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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten
Autoren: Glenn Cooper
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wäre er für sie nur eine Erinnerung geblieben.
    Alex gab gerade lauthals einige Eskapaden der Studienfrischlinge zum Besten, in denen es unter anderem um Zwillingsschwestern vom Lesley College ging – die Nacht, in der er angeblich zu seiner lebenslangen Passion für die Gynäkologie gefunden hatte –, als seine Begleiterin Will ansprach. Alex’ zusehends beschwipstere Scherze schienen ihr auf die Nerven zu gehen, und sie sah ständig zu dem rotblonden Mann hinüber, der einen Scotch nach dem anderen trank, ohne dass sich die geringste Wirkung zeigte. »Und wie sind Sie ans FBI geraten?«, fragte das Model, bevor Alex zu einer weiteren Schilderung seiner tolldreisten Abenteuer ansetzen konnte.
    »Tja, ich war im Football nicht gut genug, um Profi zu werden.«
    »Im Ernst?« Sie schien sich tatsächlich dafür zu interessieren.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Will leise. »Ich hatte nach dem Abschluss keine großen Ziele. Meine Freunde hier wussten, was sie machen wollten: Alex Medizin studieren, Zeck Jura, Mark seinen Doktor am MIT, stimmt’s?« Mark nickte. »Ich habe mich ein paar Jahre in Florida herumgetrieben, ein bisschen unterrichtet und trainiert, und dann ist bei einer Sheriff-Dienststelle da unten ein Posten frei geworden.«
    »Dein Vater war doch bei der Polizei«, erinnerte sich Zeckendorf.
    »Deputy Sheriff in Panama City.«
    »Lebt er noch?«, fragte Zeckendorfs Frau.
    »Nein, er ist schon lange tot.« Will trank einen Schluck Scotch. »Ich nehme an, es lag mir irgendwie im Blut, außerdem war’s der Weg des geringsten Widerstands, also bin ich ihn gegangen. Nach einer Weile wurde meinem Chef allerdings unwohl beim Gedanken, dass er einen Klugscheißer aus Harvard als Deputy hat, und er hat mich gezwungen, mich in Quantico zu bewerben, damit er mich loswird. Das war’s dann, und ehe ich mich’s versehe, stehe ich vor der Pensionierung.«
    »Wann hast du deine zwanzig voll?«, fragte Zeckendorf.
    »In etwas mehr als zwei Jahren.«
    »Was dann?«
    »Angeln gehen, ansonsten hab ich keine Ahnung.«
    Alex bestellte die nächste Flasche Wein. »Weißt du überhaupt, wie berühmt dieser Typ ist?«, fragte er seine Freundin.
    Sie biss an. »Nein, wie berühmt sind Sie?«
    »Gar nicht.«
    »Quatsch!«, rief Alex. »Unser Mann hier ist der erfolgreichste Serienkiller-Profiler in der Geschichte des FBI!«
    »Das stimmt überhaupt nicht«, versetzte Will.
    »Wie viele hast du im Lauf der Jahre geschnappt?«, fragte Zeckendorf.
    »Ich weiß nicht genau. Ein paar.«
    »Ein paar! Das ist so, als würde ich sagen, ich habe ein paar gynäkologische Untersuchungen gemacht«, rief Alex. »Es heißt, du bist der absolute Crack – unfehlbar.«
    »Ich glaube, du meinst den Papst.«
    »Komm schon, ich habe irgendwo gelesen, dass du jeden in knapp einer halben Minute psychologisch analysieren kannst.«
    »Bei dir brauche ich nicht so lange, mein Guter. Aber mal ernsthaft, du solltest nicht alles glauben, was du irgendwo liest.«
    Alex schubste seine Freundin an. »Glaub mir. Pass auf diesen Typ auf. Er ist ein Phänomen.«
    Will wollte lieber das Thema wechseln. Seine Berufslaufbahn hatte ein paar unerfreuliche Wendungen genommen, und er hatte keine Lust, sich mit alten Ruhmestaten auseinanderzusetzen. »Ich glaube, wir haben uns alle ziemlich gut gemacht, wenn man bedenkt, wie wir angefangen haben. Zeck ist ein großer Wirtschaftsanwalt, Alex ist Professor für Medizin, Gott steh uns bei, aber reden wir mal über Mark. Was hast du all die Jahre getrieben?«
    Mark fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, aber bevor er antworten konnte, mischte sich Alex ein und schlüpfte in seine alte Rolle als Tyrann. »Genau, lass hören. Shackleton ist wahrscheinlich eine Art Dot-com-Milliardär mit einer eigenen 737 und einem Basketballteam. Hast du das Handy oder so was Ähnliches erfunden? Ich meine, du hast ständig irgendwelches Zeug in dein Notizbuch geschrieben, immer bei geschlossener Schlafzimmertür. Was hast du da drin gemacht, Mann, außer alte Playboy -Hefte durchzublättern und schachtelweise Kleenex aufzubrauchen?«
    Will und Zeckendorf konnten sich nur mühsam einen Kommentar verkneifen, denn seinerzeit hatte Mark tatsächlich Unmassen von Kleenex verbraucht. Will bekam prompt ein schlechtes Gewissen, als Mark ihm einen bohrenden Blick zuwarf, als wollte er sagen: Und du, Brutus?
    »Ich beschäftige mich mit Computersicherheit.« Mark flüsterte fast in seinen Teller. »Milliardär bin ich damit leider nicht
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