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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
Autoren: Rolf D. Sabel
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den Trugreden der Juden glauben zu müssen.
Mögen die Götter dich schützen, edler Cäsar!

    Pontius Pilatus, Praefectus Iudaeae

XXXXX.
     
    Langsam drehte sich Boris Stencovich herum. Zuerst glaubte er nicht, was er sah. Der Mann vor ihm sah aus wie sein Spiegelbild. Ganz allmählich dämmerten Erinnerungen aus seiner Jugendzeit herauf, Bilder, Menschen, Situationen.
    »Hen... Henry?«
    Sein Gegenüber grinste.
    »Du ha... hast es erfasst, lieber Bruder. Aber jetzt ist keine Zeit. Die Bullen!«
    Das waren die Worte seiner Heimat, die an sein Ohr drangen. Er war wie vor den Kopf geschlagen. Sein Zwillingsbruder? Den hatte er seit ... seit fast dreißig Jahren nicht mehr gesehen. Wie kam der hierher?
    Die Sirenen waren näher gekommen, die Polizei musste in unmittelbarer Nähe sein.
    »Komm!«
    Henry packte seinen Bruder grob am Arm und zerrte ihn die Treppe hinunter.
    »Zu spät! Sie sind da!«
    Der erste Streifenwagen hielt mit quietschenden Bremsen vor der Tür. Ein Polizist und eine Polizistin sprangen heraus.
    »Wohin?«
    Boris hatte sich wieder etwas gefasst. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft.
    »Ersten Stock!«
    Im Eiltempo nahmen sie die Stufen bis zum ersten Stock. »Baumeister« stand am Türschild. Sekunden später hatte Boris den Dietrich eingeführt, ein kurzes Herumrühren, dann gab die Tür mit einem leisen Knacken nach. Gerade rechtzeitig. Unten hatte inzwischen der Summer die Tür freigegeben, und Sekunden, nachdem die beiden Brüder die Tür zum ersten Stock behutsam geschlossen hatten, stürmten zwei Beamte die Treppe herauf, wo sie von einer zitternden Frau Emmerich erwartet wurden.
    »Nicht schlecht hier. Gehört einer jun... jungen Dame? Kennst du Wohnung?«
    Boris nickte. Er atmete schwer.
    »Ich war schon einmal hier.«
    Sie flüsterten und lauschten nach draußen. Eine Weile lang geschah nichts. Dann war auch der zweite Streifenwagen eingetroffen. Wieder laute Schritte im Treppenhaus, Gesprächsfetzen drangen von oben nach unten.
    Boris lehnte mit seinem Ohr an der Tür. Dann schwärmten die Polizeibeamten aus, klingelten an jeder Tür, auch bei Baumeister. Boris legte seinen Finger auf die Lippen und verharrte wie festgewachsen. Wieder ein Klingeln.
    »Frau Baumeister? Sind Sie da? Hier ist die Polizei!«
    Noch einmal ein Schellen, ein lautes Klopfen.
    Aber Frau Baumeister war nicht da, und die, die da waren, hatten nicht vor zu öffnen. Nach einer Weile entfernten sich die Schritte. Auch bei den anderen Wohnungen hatten die Beamten geklingelt, einige hatten die Tür geöffnet, andere nicht. Jedenfalls war das ganze Haus in Aufruhr. Boris und Henry hatten sich in die Küche zurückgezogen, wo sie in aller Stille und Gelassenheit die Vorräte plünderten, vor allem die alkoholischen. Dann unterzogen sie die Wohnung einer gründlichen Untersuchung. Vielleicht waren die Rollen ja doch noch hier. Aber Lederrollen fanden sie nicht, und das wenige Geld und die paar Schmuckstücke tasteten sie nicht an.
    »Schau, Bruder!«
    Henry hatte einen schwarzen Minitanga in der Hand und wedelte damit vor der Nase seines Bruders herum.
    »Leg ihn zurück!«, war der knappe Kommentar von Boris.
    Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei. Hinter den Gardinen konnten die Männer beobachten, wie die Polizei abzog. Sie grinsten sich an.
    »Wir warten noch halbe Stunde, dann hauen wir ab!«
    Henry nickte und trank ein Wasserglas Smirnoff auf ex.

    ***

    »Wie geht es uns denn heute, Kommissar Schimanski?«
    Eine chronisch gut gelaunte Schwester öffnete an diesem Morgen die Tür zum Krankenzimmer mit dem üblichen kleinen Scherz. Sie war groß und grobknochig gebaut und hatte kurze schwarze Haare. Das Schild an ihrer Dienstkleidung wies sie als »Schwester Anne« aus. Auf den Händen trug sie ein voluminöses Tablett, das weniger nach Frühstück als nach einer Menge Tabletten und ähnlichem Zeugs aussah.
    Allenstein wandte sich ab. So ungefähr alles an ihm verursachte Schmerzen, eine noch nicht geklärte Menge seines Körpers war bandagiert.
    »Wie es Ihnen geht, weiß ich nicht. Ich fühle mich beschissen!«
    »Na na, Herr Kommissar. So schlimm ist es doch nicht. Ein Bein ist gebrochen, die Milz gequetscht, und ihr Körper sieht aus, als hätten Sie vier Runden Sparring mit Mike Tyson hinter sich, aber sonst ist doch alles in Ordnung. Sie haben Glück gehabt, mein Guter. Haben Sie schon Wasser gelassen?«
    Allenstein blickte verzweifelt zum Fenster. Er hasste es, unselbstständig und der Macht eines anderen
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