Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden
Autoren: Will Wiles
Vom Netzwerk:
Fächer aus Sonnenstrahlen erhellt war, fühlte ich mich überaus wohl in meiner Haut. Ich hörte zu, wie die Stadt sich nach und nach bemerkbar machte. Eine Trambahn rumpelte vorbei, mit bimmelndem Glöckchen und gellendem Kreischen in der Kreuzung. Auch der Ruf der Pflicht drang in mein schläfriges Hirn, in Gestalt von Miauen und Kratzen am Balkonfenster. Schossy und Strawy hatten Hunger.
    Ich stieß die Fenstertüren weit auf in die prickelnde, strahlende Stadtluft. Die Katzen strichen mir um die Beine in ihrer seltsam felinen Art – warum streifen sie immer so dicht vorbei, wenn doch genug Platz ist? – und begaben sich schnurstracks in die Küche, mit der Zielstrebigkeit von Fabrikarbeitern beim Schrillen der Mittagssirene. Ich folgte ihnen gähnend.
    Die Reste des vorigen Abends waren noch neben dem Sofa verstreut – die Zeitungen, das Weinglas. Ich kümmerte mich um die Katzen und setzte Kaffeewasser auf. Bis es kochte, räumte ich auf, die geleerte Flasche – mit der Notiz von Oskar –, die Zeitungen, das Weinglas …
    Ich hielt inne. Ein oder zwei Tropfen Wein waren beim Nachschenken wohl auf den Boden des Glases gelaufen. Ich hatte keinen Untersetzer benutzt. (Im Geiste sah ich Oskar zusammenzucken.) Ein 45-Grad-Bogen in Weinrot zeichnete sich auf seinem kostbaren Boden ab, eine hässliche Narbe auf blasser Haut.
    Wie gebannt starrte ich auf den Fleck. Mir lief es kalt über den Rücken. Rotweinflecken! Ich dachte an Oskars Mahnung. Von irgendwoher stellte sich die Erinnerung ein, dass es bei diesen Dingen vor allem auf schnelles Reagieren ankam. Man müsse sofort etwas dagegen tun, insistierte mein Gehirn, ungeachtet der Tatsache, dass ich die vorigen Stunden ja sowieso schon verschlafen hatte.
    Ohne Panik wandte ich mich zur Küche, ließ Wasser über einen Lappen laufen und kehrte an den Ort des Frevels zurück. Auf Knien liegend wie ein Bittsteller, fing ich an zu reiben. Augenblickliches Erfolgserlebnis: der Fleck schien recht schnell zu schrumpfen. Nach fünf Minuten konzentrierter Arbeit war keine Spur mehr von dem Wein zu entdecken. Ich wartete eine Weile, bis die Stelle getrocknet war, und inspizierte sie im unbarmherzigen Licht der Vormittagssonne.
    Es war immer noch etwas zu sehen. Ein ganz leichter, gekrümmter Schatten, der sich kaum von der natürlichen Maserung des Bodens abhob. Ein kleines Muttermal, das noch einer letzten Laserbehandlung bedurfte. Aber jetzt wurde mein Blick unwiderstehlich davon angezogen – als wäre der Fleck so groß, so schwarz, so unübersehbar wie das Sofa.
    Ich versuchte die Stelle objektiv zu betrachten, als wäre ich zum ersten Mal in dem Raum. Aber das klappte nicht. Mein Job – meine glorreiche Schriftstellerei – bestand ja in erster Linie darin, Broschüren für Kommunalverwaltungen zu verfassen. Einwohner von Ealing werden sich vielleicht noch an meinen hoch gepriesenen Wegweiser durch die Stadtbibliothek erinnern, doch für mein Meisterwerk halte ich Ab in die Tonne: Wie, was und wann recyceln , das in Southwark schon seine fünfte Auflage erlebt und in neun Sprachen übersetzt ist. (Was heißt Kompost auf Somali? Kein Problem.)
    Immer wenn eins dieser bahnbrechenden Werke in Druck ging, schlich sich unweigerlich ein Fehler ein. Richtig bescheuerte, kabarettreife Druckfehler (Bezirksausschuss regt Alphatisierungsinitiative an) sind selten. Aber fast jedes Druckerzeugnis enthält irgendwo einen Fehler, der für das Laienauge unsichtbar bleibt – ein doppeltes Leerzeichen da, ein fälschlich kursiv gesetzter Punkt dort. Nur der Herausgeber sieht diese Dinge. Doch kaum hat er so einen Fehler im fertigen Druckwerk bemerkt, nimmt er nichts anderes mehr wahr. Die bestechende Klarheit, mit der die DIN -Normierung von Müllsäcken dargelegt wird, ist an ihn verschwendet – er sieht nur, dass die falsche Sorte von Bindestrich verwendet wurde.
    Und so war es auch mit Oskars Boden.
    Ich war auf das beschädigte Stückchen Holz fixiert, auch wenn ich noch so weit entfernt davon stand. Es war nichts, praktisch nicht zu sehen – und wenn, würde man es für eine natürliche Schattierung des Holzes halten. Aber für mich stach es hervor wie der europäische Weinsee.
    Das Wasser hatte längst gekocht, und ich goss mir einen Kaffee auf. Die Katzen futterten schmatzend. Wieder versuchte ich zu erraten, welche Schossy und welche Strawy
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher