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Die neue Rasse

Die neue Rasse

Titel: Die neue Rasse
Autoren: Vampira VA
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verweigerte.
    Er tat, was er immer tat. Wofür er bezahlt wurde. Was sein Job war.
    Er verlängerte die Leiden der Kreatur, indem er die elektronisch geregelte Nährstoffzufuhr über die Tastatur seitlich der Scheibe kontrollierte und neu regulierte.
    Bevor er dem Blick der brüllenden Augen ein weiteres Mal begegnen konnte, wandte Mulgrew sich stöhnend ab. Mit geschlossenen Lidern lehnte er sich gegen die Mauer zwischen zwei Glasfronten.
    Manchmal träumte er davon, daß ihn von jenseits der Scheibe ein Augenpaar anstarrte, das er kannte. Und stets setzte der Alptraum sich damit fort, daß er nach Hause raste - und eines der beiden kleinen Betten neben seinem und Gladys' Schlafzimmer leer war. Weil es Nellys oder Benjis Augen gewesen waren, die er zuvor im Institut hinter der Scheibe gesehen hatte ...
    Allein die Erinnerung an den Alptraum genügte, um bittere Galle Landon Mulgrews Speiseröhre hochsteigen zu lassen.
    Er fragte sich, was geschehen würde, wenn er die Nahrungszuleitung einfach unterbrach. Wenn er dem Ding gab, wonach es stumm brüllend verlangte. Wenn er es endlich sterben ließ .
    Er stellte sich die Frage nicht zum erstenmal. Und die Antwort, die er sich gab, war auch heute dieselbe.
    Es würde nicht damit enden, daß er nur seinen Job verlor.
    Dazu wußte er zuviel. Man würde dafür sorgen, daß er es nicht erzählen konnte .
    Wie immer, wenn seine Gedanken soweit gediehen waren, sah Landon Mulgrew hinunter zu der Metalltür am jenseitigen Ende des Flurs.
    Und wie immer hoffte er im stillen, daß sich dahinter irgendwann einmal erheben mochte, was auf so widernatürliche Weise geschändet und mißbraucht wurde. Erheben gegen jene, die ihm das antaten.
    Wenn es nur nicht gerade in seiner Schicht geschah .
    *
    »Doreen, es ist - phantastisch. Obwohl ich es vor mir sehe, kann ich es kaum glauben. Und du weißt, ich habe schon eine ganze Menge unglaublicher Dinge gesehen. Ich wünschte, du könntest es mit deinem Auge sehen. Du würdest mich verstehen .«
    Dr. Selina Maddox strich mit dem rechten Zeigefinger über ihren weißen Laborkittel, zärtlich kreisend auf Höhe des Nabels. Und sie hielt nicht inne darin, die Stelle sanft wie den Kopf eines kleinen Kindes zu streicheln, als sie wie im Selbstgespräch fortfuhr:
    »Noch nie habe ich erlebt, daß sich ein Objekt so rasch entwickelt wie dieser Bursche. Er scheint in den vergangenen vierundzwanzig Stunden das Endstadium seines Reifeprozesses erreicht zu haben. Obwohl er dem Tode näher schien als dem Leben, als sie ihn vor drei Wochen zu mir brachten.
    Es ist ein Wunder. Ich weiß, Doreen, ich habe dir gegenüber schon oft von Wundern gesprochen, die ich selbst geschaffen habe. Aber dieses hier ist . anders. Bisher hatte ich für alles, was ich tat und was unter meiner Obhut geschah, eine Erklärung. Doch diesmal scheinen Dinge mitzuwirken, auf die ich keinen Einfluß habe. Es ist, als hätte dieser Prachtkerl hier einen eigenen Überlebenswillen!
    Oh, ich wünschte, ich könnte eintauchen in ihn, um ihm seine dunklen Geheimnisse zu entreißen. Aber ich darf es nicht. Sie würden sonst mit mir dasselbe tun wie mit Brescia Lords. Ich möchte aber ich selbst bleiben. Ich will wenigstens sehen, was hier vorgeht. Vielleicht bietet sich später eine Gelegenheit, es auch zu begreifen .«
    Dr. Selina Maddox' Stimme wisperte noch sekundenlang als geisterhaftes Echo zwischen den gekachelten Wänden, während sie stumm einen Blick auf den gläsernen Tank warf.
    Ihre frostblauen Augen schwammen in Zufriedenheit und Triumph.
    Doch dahinter rührte sich noch etwas anderes.
    Ehrfurcht vor werdendem Leben.
    Seit der Zeit, als Brescia Lords noch ihre Lehrerin gewesen war, hatte sie dieses Gefühl nicht mehr verspürt.
    Arme Brescia, deren Skrupel ihr die wahre Macht verwehrt hatten Dr. Selina Maddox verließ das Labor. Mit Doreen, die bei ihr war, wie immer seit dem Augenblick, da sie zu denken begonnen hatten.
    Der Finger der Wissenschaftlerin hörte nicht auf, ihren Bauch zu streicheln, sanft kreisend um den Nabel zu fahren.
    Wie von eigenem Leben beseelt.
    *
    In der Totenstille klang selbst das Zehren der Flammen an den Kerzendochten wie das Nagen einer Horde hungriger Ratten.
    Und das feuchte Knirschen, mit dem Homer seine Augzähne aus der leergesaugten Schlagader zog, dröhnte fast in seinen Ohren.
    Die Worte, obwohl nur geflüstert, ließen die alles erstickende Glocke, die der Tod über den Raum gestülpt hatte, vollends zerbrechen.
    »So hast du es also
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