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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme
Autoren: John Barnes
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MitsDoug Defense hergestellt wurden; zu ihrer Überwachung
eingesetzte Mikrosensoren haben jedoch zwei kritische Modifikationen
aufgespürt, die beide den Bestimmungen der
Rüstungsbegrenzungs-Abkommen zuwiderliefen. Zunächst ist
ihre Reichweite enorm erhöht worden, indem eine MitsDoug ›Cobra‹-Luft-Boden-Rakete als zweite Stufe angekoppelt
wurde. Zum zweiten ist die ›Cobra‹-Stufe mit einem
Sprengkopf mit Laser-Zünder bestückt worden, dessen
Sprengkraft die in Artikel Vierzehn fixierten Obergrenzen bei weitem
übertrifft.
    Außerdem haben wir anhand der Verträge bezüglich
des freien Datentransfers ermittelt, daß diese Waffen keiner
Macht gehörten, die gemäß den Klauseln des Bundes zu
ihrem Besitz legitimiert waren. Auf jeden Fall befinden sie sich
nicht auf dem Territorium irgendeiner Nation und müssen daher in
Übereinstimmung mit Artikel Siebzehn des Zweiten UN-Bundes de
facto als illegal betrachtet werden.
    Ihre Stationierung innerhalb eines Zwei-Minuten-Radius bis Denali
sowie meine Schilderung der schlechten Beziehungen zwischen Alaska
und Sibirien müssen in diesem Kontext betrachtet werden: am
frühen Abend habe ich alle dreihundertvierundzwanzig Signatar-
und sonstigen Staaten davon in Kenntnis gesetzt, daß die
UN-Weltraumbehörde diese Raketen beim ersten Anzeichen eines
Startes beziehungsweise um 08:30 Uhr GMT zerstören wird, je
nachdem, welches Ereignis früher eintritt. Ich habe die
explizite Zustimmung von zweihundertvierundachtzig Nationen erhalten,
von den anderen jedoch keine Antwort bekommen – mit Ausnahme der
Sibirischen Konföderation, deren Präsident Abdulkashim
heftig protestiert und die Aktion als überstürzt und
illegitim bezeichnet hat.
    Auf dem Monitor wird jetzt ein kurzer Bericht von UNSOO-General
Jamil eingeblendet, der die Zielansprache vor dem Einsatz
durchführt. Um exakt 08:30 GMT hat ein aus fünfundzwanzig
Raumflugzeugen der UNSOO bestehendes Geschwader über hundert
Raketen auf diese Stellungen abgefeuert. Die Raketen haben das
arktische Eis durchstoßen und die hier gezeigten Stellungen mit
Antineutronen-Beryllium-Sprengköpfen – beziehungsweise
›KAMS-Bomben‹ – belegt.«
    Jesse hätte brennend interessiert, wie es möglich war,
daß ein Mach 20 schnelles Objekt eine mehrere hundert Meter
dicke Eisdecke durchdrang und beim Wiederaustritt noch funktionierte,
aber er mußte wohl noch lange für die UNSOO
arbeiten, bevor man ihm dieses Geheimnis anvertraute. Will man Scuttlebytes Glauben schenken, dann stößt wohl
jeder Sprengkopf einen dünnen Nebel aus Antiprotonen aus und
wird von ihm eingehüllt, aber Scuttlebytes ist auch nicht
viel glaubwürdiger als der Prominenten-Kanal. Man bedenke nur,
wie oft Scuttlebytes in den vergangenen zwölf Jahren
schon behauptet hat, den Verursacher des Blitzes nun
recherchiert zu haben.
    Dann wechselt die Darstellung zu einer Art ferngesteuerter
Unterwasserortung. Lange weiße Striche penetrieren wie Pfeile
die auf dem Meeresboden liegenden Raketen, mit einer solchen
Geschwindigkeit, daß es den Anschein hat, die Bahnen
supraerhitzten Dampfes tauchten simultan in den Arktischen Ozean ein,
wie die Partikelpfade in einer Wolkenkammer. Wo sich zuvor die
Raketen befanden, am Kopf des Strahls, bläht sich jetzt eine
helle weiße Kugel auf.
    Nun kommt Rivera wieder ins Bild. Er nickt, als wolle er sagen: ›Das ist Macht, eh? Angst bekommen?‹ Sein
Gesichtsausdruck ist völlig ernst.
    Er leckt sich die Lippen, bevor er spricht. »Unsere
Überwachungsgeräte haben knapp eine Sekunde vor dem
Einschlag einen Startversuch der auf dem Meeresgrund liegenden
Raketen registriert. Die autorisierte UN-Datenspur hat das Signal zum
Palast des Kommandanten in Novokuznetsk, Sibirien,
zurückverfolgt. Auf der Grundlage dieses Beweises erlasse ich
mit sofortiger Wirkung einen Haftbefehl für Kommandant
Abdulkashim sowie einundfünfzig weitere sibirische
Führungskader. Sie werden zwecks Verhör und Aburteilung in
UN-Gewahrsam genommen. Alle Streitkräfte werden darauf
hingewiesen, daß bewaffneter Widerstand gegen eine UN-Festnahme
oder das Bestreben, aus einer durch eine UN-Festnahme entstandenen
Situation einen militärischen Nutzen zu ziehen, als
Kapitalverbrechen betrachtet werden.«
    Der Blick des SecGen wirkt plötzlich verstört und
verängstigt. Als Rivera wieder spricht, ist seine Stimme sehr
leise. »Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, aber in
meinen Augen ist es eine gerechte, maßvolle und
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