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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten
Autoren: Glenn Cooper
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geworden.« Er blickte auf und fügte hinzu: »Außerdem schreibe ich nebenbei.«
    »Bist du bei einer Firma angestellt?«, fragte Will höflich, als wolle er um Verzeihung bitten.
    »Früher habe ich für verschiedene gearbeitet, aber im Moment mache ich das Gleiche wie du, glaube ich. Ich stehe in den Diensten der Regierung.«
    »Wirklich? Wo?«
    »In Nevada.«
    »Du lebst in Las Vegas, stimmt’s?«, sagte Zeckendorf.
    Mark nickte, wirkte aber sichtlich enttäuscht, weil ihn niemand auf seine Schriftstellerei ansprach.
    »Welcher Bereich?«, fragte Will, und als ihn Mark nur stumm anstarrte, fügte er hinzu: »Bei der Regierung?«
    Sein Adamsapfel hüpfte, als er schluckte. »Ich arbeite in einem Labor. Es ist vertraulich.«
    »Shack hat ein Geheimnis!«, rief Alex aufgekratzt. »Gebt ihm noch was zu trinken! Löst ihm die Zunge!«
    Auch Zeckendorf war sichtlich gespannt. »Komm schon, Mark, kannst du uns nicht ein bisschen was darüber verraten?«
    »Tut mir leid.«
    Alex beugte sich vor. »Jede Wette, dass ein gewisser Jemand vom FBI rausfindet, was du treibst.«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Mark leicht selbstgefällig.
    Zeckendorf wollte nicht nachgeben und dachte laut nach. »Nevada, Nevada – das einzige geheime Regierungslabor, das ich in Nevada kenne, ist draußen in der Wüste … wie heißt die Gegend doch gleich, Area 51?« Er wartete auf ein Dementi, aber Mark verzog keine Miene. »Sag mir, dass du nicht in Area 51 arbeitest!«
    Mark zögerte, dann erwiderte er: »Das darf ich dir nicht sagen.«
    »Wow«, sagte das Model beeindruckt. »Werden dort nicht Untersuchungen über Ufos und dergleichen angestellt?«
    Mark lächelte so geheimnisvoll wie die Mona Lisa.
    »Wenn er’s euch verraten würde, müsste er euch hinterher umbringen«, sagte Will.
    Mark schüttelte energisch den Kopf, senkte den Blick und wurde todernst. Seine Erwiderung klang schrill und kratzig, was Will mehr als beunruhigend fand. »Nein. Wenn ich’s euch verriete, würden euch andere umbringen.«

22. Mai 2009 – Staten Island, New York
     
    Consuela Lopez war erschöpft und hatte Schmerzen. Wie immer auf der Heimfahrt saß sie an ihrem gewohnten Platz am Heck der Staten Island Ferry, nahe dem Ausstieg, damit sie rasch von Bord gehen konnte. Wenn sie den Bus der Linie 51 um 22.45 Uhr verpasste, musste sie an der Haltestelle am St. Georges Terminal Ewigkeiten auf den nächsten warten. Das Vibrieren der 9000 PS starken Dieselmotoren machte sie schläfrig, aber weil sie den anderen Fahrgästen nicht traute und Angst um ihre Handtasche hatte, wollte sie die Augen nicht schließen. Sie legte ihren geschwollenen rechten Knöchel auf die Plastikbank und schob eine Zeitung unter ihren Fuß. Den Schuh direkt auf die Bank zu legen gehörte sich nicht. Sie hatte sich den Knöchel verstaucht, als sie über das Staubsaugerkabel gestolpert war. Consuela putzte Büros in Manhattan, und dies war das Ende eines langen Tages am Ende einer langen Woche. Dass der Unfall am Freitag passiert war, war ein Segen, denn so konnte sie sich übers Wochenende schonen. Sie konnte es sich nämlich nicht leisten, auch nur einen Arbeitstag zu versäumen, und betete darum, dass ihr Fuß bis Montag wieder in Ordnung sein würde. Wenn sie am Samstagabend immer noch Schmerzen hätte, würde sie am Sonntag zur Frühmesse gehen und die Jungfrau Maria um rasche Heilung bitten. Außerdem wollte sie Pater Rochas die seltsame Postkarte zeigen, die sie bekommen hatte, um ihre Angst loszuwerden.
    Consuela Lopez war eine unscheinbare Frau, die nur wenig Englisch sprach, aber sie war jung und hatte eine gute Figur, deshalb war sie stets auf der Hut vor Annäherungsversuchen. Ein paar Reihen weiter saß ein junger Latino in einem grauen Sweatshirt, der sie ständig anlächelte, und obwohl es ihr zunächst unangenehm war, ließ sie sich durch seine weißen Zähne und die lebhaften Augen dazu verleiten, höflich zurückzulächeln. Das genügte. Er stellte sich vor, saß die letzten zehn Minuten der Fahrt neben ihr und bemitleidete sie wegen ihrer Verletzung.
    Als die Fähre anlegte, humpelte sie davon, ohne sich von ihm helfen zu lassen. Fürsorglich folgte er ihr mit ein paar Schritten Abstand, obwohl sie sich nur im Schneckentempo fortbewegte. Er bot ihr an, sie heimzufahren, doch sie lehnte ab – das kam nicht in Frage. Aber weil die Fähre ein paar Minuten Verspätung hatte und sie so langsam vorankam, verpasste sie den Bus, und da überlegte sie es sich anders. Er
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