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Die Nacht im Stau (German Edition)

Die Nacht im Stau (German Edition)

Titel: Die Nacht im Stau (German Edition)
Autoren: Sylvia Smuda
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würde. Seine Kollegen hatte sie bis dato nur vom Hallo-Sagen gekannt. Wenigstens einmal wollte sie sie besser kennen lernen. Das war nun gründlich daneben gegangen.
    „Karl hat mich sogar gefragt, wie ich denn damit zurecht käme, dass ich von dir als doof hingestellt werde. Er meinte damit deine Aussage: ‚Ach, lass mich, das kann ich alleine. ‘“
    Sonja schüttelte den Kopf und warf Robert einen vernichtenden Blick zu.
    „Das soll ich gesagt haben? In welchem Zusammenhang denn?“
    „Keine Ahnung. Er hat’s gehört.“
    „Und du glaubst ihm?
    Robert zuckte die Schultern. Seine Sturheit regte sie wahnsinnig auf. Es konnte doch nicht wahr sein, dass er seinen Kumpels mehr glaubte als ihr! Wieder und wieder versuchte sie Robert klar zu machen, dass es sich eigentlich nur um ein Missverständnis handeln musste, doch alle Klärungsversuche verliefen im Sande.
    An jenem Abend gingen sie im Streit auseinander.
    „Kannst mich ja anrufen, wenn du wieder mit m ir reden willst“, rief er ihr noch bockig nach.
    Da kannst du lange warten, zürnte sie beim Tschüss sagen. Warum sollte ausgerechnet sie sich melden? Sie hatte ihm lang und breit erklärt, warum sie sich im Bierzelt nicht wohl gefühlt hatte. Sollte er doch überlegen, wer ihm mehr bedeutete, seine Kollegen oder sie.
    Zwei Tage vergingen. Auf einmal merkte sie, wie sehr Robert ihr fehlte. Seine Liebe, seine Zärtlichkeiten, seine Zuwendung. Sie setzte sich hin und schrieb ihm als Versöhnungsgeste einen Brief, in dem sie ihre Gedanken noch einmal klar legte. Danach machte sie sich auf den Weg zu seinem Haus um den Brief persönlich einzuwerfen. So würde Robert ihn am schnellsten erhalten und konnte reagieren.
    Unterwegs sah sie ihn. Er kam ger adewegs auf sie zu. Ihr Herz begann vor Freude zu rasen, denn es war klar, dass er einzig und allein auf dem Weg zu ihr war. Sie fielen sich in die Arme und Robert versprach, so einen Streit werde es in Zukunft nie mehr geben. Das sei so ziemlich das Dümmste, was passieren könne, er liebe sie ganz ungemein.
    Sonja war glücklich. Er hatte ihr wirklich gefehlt. Anscheinend verspürte sie doch so etwas wie Liebe für ihn. Egal, auf keinen Fall wollte sie ihn verlieren.
    In den ersten Dezembertagen, wenige Tage vor ihrem Einjährigen, schlug Robert vor, sie sollten wieder einmal in die Stadt zum Bummeln fahren. Dort lenkte er sie gezielt zu einem Juwelierladen.
    „Ich möchte uns gerne Freundschaftsringe kaufen“, sagte er. „Was hältst du davon?“
    Sonja war gerührt. Vor allem, als er hinzufügte, das seien jetzt noch nicht die richtigen Eheringe, da würden sie später noch viel bessere kaufen.
    Wenn Robert so vom Heiraten sprach, waren ihre Zweifel eine Weile lang wie weggeblasen. Da redete sie sich ein, ihre Probleme seien ganz normal. Jedes Paar machte vermutlich diese Phase der Unsicherheit durch. Wichtig war doch vor allem, dass er sie von Herzen liebte.
    Doch schon bald kam sie wieder, diese ewig fragende Stimme tief in ihr, die bohrte: Und du? Liebst du ihn denn?
    Sonja seufzte. Wenn sie sich da nur sicherer wäre! Woher sollte sie denn wissen, was richtige Liebe war? Sie, die nicht wie so viele andere auf ein positives Erziehungsmuster zurückblicken konnte.
    Ja, die ersten Jahre ihres Lebens war sie geliebt worden, vom Vater. Doch der war viel zu früh versto rben. Und ihre Mutter? Die war unfähig zu lieben, das hatte sie selbst einmal in einem Moment der Selbsterkenntnis von sich gesagt. Woher sollte Sonja wissen, wie sich echte Liebe anfühlte?
    Sie besorgte sich Bücher, las Erich Fromm ‚Die Kunst des Liebens‘ , aber das irritierte sie noch mehr.
    Nur wer sich selbst liebt, kann andere lieben, las sie da. Na, prima. Aber narzisstisch sollte man auch nicht sein, schrieb der Meister. Und weiter: Liebe sei ‚Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung vor dem anderen und Erkenntnis.‘ Die ersten drei Punkte konnte sie in ihrem Verhalten Robert gegenüber bejahen, aber ‚Erkenntnis‘? Robert so erkennen, wie er wirklich war? Wie war er denn? Lieb und nett einerseits, aber auch ungefestigt, zum Beispiel beim Alkoholkonsum, dazu unreif und unsicher.
    In dem Buch standen noch viele wunderschöne Sachen, aber nichts, das ihr wirklich weiter half.
    Was s ie in der Beziehung zu Robert wirklich ungemein störte, waren diese ewigen Streitereien. In solchen Phasen spürte sie nichts von Roberts Fürsorge oder Achtung ihr gegenüber. Da gab es höchstens die Erkenntnis, dass dieser Mann vielleicht
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