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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
Autoren: Rolf D. Sabel
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du nicht in seinem Auftrag die Leute in Rodenkirchen zerlegt?«
    »Er hat nichts damit zu tun, gar nichts. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich habe gesündigt. Mag der Herr mir verzeihen.«
    Henry spuckte verächtlich auf den teuren Teppich seines Appartements.
    »Bruder, wie dumm bist du denn? Du bist nur ein Werkzeug, ein dummer La... Lakai von diesem ... diesem verdammten Pfaffen.«
    Boris überging diese erneute Beleidigung.
    »Ich werde nach Rom gehen und mich stellen. Und das solltest du auch tun. Auch du hast gemordet! Wir müssen unseren Frieden machen. Mit uns und mit dem Herrn! Und die beiden Rollen, die ich noch habe, wird der Vatikan bekommen, ihm stehen sie zu!«
    Henry hatte gerade nach seinem Wodkaglas gegriffen. Das stellte er nun krachend auf die Tischplatte. Ein gefährliches Glitzern drang in seine Augen.
    »Du musst von Sinnen sein, Bruder. Die Rollen bedeuten Geld, bares Geld. Wo hast du sie?«
    Boris schüttelte den Kopf. »Die befinden sich bereits auf dem Postweg nach Rom. Niemand wird sie aufhalten, dort gehören sie hin. Stell dich, Bruder! Mach Schluss, bevor es zu spät ist!«
    Aber im gleichen Augenblick war ihm klar, dass es schon längst zu spät war.
    Henry war aufgesprungen und ging zornig auf und ab.
    »Nie würde ich das tun. Und du wirst es auch nicht tun. Du würdest mich mit hereinreißen, du ... Dummkopf.«
    Speichel spritzte aus seinem Mund, das narbige Gesicht war hasserfüllt, als er seinen Bruder voller Verachtung anstarrte. Entsetzt bemerkte Boris den Hass und die Verachtung in den Augen seines Bruders. Er stand auf. Er hatte sich entschieden. Hier hatte er nichts mehr zu suchen.
    »Boris, bleib hier!«
    In scharfem Kommandoton herrschte Henry seinen Bruder an. Doch der schüttelte den Kopf.
    »Zu spät, Bruder. Ich muss tun, was ich tun muss!«
    »Boriiiis!!«
    Wie von Zauberhand lag eine 44er-Magnum in Henrys Hand, auf dem Lauf war ein Schalldämpfer aufgeschraubt. Boris sah die Waffe und schüttelte den Kopf. Er wandte sich der Tür zu.
    Henry dachte keinen Augenblick nach. Er drückte zweimal ab.

XXXXXI.
     
    Ich blieb noch drei Jahre in diesem schrecklichen Land, das mir zum Schicksal wurde. Doch war es nicht jenes Urteil, das meiner Laufbahn ein abruptes Ende bescheren sollte, sondern die Tatsache, dass ich etwas zu hart – jedenfalls meinte man das anderenorts – gegen die unbotmäßigen Samariter im Norden meiner Provinz vorging. Diese hatten sich gegen uns erhoben und bedrohten unsere Truppen. Freilich ließ ich zur Abschreckung einige ihrer Vornehmsten hinrichten, doch tat ich dies nur, um wieder Ruhe und Ordnung in der Provinz herzustellen. Ihr Hoher Rat aber schickte eine Gesandtschaft zu Vitellius, dem Statthalter von Syrien, und klagte mich an. Und tatsächlich ließ sich Vitellius von ihren Worten verleiten, schickte den mit ihm befreundeten Marcellus zu meiner Ablösung und befahl mir, mich sofort nach Rom zu begeben, um mich dort zu verantworten. Nach zehnjähriger ordnungsgemäßer Pflichterfüllung eine solche Schmach!
    So bestieg ich im Sommer des Jahres 789 a.u.c. einen Segler, der mich nach Rom bringen sollte, und ließ doch mein Herz und mein Weib im fremden Land zurück.
    Was würde mich in Rom erwarten? Wie würde mich Tiberius empfangen? Ich sollte es nie erfahren! Der Kaiser habe keine Zeit, hieß es, er führe von Capri aus die Staatsgeschäfte und sei zu beschäftigt. So begab ich mich in mein Haus und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Mehr als ein halbes Jahr verbrachte ich so, in Ungeduld und nicht ohne Angst. Ich merkte, dass man den Umgang mit mir mied, ich war in Ungnade gefallen, meine einstigen Schutzherrn wie Seianus längst tot und dem Vergessen anheim gefallen. Immer noch hatte der Kaiser keine Zeit, oder hatte er mich längst vergessen?
    Dann, kurz nach den Iden des Jahres 790, erreichte eine Meldung Rom, die einschlug wie das Geschoss eines Katapultes: Tiberius war tot, Gaius Cäsar, den alle Welt – wenn er selbst nicht dabei war – Caligula nannte, trat seine Nachfolge an. Was bedeutete das für mich?
    Der neue Kaiser war ein junger Mann, zählte gerade 24 anni, stammte wie sein Vorgänger aus dem edlen julisch-claudischen Geschlecht. Seine Mutter war die von Tiberius verbannte Agrippina, sein Vater der von aller Welt vergötterte Germanicus. Bei ihm wollte ich mein Recht finden, so hoffte ich.
    Doch der neue Kaiser hatte so wenig Zeit wie der alte und mochte mich nicht anhören. Die Götter mögen wissen,
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