was ist aus den Kindern geworden?«
    »Oh, das ist ganz einfach. Sie wurden erwachsen. Aber sie haben wohl nie vergessen, woher sie gekommen sind. Ja, das darf man eben nicht vergessen.«
    »Mehr wissen Sie nicht?«
    »Warum?«
    »Ich meine nur«, sagte der Kunde, der sich im Laden des alten Mannes umschaute.
    Es war ein Antiquitätengeschäft. Oder ein Antikladen, hätte man auch sagen können. Wer als Kunde hierher kam, der konnte alles Mögliche an Kram kaufen, denn es wurde fast alles angeboten. Vom kleinen Ring bis zum großen Schrank.
    Besitzer und Kunde waren allein. Draußen war es längst dunkel geworden.
    Ein grauer Tag war übergegangen in eine graue Nacht, die ein schmutziges Dunkel beinhaltete. Irgendwo bellte ein Hund. Es klang sehr weit entfernt.
    Der Kunde schaute auf die Wiege. Sie konnte zu den Seiten hin geschwungen werden. Sie bestand aus Holz, und am Kopfende hatte sie einen Sichtschutz, der wie ein Zelt aussah. Er bestand aus einem dunklen Tuch.
    »Nun, was sagen Sie, Mister?«
    Der Kunde schaute in die Wiege hinein. Er beugte sich sogar nach vorn, um besser sehen zu können. Darin lag niemand, und doch schien er fasziniert zu sein, sonst hätte er nicht so lange gestarrt.
    »Ja, sie ist einmalig«, kommentierte er. »Sie ist wirklich ungewöhnlich. Das muss ich schon sagen.«
    »Das freut mich.«
    Der Kunde richtete sich wieder auf. »Ich werde sie kaufen«, sagte er, »ja, das werde ich.«
    »Wie schön.« Der Händler schien aufzuatmen, dass er jemanden gefunden hatte, der dieses Teil kaufte. »Dann kann ich Ihnen dazu nur gratulieren. Das meine ich ehrlich.«
    »Danke.« Der Kunde rieb mit seinen Handflächen am Stoff des Mantels entlang. »Wie viel soll sie denn kosten?«
    Der Händler winkte ab. »Ach, wissen Sie, ich habe mir noch keine Gedanken über den Preis gemacht. Das sollten Sie am besten tun.«
    »Wie – wie – meinen Sie das?«
    »Ja, sagen Sie was.«
    »Einen Preis?«
    »Ja. Was ist sie Ihnen wert?«
    Der Kunde überlegte. Er griff an seine Hutkrempe und schob die Kopfbedeckung etwas zurück. Dadurch war sein Gesicht besser zu sehen und auch das Lächeln auf seinen Lippen. Es sah nicht echt aus, aber es passte zu den scharf geschnittenen Gesichtszügen.
    »Die Wiege ist mir schon etwas wert«, erklärte er.
    »Wunderbar, und wie viel?«
    »Ein Leben!«
    Der Händler sagte zunächst mal nichts. Er schluckte nur. In seinem Kopf hatte sich etwas festgesetzt, aber er wusste nicht genau, was es war. Er hatte etwas gehört, aber er brachte es nur schwerlich mit etwas Bestimmtem in einen Zusammenhang.
    »Haben Sie das gehört?«, fragte der Kunde.
    »Ja.«
    »Und was sagen Sie dazu?«
    Der Händler kicherte verlegen. »Ich – ich weiß nicht so recht. Sie haben in Rätseln gesprochen.«
    »Dann werde ich mal konkreter werden. Ich bin gekommen, um mir die Wiege zurückzuholen.«
    »Bitte?«
    »Ja, ich bin hier, um mir die Wiege zu holen. Ich kenne sie nämlich, verstehen Sie?«
    »Nein.«
    Der Kunde verdrehte die Augen. »Meine Güte, so dumm kann man doch gar nicht sein. Ich habe mal darin gelegen, klar?«
    »Als Kind?«
    »Ja.«
    »Und weiter?«
    Der Kunde schüttelte den Kopf. »Jetzt bin ich hier, um sie mir zurückzuholen. Ich habe mich wieder an sie erinnert, und jetzt bin ich da, denn ich möchte nicht, dass sie in falsche Hände gerät. Ich werde bei ihr eine Pflicht erfüllen.«
    »Pflicht, sagen Sie?«
    »Ja.«
    »Und wie sieht die aus?«
    Da lachte der Kunde, als hätte er einen Witz gehört. »Die Pflicht sieht so aus, dass ich nur so wenig Mitwisser wie möglich haben möchte. Das ist alles.«
    »Ja, ja, und was bin ich dann?«
    »Auch ein Mitwisser.«
    Der Händler wollte erst nicken, weil er die Antwort wie nebenbei gehört hatte. Dann aber stutzte er, ging einen kleinen Schritt zurück und schüttelte den Kopf.
    »Nein, oder …?«
    »Doch. Sie haben richtig gedacht, wenn ich Sie mir so anschaue. Sie sind nicht nur ein Mitwisser, sondern der Mitwisser. Der einzige Mensch, der zu viel weiß. Und genau das kann ich nicht zulassen.
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