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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden
Autoren: Will Wiles
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Daumen den Knauf zu drehen.
    Krallen auf dem Boden näher kommen zu hören und ein Tier, das springt, hat etwas Atavistisches. Es aktiviert etwas auf der tiefsten Ebene des Reptiliengehirns, lässt die Sicherheitsriegel aufspringen, löst einen Reflex aus, der aufs Überleben programmiert ist und noch immer einsatzbereit, obwohl er so gut wie nie gebraucht wird. Ohne Sinn und Zweck sandte es seine Botschaft an eine wehrlose Drüse aus wie ein Kneipenrowdy seine Bestellung – ’ ne Halbe Adrenalin, und zwar ein bisschen plötzlich, du alte Vettel. Unwillkürlich spannte ich mich abwehrbereit an, als zwei pelzige Pfeile zwischen meinen Beinen hindurch in Richtung Wohnzimmer schossen. Verspätet und beschämend manifestierte sich meine steinzeitliche Urangst als leichter Schweißausbruch.
    Ah , dachte ich, die Katzen. Oskar hatte Katzen erwähnt, und hier waren sie, beziehungsweise da, wo auch immer sie gerade hin waren. Angst vor Katzen! Na ja, eigentlich mehr Überraschung, einfach bloß ein Schreck. Und außerdem, dachte ich, an ein deutlich neuzeitlicheres Gehirnareal appellierend, es hat mich ja keiner vor den Katzen erschrecken sehen.
    Alles klar.
    Bei ihnen einschmeicheln konnte ich mich später noch. Erst einmal ging ich ins Schlafzimmer und setzte meine Taschen neben dem weißleinenen Doppelbett ab. Hier gab es weniger zu sehen, eigentlich nur das Bett, einen Korbsessel und einen großen Schrank. Auf dem Sessel lag ein wollweißes Kissen, das dem Raum, der ansonsten so kühl modernistisch wie der Rest der Wohnung war, wohl etwas Heimeliges geben sollte. Der Sessel hatte eine Aura von trauriger Unbenutztheit, von Bedauern darüber, zum Sitzen geschaffen, doch meist der Würdelosigkeit ausgeliefert zu sein, nur als Kleiderablage zu dienen.
    Möbel sind so. Mit Behagen benutzt, so wie sie gedacht waren, absorbieren sie diese Erfahrung und geben sie wieder an den Raum ab, doch wenn sie, nur für den Effekt gekauft, in einer Ecke vor sich hin kümmern, strahlen sie nichts als Melancholie aus. Möbel in Museen ( NICHT AUF DIESEN SESSEL SETZEN ) haben etwas ähnlich Trostloses wie die unbesuchten Insassen von Altersheimen. Die ungestimmten Geigen und verstaubten Bücher, die manchen Vorstadtkneipen etwas Stimmungsvolles verleihen sollen, fühlen sich in ihrer zweckentfremdeten Rolle ungefähr so wohl wie eingesperrte Pumas im Zoo. Die großartige Küche, die selten oder nie für opulente Gastmahle genutzt wird, erstarrt in lebloser Kälte. Genau wie die Küche hier, dachte ich.
    Im Schlafzimmer gab es noch einen weiteren Hinweis auf diese merkwürdige Psychologie der materiellen Güter: rechts und links vom Bett standen zwei Nachttische, und während der in der Nähe des Fensters eine Lampe, drei Bücher, einen Notizblock und eine Steinstatuette aufwies, war der andere leer bis auf eine identische Lampe. Also war klar, auf welcher Seite Oskar schlief und welche bis vor Kurzem noch die von seiner Frau gewesen war.
    Diese Überlegungen waren kein Anzeichen von wachsendem Trübsinn, ganz im Gegenteil. Mein Lächeln wurde immer breiter. Ich hatte Oskars Einladung angenommen und war hier in diese Stadt gekommen, um Inspiration zum Schreiben zu finden, und ich war hocherfreut – geradezu begeistert –, dass ich mich nach so kurzer Zeit in ungewohnter Umgebung schon viel kreativer fühlte und mir Einsichten regelrecht zuflogen. Diese Euphorie wurde durch meine nächste Entdeckung noch verstärkt. Die Schlafzimmerwand bot eigentlich Platz für drei Fenster, aber es gab nur zwei, denn anstelle des mittleren ging eine Fenstertür auf einen schmalen Balkon hinaus. Sie war leicht zu öffnen und ließ einen Schwall von stickiger Stadtluft und Lärm ein. Ich trat hinaus.
    Unten bebte das Straßenpflaster geradezu vor Verkehr. Wieder rumpelte eine Tram vorbei und schrillte sich durch einen Wust von verbeulten und altersschwachen Autos unvertrauter Marken: Ladas und Dacias und Oltcits. Die wenigen Passanten waren auf den prächtigen breiten Bürgersteigen mit schnellen, huschenden Schritten unterwegs zu fremden, unbekannten Zielen. Gegenüber lag ein weiterer, barock ausladender Wohnblock, so grau, dass er wie aus gepresster Asche errichtet schien. Überhaupt waren alle vier Straßen, die von der Kreuzung vor dem Haus abgingen, von klobigen grauen Vorkriegsbauten gesäumt, abgesehen von ein paar
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