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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden
Autoren: Will Wiles
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Mietskasernen im städtebaulichen Einheitslook der Neuzeit, die wohl ein halbes Jahrhundert alte Bombenkrater ausfüllten oder Teil einer verfehlten Modernisierungsinitiative der Sechzigerjahre waren. Wäsche hing auf Leinen zwischen den Balkonen, Topfpflanzen bildeten Farbflecke auf Fensterbrettern und Brüstungen, Tapeten in vier Dutzend verschiedenen Stilarten waren durch die Fenster zu erspähen. Diese exotische Heimeligkeit war eine wahre Wohltat nach dem Kältehauch von Oskars gutem Geschmack und klaren Linien.
    Wieder versetzte ich mich im Geiste zurück zwischen meine vier Wände in Clapham. Wände, die von Stuhllehnen verschrammt und von Händen und Hinterköpfen angeschmuddelt waren. Teppiche, auf denen beschwipste Partygäste großzügig Brandlöcher und Rotweinflecken hinterlassen hatten. Eine ganze Landkarte der Makel und Abnutzungsspuren von namenlosen Missetätern. Die langsame, unaufhaltsame Versiffung durch Dutzende und Aberdutzende von Händen. Und war mir das aufgefallen? Nein. All die Kratzer bildeten nach und nach die Patina meines Lebens. Ich hatte einen Waffenstillstand mit der Entropie geschlossen, mich einfach damit abgefunden. Ich ließ es geschehen. Es war eine Mietwohnung – Eigentümer waren auf ein bestimmtes Maß an Herunterwohnen eingestellt, und das konnte ich locker erfüllen.
    Aber wie sah Oskar das? Ihm gehörte die Wohnung, seit Jahren schon, und so picobello, wie er sie hielt …
    Eigentlich wusste ich ganz genau, wie Oskars Einstellung dazu war. Er hatte nicht aufgegeben. Er würde diese Kleinigkeiten nicht übersehen. Er hatte sich der Entropie entgegengestemmt und ihr seine Bedingungen aufgezwungen.
    Plötzlich empfand ich das alberne Bedürfnis, meine Anwesenheit vom Balkon aus bekannt zu geben, zu verkünden, dass ich angekommen sei und dass ich dableiben würde.
    Natürlich hatte Oskar eine überaus sorgfältige Liste von Anweisungen auf dem Esstisch hinterlassen. Oskar war kein Chaot. Oskar war durchorganisiert. Unordnung war nicht sein Ding. An der Uni hatten wir uns immer über ihn lustig gemacht.
    Frage: Was nimmt Oskar mit ins Grab?
    Antwort: Einen Untersetzer.
    Ha, ha. Das war eine Anspielung auf Oskars Angewohnheit – die wir Kommilitonen nur verulken konnten –, stets mit einem Untersetzer zur Stelle zu sein, wenn irgendwer ein frisch eingeschenktes Glas auf dem Tisch abstellen wollte. Das Verrückte daran war, dass das Mobiliar Eigentum des Colleges und ohnehin schon schwer gezeichnet war durch jahrzehntelangen Gebrauch wenig rücksichtsvoller Ableger der intellektuellen Blüte der Nation. Genauso verfuhr er sogar mit Bierdeckeln in Kneipen.
    In der Wohnung war es totenstill, und die Katzen – schwarzweiß alle beide – putzten sich auf dem Sofa. Ich brauchte ein paar anregende Klänge, bevor ich mich Oskars Anweisungen widmen konnte, also ging ich zurück ins Arbeitszimmer, um mir eine CD auszusuchen.
    An Auswahl herrschte jedenfalls kein Mangel: die Anzahl der CD s belief sich sicher auf eine vierstellige Ziffer. Wie zu erwarten, bestand die Mehrzahl davon aus klassischer Musik, mit deren Codes ich nicht sehr vertraut war – all die K sowiesos und Deutschverzeichnisse waren böhmische Dörfer für mich –, und so stöberte ich nach etwas Neuerem, das mir vielleicht etwas sagte. In einer verschämten Ecke des Musikregals fand ich schließlich Oskars halbes Dutzend Popmusikplatten: David Bowie, Simon and Garfunkel, Queen, The Kinks und die »Best of« von Velvet Underground, die ich herauszog und einlegte. »Sunday Morning« in Lou Reeds wehmütigen Rausamttönen erfüllte die fremde Wohnung in der fernen Stadt, und auch mich, mit Gelassenheit.
    Vier DIN -A4-Seiten, eng beschrieben in Oskars spinnenbeiniger Klaue, an eine Weinflasche gelehnt. Ich las:
    Mein alter Freund,
    danke noch mal für Deine Hilfe in dieser für mich leider so schwierigen Zeit. Die Wohnung ist nicht groß, und viel verlange ich nicht von Dir, es geht mehr um das Gefühl, jemand, dem ich vertraue, vor Ort zu wissen und keine Einbrüche oder Brände befürchten zu müssen. Ich hoffe, Du bist Dir bewusst, dass ich Dir diesen Gefallen jederzeit gerne erwidern würde.
    Lass mich zunächst auf meine Freunde, die Katzen, zu sprechen kommen. Sie heißen Schossy und Strawy. Sie sind in erster Linie auf ihr Eigenleben fixiert und flitzen oft hektisch
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