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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden
Autoren: Will Wiles
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die strumpfsockenen Füße flach auf dem Holz, und schlitterte zur hinteren Wand.
    Zwanzig bis dreißig Minuten später war der Schmerz in meinem linken Knie und großen Zeh – nicht zuletzt dank einer wortreichen Schimpfkanonade – von mörderisch zu nur mehr nervtötend abgeflaut.
    Bis ich mich von meinem Sturz erholt und meine Taschen ausgepackt hatte, war es Abend geworden. Das Licht war noch nicht aus dem Himmel geschwunden, doch die Sonne stand tief. Ich machte mir ein Brot mit Käse und Salami aus dem Kühlschrank, öffnete die Weinflasche, die Oskar mir hingestellt hatte, und aß auf dem Sofa vor den BBC -News 24. Der monotone Dauerrhythmus globaler Nachrichten ist ein seltsamer Trostspender, aber so war die Wohnung wenigstens mit britischen Klängen und vertrauten Namen gefüllt. Die Wiederholung von Meldungen und Schlagzeilen wirkte eher betäubend als alarmierend, und bald versank ich in ein gemütliches Nickerchen.
    Ich weiß nicht, wie lange ich auf dem Sofa geschlafen hatte, aber als ich aufwachte, war es draußen dunkel und der Raum vom orangenen Schummerlicht der Straßenlaternen erfüllt. Reisen und fremde Orte können ganz schön kräftezehrend sein; ich fühlte mich vollkommen geplättet. Eine der Katzen stand neben mir auf dem Sofa und sah mich fragend an.
    Â»Miau?«, machte sie und legte den Kopf schief.
    Â»Schon gut.« Ich rappelte mich langsam auf. »Du willst raus. Zeit, ins Bett zu gehen.« Mehrere Gelenke jaulten, als ich mich verdrehte, um meine linke Hand aus ihrer eingeklemmten Lage zu befreien. Ich saß weder, noch lag ich, musste wohl einfach so zusammengesackt sein. Ich hob die Mieze vom Sofa und ging mit ihr zur Tür, wo ihr Kumpel schon wartete, wie ein Partygänger, der ein Taxi für einen Freund aufhält. Sie brauchten keine Ermutigung, in die Nacht zu entschwinden.

ZWEITER TAG
    Zwischen Schlafen und Wachen gibt es einen Moment, in dem man frei ist. Das Bewusstsein ist zurückgekehrt, aber die Wahrnehmung hat die schützende Membran zwischen dem Erwachenden und seiner Umgebung noch nicht zerrissen. Man schwebt frei von jedem Kontext, im Nirgendwo – nicht mehr schlafend, noch nicht ganz wach, nicht mehr den Tücken des Unterbewusstseins ausgeliefert, noch nicht wieder in die stumpfe Routine der Alltagssorgen zurückgefallen. An diesem Punkt, zwischen zwei Welten, bin ich wohl am glücklichsten.
    Erst einmal war ich desorientiert, wusste nicht recht, wo ich mich befand. Ich war ganz von Weiß umgeben, eine Luftblase in einem Milchozean. Dann traten nach und nach die Details zutage. Mir fiel ein, dass ich in Oskars Wohnung war, unter seiner weißen Zimmerdecke, umhüllt von seiner weißen Daunendecke, auf seinem weißen Laken und Kissen.
    Das Regime im Iran foltert mit Weiß. Die Gefängniswärter kleiden den Häftling in Weiß und stecken ihn in eine weiße Einzelzelle, die mit weißem Licht gefüllt ist. Das Essen – ebenfalls weiß – wird auf weißen Papptellern von Wächtern gebracht, die von Kopf bis Fuß weiß angezogen und maskiert sind. Dieser fast vollständige Entzug visueller Reize wird für den Gefangenen unerträglich. Wie Schneeblindheit. Eine Abspaltung von der eigenen Sensorik, ohne Maßstab und Perspektive – Kontextlosigkeit als Qual statt als Glück.
    Eigentlich eine perverse Tortur für ein islamisches Land. Im Islam, heißt es, ist nur das Göttliche perfekt. Das Streben nach Vollkommenheit ist sündhafter Hochmut. Unvollkommenheiten werden absichtlich in Kunstwerke eingearbeitet, als Demutsgeste. In jedem dieser fantastisch dekorativen orientalischen Muster gibt es einen pietätvollen kleinen Makel.
    Wie sehr jene Gefangenen sich nach so einem Makel sehnen müssen … Ein Kratzer an der Wand, eine dunklere Spalte, eine fleckige Deckenfliese. Anscheinend reicht es aus, einen Menschen seelisch zu zerrütten – man würde alles tun, um aus dieser gesichtslosen Eintönigkeit herauszukommen.
    Â»Warum mögen sie mich nicht?«
    Â»Ach, Oskar, sie …«
    Ich wollte sagen: Oskar, du bist halt nicht wie sie, und du machst es einem nicht leicht, dich zu mögen. Aber das sagte ich nicht.
    Â»Was ist das für eine Frage?«, antwortete ich stattdessen. »Sie haben doch nichts gegen dich.«
    Â»Ich versteh nicht, was das soll mit dem Wodkastehlen.« Oskar deutete auf die
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