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Die Nacht im Stau (German Edition)

Die Nacht im Stau (German Edition)

Titel: Die Nacht im Stau (German Edition)
Autoren: Sylvia Smuda
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spät gekommen. So bestand die Hoffnung, dass Robert schon da war und sie nicht auf ihn warten musste. Ihre Nerven lagen ohnehin bloß und so eine Warterei hätte sie noch zusätzlich belastet.
    Wi e üblich befanden sich nachmittags kaum Leute im Lokal, nur ein alter Mann hockte halb schlafend über seinem Bier. Robert saß in ihrer Lieblingsecke am Fenster. Er erhob sich als Sonja den Raum betrat, nahm sie in die Arme und drückte sie lange wortlos an sich.
    „Hallo“, sagte sie schließlich leise und biss sich auf die Lippen um nicht losweinen zu müssen. In Sekundenschnelle entschied sie, dass sie sich heute nicht neben ihn setzen würde, wie sonst üblich, sondern ihm gegenüber. Sie wollte ihm beim sich anschließenden Gespräch ins Gesicht schauen. Außerdem scheute sie im Moment seine Nähe.
    D er Wirt begrüßte sie vertraut, nahm die Bestellung auf, brachte die Getränke und verzog sich wieder in die Küche. Sie konnten ungestört sprechen.
    Sonja räusperte sich, doch sie hatte nicht vor, das Gespräch zu beginnen. Es war Robert, der ihr etwas zu sagen hatte, oder etwa nicht? Angespannt wartend fiel ihr Blick auf Roberts Hände. Das Nikotin hatte sie intensiv gelb verfärbt, er musste Unmengen geraucht haben. Vermutlich lagen seine Nerven genau so blank wie die ihren. Ob er wohl auch so wenig geschlafen hatte wie sie? Vermutlich.
    Schließlich hielt Sonja es nicht mehr aus.
    „Wie soll das nun mit uns weitergehen?“
    Sie schaute ihn fragend an.
    Robert spielte mit einem Bierdeckel und erwiderte, ohne Blickkontakt zu ihr aufzunehmen: „Ich habe seit gestern viel über uns nachgedacht. Das Problem ist nicht, dass wir uns ab und zu streiten. Das kommt in allen Beziehungen vor.“
    Er warf einen kurzen Blick zum Fenster hinaus, und sie sah, dass seine Augen wiederholt zuckten.
    D ann fuhr er fort: „Ich habe einfach manchmal das Gefühl, mich zu früh gebunden zu haben. Der Otto zum Beispiel fährt jetzt am nächsten Wochenende nach Amsterdam und hat mich eingeladen mitzukommen. Ich konnte ihm nicht einfach so zusagen, denn ich hätte dich erst fragen müssen, ob es dir etwas ausmacht. Und das stört mich! Ich habe einfach oft das Gefühl, etwas zu versäumen.“ Er zögerte. „Es ist ja nicht so, dass ich dich verlieren will, das auf gar keinen Fall!“
    Er na hm ihre Hand und schaute ihr zum ersten Mal direkt in die Augen.
    Obwohl es in der Gaststube geheizt war, begann Sonja auf einmal jämmerlich zu zittern und zu frieren. Sie kannte das von ähnlichen Situationen. Wenn die Anspannung sie zu erdrücken drohte, stürzte ihr Kreislauf komplett ab. Dass Robert ihr nicht gleichgültig war, hatte sie in der letzten Nacht begriffen. Auch sie wollte ihn nicht verlieren. Das Leben war schön mit ihm, meistens, fast immer, wenn sie sich gerade nicht stritten. Ob sie ihn allerdings liebte, so wie man lieben sollte, das konnte sie immer noch nicht mit Sicherheit sagen.
    „Du bist meine erste Frau, das weißt du“, flüsterte er und seine Stimme klang belegt. „ Ich liebe dich. Es ist nur manchmal so, dass ich das Gefühl habe, meine Freiheit ist zu sehr beschnitten. Das nervt mich dann.“
    Sonja schossen die Tränen in die Augen. Es würde alles wieder gut werden. Augenblicklich entspannte sich ihre verhärtete Muskulatur, eine heiße Welle durchfuhr ihren Körper.
    Behu tsam drückte sie seine Hand, streichelte sie.
    S ie konnte Robert sogar verstehen. Von anderen Paaren hatte sie schon gehört, dass es manchmal im Laufe der Zeit zu Problemen kam, wenn ein Mann seine erste Freundin heiratete. Der hatte dann vielleicht das Gefühl, etwas versäumt zu haben. Das Problem war nur: Wie konnte sie Robert helfen?
     
    „Seht euch doch einfach mal eine Zeitlang weniger“, riet Sonjas Freundin, der sie Tags darauf von dem Gespräch mit Robert erzählte. „Mach mal wieder etwas für dich ganz alleine und wenn ihr euch verabredet, versuch, nur nett, freundlich und hübsch zu sein, so dass jedes Treffen zu einem kleinen Ereignis wird.“
    Ja, dachte Sonja. Vielleicht war das der richtige Weg. Robert musste einfach wieder stärker erkennen, was er an ihr hatte. Vielleicht sollte sie wieder einmal zum Friseur gehen, sich etwas Neues zum Anziehen kaufen. Sie könnte sich ja auch rarer machen, länger an der PH bleiben, mit den anderen in der Mensa sitzen, statt immer gleich nach den Vorlesungen zu Robert zu eilen, der im Labor darauf wartete, dass sie ihn abholte.
    In den darauf folgenden Wochen nahm sie sich das
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