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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden
Autoren: Will Wiles
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Flasche, die er mitgebracht hatte und die inzwischen viel von ihrem Inhalt eingebüßt hatte. Wir hatten ein Glas nach dem anderen getrunken, und er schien einen unguten Hang zu alkoholisiertem Selbstmitleid zu entwickeln.
    Â»Du solltest ihn eben nicht im gemeinsamen Kühlschrank aufbewahren«, meinte ich.
    Â»Anders kann man ihn nicht kühl halten«, knurrte Oskar. Er wirkte fast komisch mit seiner Trübsalsmiene, wie ein trauriger Boxer, mit einem unvermuteten Anflug von Hängebacken.
    Â»Ich weiß nicht, misch ihn mit Cola oder so.«
    Oskar rümpfte die Nase. Seine Lippe kräuselte sich verächtlich. »Ich trink ihn lieber pur.«
    Ich seufzte. »Das ist eine Gemeinschaftsküche. Du musst Kompromisse machen. Leben und leben lassen.«
    Â»Aber die halten sich ja nicht dran, hinterlassen Unordnung, schmutziges Geschirr …«
    Â»Es sind Studenten«, sagte ich müde. »Genau wie du und ich. Sieh es doch mal entspannt.«
    Oskar runzelte die Stirn. »Und das hier ist entspannt?«
    Vom Wodka benebelt, brauchte ich einen Moment, um zu kapieren, dass er eine Frage gestellt hatte. »Was?«
    Â»Na, das hier«, sagte er mit einer müden Armbewegung. »Das ist entspannt?«
    Ich verstand immer noch nicht, auf was er anspielte. »Klar ist es entspannt, mit ’nem Freund was zu trinken …« Oskar verunsicherte mich. Ich sah ihn zum ersten Mal betrunken und konnte ihn nicht einschätzen.
    Â»Nein, nein, nein«, sagte Oskar mit zunehmend lauterer Stimme. Plötzlich sprang er auf und begann, energisch im Zimmer hin und her zu gehen. »Das hier! Dein Zimmer! Wie du lebst! Dieses Chaos!«
    Ich war baff. In einer anderen Verfassung wäre ich vielleicht beleidigt gewesen, aber stattdessen blickte ich mich nur um und versuchte, den Raum mit Oskars Augen zu sehen. Die offene Wodkaflasche stand auf meinem Schreibtisch, oder vielmehr auf dem letzten Eckchen, das nicht unter einer Lawine von Büchern, Papieren und Mist begraben war. Lesezeichen standen kreuz und quer hervor wie zerfetzte Standarten aus vergessenen Kriegen, und die Bücher lagen aufgeschlagen auf dem Bauch, festgefroren in der Mitte eines Gedankens, der sich längst verflüchtigt hatte. Überall flogen Blätter herum, aber sie waren kaum beschrieben. Jedes enthielt nur ein paar unzusammenhängende Sätze oder eine kryptische Notiz. Eingetrocknete Kulis lagen bunt durcheinander wie Mikadostäbchen. Auf einem Haufen balancierte ein Teller mit Erdnussbutterschlieren und Toastkrümeln, unter einem anderen schaute ein Frisby vor, und ich entsann mich vage, dass es als Aschenbecher gedient hatte, bevor es mit Zetteln überhäuft worden war. Ein weiterer improvisierter Aschenbecher, vormals ein Gurkenglasdeckel, quoll über vor Kippen, die hinter dem Schreibtisch in das Medusenhaupt aus Verlängerungsschnüren rieselten. Und über alledem leuchtete das Zyklopenauge meiner Klemmlampe wie das Flutlicht der Feuerwehr bei einer nächtlichen Verkehrskatastrophe. Der Rest des Raumes zeigte Variationen des Schreibtischchaos in Form von weiterer Haufenbildung – Klamotten, Bücher, Poster, Bettzeug –, dazu der wertlose Plunder eines jungen Erwachsenenlebens: tanzende Colaflaschen, aufblasbare Gitarren, geklaute Biergläser, Räucherstäbchenhalter, kaputte CD -Hüllen, originelle Flaschenöffner, eine verkrüppelte Kaffeekanne.
    Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß, es ist ziemlich unordentlich …«
    Â»Es ist nicht nur das Zimmer«, winkte Oskar ab. »Ein Raum ist nicht nur ein Raum. Ein Raum ist die Verkörperung eines Geisteszustands, das Produkt eines Gehirns. Entweder bewusst« – er ließ sich dramatisch in den Sessel fallen und wirbelte eine Staub- und Aschewolke auf –, »oder unbewusst. Wir erschaffen unsere Räume, und dann erschaffen unsere Räume uns.«
    Ich wollte sagen: Siehst du, so bist du immer. Deswegen können die Leute dich nicht leiden. Aber ich sagte nichts. Ich hörte mit dem Rauchen auf. Vieles von dem, was der Raum enthielt, wanderte am Ende des Semesters in schwarze Abfallsäcke. Nach dem Zimmer kamen andere Zimmer, dann gemeinsam gemietete Häuser, schließlich eine Reihe von Zweizimmerwohnungen. Ich habe sie alle mit der gleichen Unzufriedenheit betrachtet. Das hatte ich Oskar zu verdanken.
    Während ich zur Decke von Oskars Schlafzimmer hochsah, die von einem
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