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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied
Autoren: Alison Croggon
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auf den Hinterläufen und wirkte nicht gefährlicher als ein großer Welpe. Der Barde stieg auf, hob zum Abschiedsgruß die Hand und ritt fort. Erst da fiel dem alten Mann ein, dass er sich nicht nach dessen Namen erkundigt hatte.
    Er blieb nicht, um zu beobachten, wie der Reiter in der Ferne verschwand. Seine Frau würde bereits auf ihn warten. Die Wärme der Berührung des Barden strömte noch durch seine Adern, und er summte ein altes Lied vor sich hin, während er leichtfüßig nach Hause ging. Zum ersten Mal, solange er zurückdenken konnte, regte sich Hoffnung in seinem Herzen.
    »Deinetwegen wäre der arme alte Mann fast vor Angst gestorben, Maerad«, sagte der Barde und blickte zu dem Wolf hinab.
    Das wollte ich nicht, Cadvan, antwortete das Tier in der Hohen Sprache. Dann fügte es hinzu: Er roch nach Furcht. Aber wenn er vorgehabt hätte, uns anzugreifen, hätte er sich auch gefürchtet…
    »Mag sein. Es ist schön und gut, auf der Hut zu sein, aber ich denke, wir hatten Glück, dass sein Herz nicht ausgesetzt hat.« Cadvan zuckte mit den Schultern. »Letzten Endes ist kein Schaden entstanden, hoffe ich. Dennoch bereitet mir Kopfzerbrechen, dass er den Trugbann durchschaut und sich versteckt hat. Er hätte nur eine leere Straße sehen sollen. Und er wusste, dass ich ein Barde bin.«
    Ich habe ihn gehört. Hatte er die Gabe?
    »Ein wenig davon«, erwiderte Cadvan. »Nicht die Gabe eines Barden, aber genug für ein bisschen Bardensicht. Wahrscheinlich hütet er die gesündeste Herde in der Gegend. Oder tat es jedenfalls früher, als dies noch ein bevölkerungsreiches und schönes Land war. Es schlägt mir aufs Gemüt, Maerad, jetzt hindurchzureiten.« Er seufzte und blickte nach vorn über die Hügel vor ihnen. Es war kurz nach dem Mittwintertag, und trotz des Sonnenscheins gab es noch kaum Anzeichen des Frühlings. Die Wildnis forderte das Land zurück, und dürre Sträucher und Unkraut krochen über einst von Steinwällen gesäumte Felder.
    Sie kamen rasch voran. Die Sonne erreichte den Höhepunkt ihres kurzen Tages und begann, gen Horizont zu sinken. Ab und an sahen sie ein verlassenes Bauernhaus, und einmal gelangten sie zu einem verwaisten Dorf, in dem Türen schief in den Angeln hingen und vor vielen Jahren zurückgelassene Pfannen am Rand der überwucherten Wege im Schlamm verrosteten.
    Maerad erschien die Wildnis nicht mehr so öde wie früher: Eine von Menschenhand ungebändigte Landschaft besaß ihre eigene Bedeutung. Hier jedoch war das Land weder gezähmt noch ungezähmt. Es wirkte nur aufgegeben, traurig und auch irgendwie gespenstisch. Ihr stieg der Geruch alter Hexerei in die schnuppernde Nase: Böses hatte hier gewirkt, und Böses hatte diese Menschen aus ihren Heimen vertrieben. Vielleicht verbarg es sich noch immer zwischen den verfallenden Gehöften und verwilderten Obstgärten, beobachtete, wie sie vorbeizogen, und wartete, bis die Schatten kamen und seine Macht wuchs. Bei dem Gedanken sträubte sich ihr das Rückenfell, und sie knurrte unwillkürlich. Mir gefällt es hier nicht, sagte Maerad unmittelbar in Cadvans Geist. Mir auch nicht, erwiderte Cadvan gleichfalls in der Sprache der Gedanken; seine früheren Worte waren ihm zu laut erschienen. Hier liegt Tod in der Luft. 8
    Darsor, Cadvans Pferd, schien dem beizupflichten. Wenngleich er nichts sagte, beschleunigte er die Schritte zu einem steten Kanter. Schweigend zogen sie weiter. Maerad blieb auf der Hut und fühlte sich unbehaglich. Gegen Sonnenuntergang bewölkte sich der Himmel, und vom Boden begann dichter Nebel aufzusteigen, der ihren Geruchssinn dämpfte. Dies beunruhigte sie mehr als die Dunkelheit; sie verließ sich eher auf ihre Nase als auf ihre Augen.
    Erst als es zu dunkel wurde, um weiterzureisen, hielten sie an. Cadvan fand ein dicht wachsendes Gehölz, wo sie ein Feuer mühelos mit ein wenig Magie verbergen konnten, sattelte Darsor ab und striegelte das raue Fell des Rappen. Maerad sah ihm mit leuchtenden Augen bei der Arbeit zu. Sie hatte am Vortag gefressen und war nicht hungrig, dennoch lief ihr das Wasser im Mund zusammen, als Cadvan sich eine Mahlzeit kochte und sie verspeiste. Er schaute zu ihr.
    »Du solltest dich melden, wenn du etwas willst«, meinte er.
    Maerad zeigte sich leicht beleidigt und wandte den Kopf ab. Sie würde nicht fragen; es lag an ihm, ihr etwas anzubieten. Cadvan lachte.
    »Ich schwöre dir, Maerad, du benimmst dich jeden Tag mehr wie ein echter Wolf. Ich kann nicht ständig an die
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