Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
Autoren: Rolf D. Sabel
Vom Netzwerk:
Blümchen in die Hand.
    »Für Ihre Mühe. Dürfen wir reinkommen? Das ist übrigens Dr. Wiegand, ein Nachbar von Frank.«
    »Ja, Kindchen, natürlich, kommen Se rin.«
    Frau Emmerich führte sie in das kleine Wohnzimmer, das von dem großen künstlichen Tannenbaum in der Mitte fast erschlagen wurde.
    »Sehr hübsch«, murmelte Hellinger und berührte sichtlich angewidert einen der Kunststoffzweige.
    »Ja, finden Sie?« Das scheinbare Kompliment erfreute die alte Dame.
    In Anbetracht eines Akademikers wie Dr. Wiegand bemühte sich die gute Frau um reines Hochdeutsch, was ihr sichtlich schwer fiel.
    »Wir wollten die Tüte abholen, Frau Emmerich, Sie wissen schon, das Geschenk für Frank.«
    »Geschenk. Für Frank. Ja. Natürlich. Wollt ihr euch nit setze. Kann ich üch, ich meine Ihnen, nix zu trinke anbiete?«
    Conny lachte ihr silberhelles Lachen. »Danke, Frau Emmerich. Wir wollen Ihnen auch keine Umstände machen.«
    »Sin kin Umstände«, murmelte die Frau voller Verzweiflung. Sie griff nach dem kleinen Schnapsgläschen und leerte den Rest in einem Zug, was ihre Besucher mit Verwunderung registrierten.
    »Da jeh ich mal die Tüte holen, ne?«
    Sie schlurfte aus dem Zimmer, um nach kurzer Zeit zurückzukommen, in der Hand die bewusste Tüte. Schwer atmend legte sie sie auf den Tisch. Conny blickte sie besorgt an.
    »Geht es Ihnen nicht gut, Frau Emmerich?«
    Doch die winkte ab. »Is schon jut.«
    Hellinger griff nach der Tüte und blickte hinein. Sein Gesicht wurde erst blass, dann rot.
    »Da ... da ist nur eine Rolle drin!«
    Hastig riss Conny die Tüte an sich. »Tatsächlich, aber das kann nicht sein. Als ich sie Ihnen brachte, Frau Emmerich, da waren zwei von diesen Rollen drin. Ist vielleicht eine von ihnen ... herausgefallen?«
    Der armen Frau Emmerich standen Tränen in ihren Augen.
    »Ja, Kindchen, dat is esu ...«
    Und dann folgte wohl die schlimmste aller Beichten, die die gute Frau in ihrem Leben abgelegt hatte.
    Nachdem sie ihre Beichte beendet hatte, herrschte lange Zeit völliges Schweigen in dem kleinen Zimmer. Konsterniert blickten sich die Gäste an. Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Da war möglicherweise eine der größten archäologischen Sensationen durch die Neugier einer alten Frau vernichtet worden.
    Dr. Wiegand nahm als Erster das Wort.
    »Das ist nun nicht mehr zu ändern. Und wenn auch der Schaden, der hier entstanden ist, unermesslich sein dürfte, dann ist es doch kein Grund ...«
    Er stockte und fand einfach keine Worte mehr.
    Hellinger stand auf und ging zum Fenster. Er war relativ gelassen. Jetzt, nachdem alle Welt von den Rollen wusste, musste er siesowieso abgeben, und zwar ohne Belohnung. Zehntausend Euro hatte er schon, die konnte ihm keiner nehmen. Conny Baumeister hatte Frau Emmerich in den Arm genommen und versuchte sie zu trösten, denn jetzt flossen dicke Tränen. Eine Zeit lang saßen sie noch so beisammen, ohne zu sprechen. Dann verabschiedete man sich.

    ***

    Kaum mehr als zwei Kilometer vom Ort dieses kleinen Dramas entfernt, in einer komfortablen Wohnung in der Innenstadt, saßen sich zwei Brüder gegenüber und starrten sich an. Diverse Flaschen auf dem Tisch zeigten, dass sie dem Alkohol ordentlich zugesprochen hatten. Ähnlich in Gestalt und Gesicht, hatten sie doch festgestellt, dass sich ihre Herzen voneinander entfernt hatten. Zuerst hatten sie noch von der gemeinsamen Jugend geschwärmt und über Freunde der Kinderzeit gesprochen, da hatte das Gemeinsame noch verbunden. Aber nachdem sich Kardinal Sarrafini des einen Bruders angenommen hatte, war die Entwicklung beider Brüder höchst unterschiedlich verlaufen. Henry gab unumwunden zu, dass er in höchstem Maße kriminell geworden war. Nach den kleineren Diebstählen und Raubüberfällen der Jugendzeit waren die härteren Dinge gekommen. Vielleicht war es der Bürgerkrieg, der so lange und blutig auf dem Balkan getobt hatte, der Henry so verändert hatte.
    »Der Krieg ist so«, meinte Henry lakonisch, »zuerst tö... tötest du einen, dann den zweiten. Zuerst hast du noch Skrupel, dann bist du stolz. Dann hast du be... begriffen, dass es Feinde sind, die da auf der anderen Seite stehen. Tötest du sie nicht, töten sie dich. So einfach ist das! So was hast du bei deinem Pfa... Pfaffen natürlich nicht gelernt.«
    Boris zog die Augenbrauen verärgert zusammen.
    »Sprich nicht so von einem heiligen Mann!«
    »Heilig?« Henry lachte laut auf. »Hat er dich nicht beauftragt, die Ro... Rollen zu suchen? Und hast
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher