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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten
Autoren: Glenn Cooper
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seid«, sagte sie und schob Nancy in das Kabuff. »Es gibt noch einen! Nummer sieben, oben in der Bronx.« Sie war aufgekratzt, es wirkte geradezu kindisch. »Seht zu, dass ihr hinkommt, bevor das 45. Revier alles vermasselt.«
    Will riss die Arme hoch. »Mein Gott, Sue, ich weiß noch nicht das Geringste über die ersten sechs. Machen Sie mal halblang!«
    Zack. Strahlend mischte sich Nancy ein. »Hey, tun Sie einfach so, als wäre das der Erste! Ist nichts weiter dabei! Außerdem bringe ich Sie unterwegs auf den neuesten Stand.«
    »Wie schon gesagt, Will«, sagte Susan mit einem boshaften Grinsen, »sie ist ein kluges Mädchen.«
     
    Will nahm einen der üblichen Dienstwagen, einen schwarzen Ford Explorer. Er stieß aus der Tiefgarage an der Liberty Plaza Nummer 26 und schlängelte sich durch die Einbahnstraßen, bis er auf den Franklin Delano Roosevelt Drive kam, wo er sich auf der Überholspur in Richtung Norden hielt. Der Wagen war ziemlich komfortabel und lief ruhig, der Verkehr war nicht übermäßig, und normalerweise hätte Will die kleine Flucht aus dem Büro genossen. Wäre er allein gewesen, hätte er W-FAN eingeschaltet und sich die Sportnachrichten angehört, aber er war nicht allein. Nancy Lipinski saß auf dem Beifahrersitz, das Notizbuch in der Hand, und las vor, während sie unter der Schwebebahn nach Roosevelt Island hindurchfuhren, deren Gondeln hoch über dem kabbeligen schwarzen Wasser des East River dahinglitten.
    Sie war aufgeregt wie ein Perverser auf einer Pornomesse. Das hier war ihr erster Serienmordfall, das Nonplusultra unter den Tötungsdelikten, der entscheidende Moment in ihrer noch jungen Berufslaufbahn. Sie hatte den Fall bekommen, weil sie Sues Liebling war und vorher schon mit Mueller gearbeitet hatte. Die beiden waren großartig miteinander ausgekommen, weil Nancy ihm bereitwillig Honig ums Maul geschmiert hatte. John, Sie sind ja so klug! John, haben Sie ein fotografisches Gedächtnis? John, ich wünschte, ich könnte eine Vernehmung so gut wie Sie führen.
    Will konnte sich nur schwer konzentrieren. Es war relativ bequem, sich häppchenweise die Informationen der letzten drei Wochen vorsetzen zu lassen, aber seine Gedanken schweiften immer wieder ab, und außerdem war er noch von dem Johnny Walker benebelt, den er spätnachts getrunken hatte. Dennoch wusste er, dass er im Nu wieder zu seiner alten Form finden konnte. Im Lauf von zwei Jahrzehnten hatte er die Ermittlungen bei acht großen Serienmordfällen geleitet und bei zahllosen weiteren mitgewirkt.
    Das erste Mal war in Indianapolis gewesen, bei seinem ersten Einsatz im Außendienst, als er nicht viel älter als Nancy war. Der Täter war ein Psychopath, der Zigaretten auf den Augenlidern seiner Opfer ausdrückte, bis er anhand einer weggeworfenen Kippe überführt wurde. Als Evie, Wills zweite Frau, zum weiterführenden Studium an die Duke University ging, ließ er sich nach Raleigh versetzen, und prompt fing ein anderer Irrer an, Frauen in und um Asheville mit einem Rasiermesser umzubringen. Neun quälende Monate und fünf weitere grausam zugerichtete Opfer später setzte er auch diesen Mistkerl fest. Mit einem Mal hatte Will einen Ruf, galt als Spezialist. Nach einer weiteren schmutzigen Scheidung versetzte man ihn in die Zentrale, wo er mit Hal Sheridans Gruppe Gewaltverbrechen bearbeiten sollte – mit Sheridan, dem Mann, der Generationen von Agenten im Erstellen psychologischer Profile von Serienmördern ausgebildet hatte.
    Sheridan war kalt wie ein Fisch, distanziert und interessierte sich für nichts anderes als die Arbeit. Im Dienst wurde gewitzelt, dass, wenn es in Virginia zu einer Mordserie käme, man Hal ganz oben auf die Fahndungsliste setzen müsste. Bei der Zuteilung der Fälle achtete er darauf, die Agenten auszuwählen, die sich am ehesten in die Psyche des Täters hineinversetzen konnten. Sheridan übertrug Will die Fälle, bei denen es um extreme Gewaltanwendung und Folterung ging – Täter, die ihre ganze Wut an Frauen ausließen. Das sagte alles.
    Nancys Vortrag drang allmählich durch den Nebel in seinem Kopf. Die Fakten, das musste er zugeben, waren ziemlich interessant. Er kannte die Geschichte in groben Zügen aus den Medien. Wer nicht? Es war die Story. Der Spitzname des Täters, Doomsday Killer, stammte natürlich von der Presse. Der Post kam die Ehre dieser Taufe zu. Ihre erbittertste Konkurrenz, die Daily News , hatte sich ein paar Tage lang verweigert und mit der Schlagzeile POSTKARTEN AUS
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